Quantenregister aus sieben Kalziumatomen
Erstmals Quantenbit in verschränkten Zuständen mehrerer Teilchen kodiert und einfache Rechnungen durchgeführt.
Auch Computer sind fehleranfällig. Schon kleine Störungen können gespeicherte Informationen verändern und das Rechenergebnis verfälschen. Deshalb nutzen Computer spezielle Verfahren, mit denen sie Fehler entdecken und korrigieren können. Auch ein zukünftiger Quantencomputer benötigt eine Fehlerkorrektur: „Quantenphysikalische Phänomene sind sehr fragil und störungsanfällig, Fehler können sich rasch ausbreiten und einen Rechner aus dem Tritt bringen“, sagt Thomas Monz aus der Forschungsgruppe von Rainer Blatt vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. Gemeinsam mit Markus Müller und Miguel Ángel Martín-Delgado vom Institut für Theoretische Physik der Complutense-Universität in Madrid haben die Innsbrucker Physiker ein neues Fehlerkorrektur-Verfahren entwickelt und im Labor erprobt.
Abb.: Das Modell aus sieben Atomen zur Speicherung eines logischen Quantenbits kann als Grundbaustein für sehr viel größere Quantensysteme dienen. Je größer das Gitter ist, umso robuster wird es. (Bild: IQOQI, H. Ritsch)
„Ein Quantenbit ist nicht nur sehr komplex und kann nicht einfach kopiert werden, sondern darüber hinaus sind Fehler in der Quantenwelt vielfältiger und schwieriger zu bekämpfen als in heutigen Computern,“ betont Monz. „Um allgemeine Fehler in einem Quantencomputer erkennen und korrigieren zu können, bedarf es sehr ausgefeilter Quanten-Fehlerkorrekturcodes." Der im aktuellen Experiment verwendete topologische Code wurde von der Gruppe um Martín-Delgado in Madrid vorgeschlagen und ordnet die Teilchen auf einem zweidimensionalen Gitter an, wo sie mit ihren jeweiligen Nachbarn wechselwirken können.
Im Labor an der Universität Innsbruck nutzen die Physiker eine Ionenfalle, in der sieben Kalziumatome gefangen, mit Hilfe von Lasern nahe an den absoluten Nullpunkt abgekühlt und präzise kontrolliert werden können. Die Forscher speichern die fragilen Quantenzustände des logischen Quantenbits in den verschränkten Zuständen dieser Teilchen, wobei der Quanten-Fehlerkorrekturcode das Programm hierfür liefert. „Das logische Quantenbit in diese sieben physikalischen Quantenbits zu kodieren, war eine wirkliche experimentelle Herausforderung“, betont Daniel Nigg. Die Physiker taten dies in drei Schritten, wobei mit einer komplexen Sequenz von Laserpulsen jeweils vier benachbarte Quantenbits miteinander verschränkt wurden. „Es ist hier zum ersten Mal gelungen, sieben Atome ganz gezielt für die Speicherung eines einzigen Quantenbits zu verwenden“, ist Markus Müller begeistert, der 2011 von Innsbruck an die Complutense-Universität in Madrid wechselte. „Mit den auf diese Weise verschränkten Atomen erhält man genügend Informationen für eine anschließende Fehlerkorrektur und mögliche Rechenoperationen.“
In einem weiteren Schritt überprüften die Physiker die Möglichkeit, verschiedene Arten von Fehlern zu erkennen und zu korrigieren. „Wir konnten zeigen, dass wir alle in einem solchen Quantensystem möglichen Fehler unabhängig voneinander für jedes Teilchen einzeln erkennen und korrigieren können“, erzählt Nigg. „Dazu benötigen wir nur Information über Korrelationen zwischen den Teilchen, aber keine Messungen der einzelnen Teilchen“, erklärt Niggs Kollege Esteban Martinez. Die Physiker konnten aber nicht nur einzelne Fehler zuverlässig detektieren. Es gelang ihnen erstmals auch, einzelne Rechenschritte und sogar längere Rechenoperationen auf einem so kodierten Quantenbit durchzuführen. Sobald die Hürde der aufwändigen Kodierung einmal überwunden ist, sind für einzelne Rechenschritte jeweils nur noch einfache Ein-Qubit-Operationen notwendig. „Wir können hier mit diesem Quantencode erstmals einfache Quantenrechnungen durchführen und gleichzeitig alle möglichen Fehler korrigieren“, beschreibt Thomas Monz diesen bedeutenden Durchbruch auf dem Weg zu einem verlässlichen, fehlertoleranten Quantenrechner.
Der von den spanischen und österreichischen Physikern gemeinsam entwickelte Ansatz bildet eine vielversprechende Grundlage für weitere Entwicklungen. „Das Modell aus sieben Atomen zur Speicherung eines logischen Quantenbits kann als Grundbaustein für sehr viel größere Quantensysteme dienen“, sagt Müller. „Je größer das Gitter ist, umso robuster wird es. Am Ende könnte ein Quantenrechner stehen, der beliebig lange rechnen kann, ohne dass Fehler ihn aus dem Tritt bringen.“ Das aktuelle Experiment eröffnet aber nicht nur Perspektiven für weitere technologische Entwicklungen. „Hier tun sich auch ganz neue Fragen auf, mit welchen Methoden solche großen logischen Quantenbits überhaupt charakterisiert werden können“, prognostiziert Blatt. „Auch wollen wir gemeinsam die verwendeten Quantencodes weiterentwickeln und für noch umfangreichere Rechenoperationen optimieren“, ergänzt Martín-Delgado.
U. Ibk. / OD