03.12.2015

Quantenrechner aus gängigen Halbleitern

In Nanostrukturen lassen sich gespeicherte Informationen mit einem externem Magnetfeld sichern.

Quantenbits, kurz Qubits, sind die Grundelemente der „Quanten-Informationstechnologie“ (QIT), die möglicherweise die Zukunft der Computer darstellt. Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten, solche Qubits umzusetzen. Physiker um Alexander Bechtold und Jonathan Finley vom Walter-Schottky-Institut der Technischen Universität München und des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative Munich (NIM) haben nun ein aus einem einzelnen Elektron bestehendes System vorgestellt, welches in einer Halbleiter-Nanostruktur gefangen ist. Informationsträger ist hierbei der Elektronenspin. Die Forscher konnten einerseits verschiedene Verlustmechanismen der Information bei diesem Qubit erstmals exakt nachweisen und andererseits zeigen, dass sich die gespeicherte Information mit Hilfe eines starken, äußeren Magnetfelds dennoch erhalten lässt.

Abb.: Abb.: Elektron im Quanten-Punkt, beeinflusst von Kernspins der Umgebung. (Bild: F. Flassig / TUM)

Die Forscher bedampften für ihre Nanostruktur ein Substrat aus Gallium-Arsenid mit Indium-Gallium-Arsenid. Aufgrund der unterschiedlichen Gitterabstände beider Halbleitermaterialien entsteht am Übergang eine Verspannung im Kristallgitter. Das System bildet daher in regelmäßigen Abständen wenige Nanometer große „Hügel“, sogenannte Quanten-Dots.

Kühlt man diese Quantenpunkte auf die Temperatur flüssigen Heliums und regt sie optisch an, ist es möglich, ein einzelnes Elektron gezielt darin gefangen zu halten. Die Spin-Zustände des Elektrons lassen sich dabei als Informationsspeicher nutzen. Laserpulse können sie optisch von außen lesen und verändern. Daher stellt das System einen idealen Grundbaustein zum Aufbau künftiger Quantencomputer dar.

Allerdings gibt es ein Problem: „Wir haben herausgefunden, dass die Verspannungen im Halbleitermaterial zu einem neuen bis vor kurzem noch unbekannten Verlustmechanismus führen“, sagt Alexander Bechtold. Erstautor der Arbeit. Die Verspannungen erzeugten nämlich winzige elektrische Felder im Halbleiter, die sich auf den Spin der Atomkerne auswirken. „Das ist eine Art piezoelektrischer Effekt. Es kommt dabei zu unkontrollierten Fluktuationen der Kernspins.“ Diese könnten wiederum den Spin des Elektrons, also die gespeicherte Information, verändern. Innerhalb von hundert Nanosekunden würde sie verloren gehen.

Darüber hinaus konnte das Team noch weitere Verlustmechanismen nachweisen, etwa dass generell jeder Elektronenspin von den Spins der ihn umgebenden 100.000 Atomkerne beeinflusst wird. „Beide Verlustkanäle lassen sich jedoch abschalten, wenn wir ein etwa 1,5 Tesla starkes Magnetfeld anlegen“, sagt Bechtold. „Das entspricht der Magnetfeldstärke eines starken Permanentmagneten. Damit stabilisieren wir die Kernspins, und die Informationen bleiben gespeichert.“

„Das System ist insgesamt äußerst vielversprechend“, so Jonathan Finley, Leiter der Forschungsgruppe. „Die Halbleiter-Quanten-Dots haben den Vorteil, ideal mit bestehender Computertechnologie zu harmonieren, da sie aus ähnlichen Halbleiter-Materialien bestehen.“ Sie ließen sich sogar mit elektrischen Kontakten versehen und so nicht nur optisch mit dem Laser, sondern zusätzlich mit Hilfe etwa von Spannungspulsen ansteuern.

Die Arbeiten wurden gefördert mit Mitteln der Europäischen Gemeinschaft (S3 Nano und BaCaTeC), des US Department of Energy, des US Army Research Office (ARO), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Exzellenzcluster Nanosystems Initiative Munich (NIM) und SFB 631), der Alexander von Humboldt Stiftung und des TUM Institute for Advanced Study (Focus Group Nanophotonics and Quantum Optics).

TUM / PH

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