03.12.2025 • Quantenphysik

Quantenteleportation zwischen Photonen aus zwei entfernten Lichtquellen

Forschende der Universität Stuttgart erzielen einen entscheidenden Fortschritt bei der Entwicklung von Quantenrepeatern.

Der Alltag im Internet ist unsicher: Hacker knacken Bankkonten oder stehlen digitale Identitäten. Dank KI werden Angriffe immer ausgefeilter. Effektiven Schutz gegen solche Cybergefahren verspricht die Quantenverschlüsselung. Sie macht die Kommunikation mit Gesetzen der Quantenphysik abhörsicher. Der Weg zu einem Quanteninternet ist aber noch voller technischer Hürden. Forschende vom Institut für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen (IHFG) der Universität Stuttgart haben nun einen entscheidenden Fortschritt bei einer der technisch anspruchsvollsten Komponenten erzielt, dem Quantenrepeater.

„Weltweit ist es uns zum ersten Mal gelungen, Quanteninformationen zwischen Photonen, die aus zwei unterschiedlichen Quantenpunkten stammen, zu übertragen“, sagt Peter Michler, Leiter des IHFG und stellvertretender Sprecher des Forschungsprojekts Quantenrepeater.Net (QR.N). Worum geht es dabei? Jede digitale Nachricht – ob WhatsApp oder Videostream – besteht aus Nullen und Einsen. Das gilt auch für die Quantenkommunikation, bei der einzelne Lichtteilchen als Informationsträger dienen. Null oder Eins codiert man dann durch zwei unterschiedliche Richtungen der Polarisation der Photonen, also deren Ausrichtung in die Horizontale und Vertikale oder auch durch eine Überlagerung beider Zustände. Da Photonen den Gesetzen der Quantenmechanik folgen, lässt sich ihre Polarisation nicht immer vollständig auslesen, ohne Spuren zu hinterlassen. Ein Lauschangriff würde zwangsläufig entdeckt werden.

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Daniel Bhatti und Stefanie Barz • 4/2022 • Seite 29

Licht trifft Knoten und Kanten

Eine weitere Heraus­forderung: Ein bezahl­bares Quanten­internet würde – genau wie das heutige Internet – Glasfasern nutzen. Licht hat darin aber nur eine begrenzte Reichweite. Normale Lichtsignale werden deshalb etwa alle fünfzig Kilometer mit einem optischen Verstärker erneuert. Da Quanteninformationen nicht einfach verstärkt oder kopiert und weitergeleitet werden können, funktioniert das im Quanteninternet nicht. Die Physik allerdings erlaubt Quanten­teleportation: Informationen von einem Photon auf ein anderes zu übertragen, ohne diese Informationen zu kennen.

Darauf aufbauend entwickeln Physiker Quanten­repeater, die Quanten­informationen erneuern, bevor sie in der Glasfaser verloren gehen. Sie sollen im Quanten­internet als Knoten dienen. Die technischen Hürden sind jedoch groß: Um Quanten­informationen per Teleportation zu übertragen, müssen die Photonen ununterscheidbar sein – etwa die gleiche Ausdehnung und Farbe haben. Das ist extrem schwierig, da sie an verschiedenen Orten von unter­schiedlichen Quellen erzeugt werden. „Lichtquanten aus verschiedenen Quanten­punkten sind zuvor noch nie teleportiert worden, weil es so herausfordernd ist“, sagt Tim Strobel, Wissen­schaftler am IHFG. Sein Team hat im Rahmen von QR.N Halbleiter­lichtquellen entwickelt, die nahezu identische Photonen erzeugen. „In diesen Halbleiter­inseln entstehen bestimmte, festgelegte Energieniveaus wie in einem Atom“, erklärt Strobel. So lassen sich auf Knopfdruck einzelne Photonen mit definierten Eigenschaften erzeugen. „Unsere Partner vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoff­forschung in Dresden haben Quantenpunkte hergestellt, die sich nur minimal unterscheiden“, so Strobel. Dadurch können an zwei Orten fast gleiche Photonen erzeugt werden.

An der Universität Stuttgart gelang es dem Team, den Polarisations­zustand eines Photons aus einem Quantenpunkt auf ein anderes aus einem zweiten Quantenpunkt zu teleportieren. Dabei erzeugt der eine Quantenpunkt ein einzelnes Photon, der andere ein verschränktes Photonenpaar. „Verschränkt“ bedeutet: Die Partner bilden quanten­physikalisch eine Einheit, auch wenn sie sich räumlich trennen. Ein Partner des Paars reist zum zweiten Quantenpunkt und interferiert mit dessen Lichtteilchen. Beide überlagern sich. Aufgrund dieser Überlagerung überträgt sich die Information des einzelnen Photons auf den entfernten Partner des Paars. Entscheidend für den Erfolg waren Quanten­frequenz­konverter, die minimale verbleibende Frequenz­unterschiede zwischen den Photonen ausgleichen. Entwickelt hat sie ein Team um Christoph Becher, Professor für Quanten­optik an der Universität des Saarlandes.

„Quanteninformationen zwischen Photonen aus unterschiedlichen Quantenpunkten zu übertragen, ist ein entscheidender Schritt, um künftig größere Distanzen zu überbrücken“, sagt Peter Michler. Im Stutt­garter Experiment waren die Quantenpunkte nur durch eine etwa zehn Meter lange Glasfaser getrennt. „Aber wir arbeiten daran, deutlich größere Entfernungen zu erreichen“, erklärt Strobel. Bereits in früheren Arbeiten zeigte das Team, dass die Verschränkung der Quantenpunkt-Photonen selbst nach einer 36 Kilometer langen Übertragung durch die Stuttgarter Innenstadt erhalten bleibt. Ein weiteres Ziel ist, die derzeit gut 70-prozentige Erfolgsrate der Teleportation zu steigern. Noch führen Fluktuationen im Quantenpunkt zu leichten Unterschieden der Photonen. „Diese wollen wir durch halbleiter­technische Verbes­serungen verringern“, so Strobel. „Es war schon lange ein Traum, ein solches Experiment durchzuführen und diese Ergebnisse sind die Krönung jahrelanger Studien und wissen­schaftlicher Fortschritte“, sagt Simone Luca Portalupi, Gruppen­leiter am IHFG und einer der Koordinatoren dieser Arbeit. „Es ist spannend zu sehen, wie Experimente, die sich mit Grundlagen­forschung befassen, erste Schritte in Richtung einsetzbarer Technologien machen.“ [U Stgt / dre]

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