Scharfer Aufpasser

Physik Journal – Erstmals schützt ein supraleitender Strombegrenzer die Eigenversorgung in einem Kraftwerk.

In Kraftwerken versorgen Eigenbedarfsanlagen die dortigen Verbraucher mit Strom – z. B. Pumpen, Kohlemühlen, Stellmotoren oder Lüfter. Ein typischer Block eines Kohlekraftwerks bringt es auf rund 10 000, teils sehr leistungsstarke Verbraucher. Die Schaltanlagen sind so ausgelegt, dass das Kraftwerk sicher und kontinuierlich arbeitet. In den Eigenbedarfsanlagen können die Kurzschlussströme und Störlichtbogenbeanspruchungen sehr hoch sein. Herkömmliche Begrenzer, die bei unerwünscht hohen Stromstärken die Leiter aufsprengen und den Strompfad unterbrechen, eignen sich aus schutz- und betriebstechnischen Gründen nicht. Zudem benötigen sie zum Auslösen Triggersignale und eine Auswerteelektronik.

Vattenfall Europe Generation, Nexans Superconductors und die TU Cottbus haben gemeinsam einen Begrenzer aus dem Hochtemperatur-Supraleiter BSCCO (Bismut-Strontium-Calcium-Kupfer­oxid) entwickelt. Diese Keramik mit metallischen Eigenschaften wird oberhalb ihrer Sprungtemperatur innerhalb von Sekundenbruchteilen hochohmig. Daher kann sie einen Kurzschlussstrom zerstörungsfrei begrenzen und ist inhärent sicher, weil der Kurzschlussstrom die Begrenzung selbst auslöst.

Der Prototyp ist für Stromstärken bis 800 A im stationären Betrieb ausgelegt, toleriert aber auch Stromspitzen beim Zuschalten von Verbrauchern: Die transienten Ströme, also die ersten Halbwellen nach dem Einschalten eines Motors, dürfen bis zu 4100 A erreichen, die stationären Einschaltströme (bis zum Ende des Anlaufvorgangs) maximal 1800 A. Die begrenzten Kurzschlussströme liegen im Bereich von 7000 A, unbegrenzt waren es bislang für die Transformatoreinspeisung etwa 23 000 A. Die Projektbeteiligten unterziehen den Begrenzer nun in einem Kraftwerk einem einjährigen Feldtest.

Michael Vogel

Quelle: Physik Journal, März 2010, S. 19