29.05.2015

Sanfte Kollisionen weicher Planetesimale

Computersimulationen zeigen die Entstehung von Kometenkernen.

Der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko hat offenbar eine schichtartige Struktur und scheint aus zwei Objekten zusammengesetzt – so wie auch andere Kometenkerne, die bereits früher von Raumsonden beobachtet wurden. Mit Hilfe von 3D-Computersimulationen konnte Martin Jutzi von der Uni Bern die Entstehung solcher Kometen rekonstruieren: Sie sind das Resultat sanfter Zusammenstöße.

Abb.: Zusammenstoß zwischen zwei eisigen, etwa ein Kilometer großen Objekten. Nach einer ersten Kollision trennen sich die Körper und stoßen einen Tag später wieder zusammen. (Bild: M Jutzi & E. Asphaug)

Eine auf der Simulation basierende Videosequenz zeigt, wie sich zwei eisige Objekte mit einem Durchmesser von rund einem Kilometer nähern. Die beiden Körper stoßen mit Fahrradtempo zusammen, rotieren gemeinsam und trennen sich wieder, nachdem der kleinere Körper Materialspuren auf dem größeren hinterlassen hat. Das kleinere Objekt wird durch Gravitationskraft abgebremst und kehrt seine Bewegungsrichtung um. Einen Tag nach der ersten Kollision kommt es zu einem zweiten Zusammenstoß, bei dem sich die beiden Körper zu einem Objekt vereinen, das bekannt aussieht: Die Form erinnert an 67P/Churyumov-Gerasimenko, wie er auf den Bildern der ESA-Raumsonde Rosetta zu sehen ist.

Die Simulation ist Teil einer Studie, die Jutzi zusammen mit Erik Asphaug von der Arizona State University durchgeführt hat. Mit ihren dreidimensionalen Computersimulationen können die Forscher nachvollziehen, was im frühen Sonnensystem geschah. „Kometen und ihre Vorläufer wurden in den äußeren Regionen gebildet, vermutlich Jahrmillionen vor der Planetenentstehung“, erklärt Jutzi. „Die Rekonstruktion der Entstehungsprozesse von Kometen kann entscheidende Informationen über die Anfangsphase der Planetenentstehung liefern, zum Beispiel über die ursprüngliche Größe der Planetenbausteine, der Planetesimale.“ Rund einhundert Simulationen, die je nach Kollisionsart eine bis mehrere Wochen benötigten, haben die Forscher durchgeführt.

67P/Churyumov-Gerasimenko ist nicht der einzige Komet, der möglicherweise schichtartige Strukturen aufweist und aus zwei Objekten besteht. Als die Sonde Deep Impact 2005 auf 9P/Tempel 1 prallte, konnten ähnliche Schichten nachgewiesen werden – Merkmale, die vermutlich auch auf zwei anderen Kometen zu sehen sind, die von Sonden besucht wurden. Die Hälfte der bisher von Raumsonden beobachteten Kometenkerne sind offenbar aus zwei Objekten zusammengesetzt, darunter auch die Kometen 103P/Hartley 2 und 19P/Borelly. „Wie und wann diese Merkmale geformt wurden, ist umstritten. Dabei hat das wichtige Auswirkungen auf die Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems“, sagt Jutzi.

Für ihre Studie verwendeten die Forscher 3D-Kollisionsmodelle mit den Form- und Oberflächen-daten als Randbedingungen, um den Aufbauprozess und dessen Auswirkungen auf die innere Struktur zu verstehen. Tatsächlich können die wichtigsten Merkmale der beobachteten Kometenkerne mit Hilfe der dreidimensionalen Computersimulation erklärt werden, indem weiche Planetesimale paarweise mit geringer Geschwindigkeit aufeinandertreffen. Das Modell ist auch im Einklang mit der geringen Dichte der Kometen, denn die Kollisionen komprimieren das Material nur wenig.

„Diese langsamen Kollisionen geschahen vermutlich in der ruhigen Anfangsphase der Planetenentstehung vor rund 4,5 Milliarden Jahren, bevor große Körper das System zu zerstörerischen Geschwindigkeiten anregten“, erklärt Jutzi. „Das spricht für die Idee, dass die Kometenkerne ursprüngliche Reste einer frühen Anhäufung kleiner Körper sind.“ Der gleiche Prozess könnte aber auch zwischen Trümmerteilen stattgefunden haben, die von viel größeren Objekten abgespaltet wurden. Zusammen mit künftigen Weltraummissionen, die mit Radar innere Strukturen direkt abbilden, sind die Computersimulationen ein wichtiger Schritt, um aufzuklären, wie Kometenkerne entstanden sind.

UB / RK

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