Sauerstoff-Heterostrukturen für bessere Solarzellen
Aus der erst kürzlich entdeckten Materialklasse lässt sich eine neue Form von Solarzellen herstellen.
Atomschicht für Atomschicht stellt man sie her, um ganz bestimmte Materialeigenschaften zu erzielen: Geschichtete Sauerstoff-Heterostrukturen sind eine neue Klasse von Materialien, die seit einigen Jahren großes Aufsehen in der Materialwissenschaft erregt. Ein Forschungsteam an der TU Wien konnte nun gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Deutschland zeigen, dass sich daraus eine ganz neue, effizientere Klasse von ultradünnen Solarzellen bauen lässt.
Abb.: Sonnenlicht wird in der geschichteten Struktur in elektrischen Strom umgewandelt. (Bild: TU Wien)
„Einzelne Atomlagen aus unterschiedlichen Sauerstoff-Verbindungen werden übereinandergeschichtet. Dabei entsteht ein Material, das ganz andere elektrische Eigenschaften haben kann, als die einzelnen Sauerstoff-Verbindungen alleine hätten“ erklärt Karsten Held vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien. Um Materialvarianten mit präzise maßgeschneiderten Eigenschaften herstellen zu können, werden diese Strukturen in Computersimulationen untersucht. Dabei erkannte man an der TU Wien nun, welches Potenzial diese Strukturen für die Herstellung von Solarzellen haben.
„Wenn in einer Solarzelle Elektron und Loch nicht als Strom abtransportiert werden, sondern sich wieder vereinen, dann ist alles wieder wie vorher – die Energie kann nicht genutzt werden“, erklärt Elias Assmann, der einen großen Teil der aufwändigen Computersimulationen an der TU Wien durchführte. „Der entscheidende Vorteil des neuen Materials ist: Hier herrscht auf mikroskopischen Größenordnungen ein starkes elektrisches Feld, das Elektronen und Löcher in entgegengesetzte Richtungen voneinander forttreibt.“ Das steigere die Effizienz der Solarzelle.
Eigentlich handelt es sich bei den Sauerstoff-Verbindungen, aus denen die neuen Materialien bestehen, um Isolatoren. Wenn man Schichten zweier geeigneter Isolatoren aufeinander packt, entwickelt das Material an den Grenzflächen oben und unten metallische Eigenschaften und leitet elektrischen Strom. „Das ist für uns von großer Bedeutung: Dadurch kann man oben und unten die elektrischen Ladungsträger sehr einfach ableiten und Strom fließen lassen“, sagt Karsten Held. Bei herkömmlichen Solarzellen aus Silizium muss man leitende Drähte aus Metall anbringen, um den Strom abzuführen – dadurch versperrt man aber einem Teil des Sonnenlichts den Weg ins Innere der Solarzelle.
Nicht alle Photonen werden von einer Solarzelle gleich effizient in elektrischen Strom umgewandelt. Für unterschiedliche Lichtfarben sind jeweils unterschiedliche Materialien besonders gut geeignet. „Bei den Oxid-Heterostrukturen kann man passende Eigenschaften erzielen, indem man geeignete chemische Elemente auswählt“, erklärt Peter Blaha vom Institut für Materialchemie. In den Simulationsrechnungen analysierte das Team Oxid-Schichten mit Lanthan und Vanadium, weil die dadurch aufgebauten Materialien besonders gut zur Strahlung der Sonne passen. „Es ist sogar möglich, verschiedene Schichttypen zu kombinieren, sodass unterschiedliche Lichtfarben optimal in unterschiedlichen Materialschichten in Strom verwandelt werden können“, sagt Elias Assmann.
Unterstützt wurde das Team der TU Wien bei den Forschungen von Satoshi Okamoto vom Oak Ridge National Laboratory in Tennessee (USA) und von Giorgio Sangiovanni, einem ehemaligen Mitarbeiter der TU Wien, der nun an der Universität Würzburg forscht. In Würzburg sollen die neuen Solarzellen nun auch gebaut und getestet werden. „Die Produktion der Solarzellen aus Oxid-Schichten ist aufwändiger als bei herkömmlichen Solarzellen aus Silizium. Doch zumindest dort, wo besonders hohe Energie-Effizienz oder minimale Dicke gefragt ist, sollten die neuen Strukturen die bisherigen Silizium-Zellen ersetzen können“, so Karsten Held.
TU Wien / PH