Rückschlag für den Klimaschutz?
Der Klimaforscher Mojib Latif wertet die Vereinbarungen des G8-Gipfels zum Klimaschutz als klaren Rückschlag.
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Kiel (dpa) - Der Klimaforscher Mojib Latif wertet die Vereinbarungen des G8-Gipfels zum Klimaschutz als klaren Rückschlag. «Ich hätte mir mehr erwartet, besonders weil die Kanzlerin angekündigt hatte, dass sie verbindliche Ziele formuliert haben möchte - und das ist einfach nicht geschehen», sagte Latif am Freitag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. «In dem Dokument steht ja nicht: "Wir machen das und das", sondern da steht: "Es wird ernsthaft erwogen, etwas zu tun". Ich lese das so: "Wir konnten uns nicht einigen, und dann sehen wir mal weiter, was passiert".» Er habe nichts Konkretes vernommen, sondern nur Allgemeinplätze, kritisierte der Kieler Meteorologe.
Nach Ansicht Latifs dürften sich besonders die USA nicht nur zum Klimaschutz bekennen. «Sie hätten auch sagen müssen: "Ja, wir als USA möchten innerhalb der nächsten zehn Jahre den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren" - nur das, ohne Zahl, aber eben "reduzieren".» Nun sei leider immer noch nicht abzusehen, wann überhaupt angefangen wird, den Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern, sagte der Klimaforscher am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel. «Es ist wichtig, dass die USA vorangehen als einzige Weltmacht und größter CO2-Emittent. Sie können nicht von den Entwicklungsländern erwarten, das Eisen jetzt aus dem Feuer zu holen.» Er hätte sich ein klares Bekenntnis gewünscht, alles dafür tun zu wollen, den CO2- Ausstoß in den nächsten Jahren zu senken, sagte Latif. «Ich bin mir sicher, dass das nach diesem Gipfel nun nicht passieren wird.»
Die Tatsache, dass die USA sich nun zum Klimaschutz bekennen, sei kein Erfolg, sondern eine Selbstverständlichkeit. Schließlich seien es vor allem auch amerikanische Wissenschaftler gewesen, die vor 20 Jahren auf Grundlage ihrer Berechnungen das Problem öffentlich gemacht hätten. «Sich so gegen die eigene Wissenschaft zu stellen wie die amerikanische Regierung das macht, das ist wirklich einmalig», sagte Latif. «Jetzt als Erfolg zu feiern, dass man seinen eigenen Leuten glaubt und dem Rest der Welt, das ist meiner Meinung nach einfach zu wenig.»
Um Zeit zu gewinnen, müssten die Energiesparpotenziale genutzt und massiv in erneuerbare Energien investiert werden, forderte Latif. «In 100 Jahren muss dieser Umbau der Weltwirtschaft abgeschlossen sein, dann darf kein CO2 mehr in die Atmosphäre. Wir können diesen langfristigen Pfad beschreiten, nur wir müssen irgendwann anfangen.» Latif verwies darauf, dass auch in Deutschland der CO2-Abbau ins Stocken geraten sei. «Auch wir haben ja letztes Jahr den Ausstoß wieder gesteigert. Wir haben zwar seit 1990, dem Kyoto-Referenzjahr, um 20 Prozent reduziert, aber in den letzten fünf, sechs Jahren ist eigentlich nicht mehr viel passiert.»
Gespräch: Wolfgang Schmidt, dpa
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Homepage von Mojib Latif:
http://www.ifm-geomar.de/index.php?id=mlatif