Schalten mit Diamant
Neuer Baustoff liefert hohe Qualität für optische Schaltkreise.
Der Einsatz von Licht zur Informationsverarbeitung öffnet viele Möglichkeiten. Um die Photonen des Lichts jedoch gezielt in Schaltkreisen und Sensoren einzusetzen, sind Materialien nötig, die die richtigen optischen und mechanischen Eigenschaften mitbringen. Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun erstmals polykristallinen Diamant für einen optischen Schaltkreis eingesetzt.
Abb.: Zwei parallele freistehende Wellenleiter aus polykristallinem Diamant dienen als mechanische Resonatoren. In ihnen breiten sich optische Felder aus (rot/blau; Bild: KIT, Pernice et al.)
„Diamant hat mehrere Eigenschaften, die es uns ermöglichen, alle Komponenten eines einsatzbereiten optomechanischen Schaltkreises sozusagen aus einem Guss zu realisieren“, sagt Wolfram Pernice Gruppenleiter am KIT. „Die so hergestellten Elemente – die Resonatoren, Schaltkreise und der Wafer – überzeugen durch ihre hohe Qualität.“
Bislang wurden optische Schaltkreise nur mit einkristallinen Diamantsubstraten realisiert. Das sind hochreine Kristalle, bei denen unter einer Milliarde Diamant-Atome höchstens ein Fremdatom vorkommt. Ihre Herstellung ist auf kleine Größen begrenzt und erfordert ein anspruchsvolles Verfahren, um sie auf Isolatoren aufzubringen.
Die Forschungsgruppe von Pernice nutzte für die Realisierung ihrer optomechanischen Schaltkreise auf einem Wafer erstmals polykristallinen Diamant. Dieser weist zwar unregelmäßigere Kristallstrukturen auf, verhält sich aber insgesamt robuster und lässt sich entsprechend einfacher auf Isolatoren aufbringen. Dadurch ist er großflächiger zu verarbeiten als einkristalline Diamanten und leitet die Photonen nahezu genauso effizient weiter. Diese Eigenschaften machen ihn interessant für den industriellen Einsatz. Das neue Material hat die Realisierung eines optomechanischen Bauteiles aus einem Guss erst ermöglicht.
Die Optomechanik verbindet die integrierte Optik mit mechanischen Elementen - im Fall des optomechanischen Schaltkreises der Gruppe Pernice mit nanomechanischen Resonatoren. Diese schwingfähigen Systeme reagieren auf eine bestimmte Frequenz. Tritt diese Frequenz auf, schwingt der Resonator mit. „Nanomechanische Resonatoren gehören zu den empfindlichsten Sensoren überhaupt und werden für eine Vielzahl von Präzisionsmessungen eingesetzt. Allerdings ist es extrem schwierig, solche kleinsten Bauteile mit etablierten Messmethoden anzusprechen“, erklärt Patrik Rath vom Karlsruher Institut für Technologie. „In unserer Arbeit haben wir die Tatsache genutzt, dass heute nanophotonische Bauelemente größengleich mit nanoskaligen mechanischen Resonatoren angefertigt werden können. Reagiert der Resonator, werden entsprechende optische Signale direkt an den Schaltkreis weitergegeben.“ Diese Entwicklung ermöglichte die Kombination dieser beiden ehemals getrennten Forschungsfelder und somit die Realisierung von sehr effizienten optisch-mechanischen Schaltungen.
Der polykristalline Diamant wurde in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Angewandte Festkörperphysik und der Firma Diamond Materials in Freiburg hergestellt. Die im Rahmen des Projekts „Integrated Quantum-Photonics" am DFG-Centrum für funktionelle Nanostrukturen (CFN) in Karlsruhe hergestellten Prototypen eröffnen neue Wege für komplett optisch gesteuerte Plattformen, wie sie in der Grundlagenforschung und in der erweiterten Sensor-Anwendung vermehrt benötigt werden – vom Sensor für den Airbag bis hin zur Wasserwaage für das Smartphone.
KIT / AH