26.06.2014

Schwarze Löcher, dicht gepackt

Gleich drei supermassereiche schwarze Löcher in ferner Galaxie entdeckt, von denen zwei sich extrem nah sind.

Astronomen haben ein System von gleich drei einander umkreisenden supermassereichen schwarzen Löchern in einer Galaxie in mehr als vier Milliarden Lichtjahren Entfernung entdeckt. Es handelt sich dabei um das bisher kleinste gefundene Trio von schwarzen Löchern und es ist allein schon dadurch bemerkenswert, dass die meisten Galaxien nur ein supermassereiches Objekt im Zentralbereich aufweisen. Üblicherweise liegen deren Massen zwischen einer Million und 10 Milliarden mal der Masse unserer Sonne. Die Entdeckung legt den Schluss nahe, dass derart dicht gepackte Systeme von schwarzen Löchern weitaus häufiger vorkommen als bisher angenommen.

Abb.: Szenario mit drei supermassereichen schwarzen Löchern, von denen sich zwei in extrem geringem Abstand voneinander umkreisen. Durch den Einfluss des nahen Begleiters wird dabei die Richtung, in die Materiejets abgestrahlt werden, verändert. (Bild: R. Deane, großes Bild / NASA Goddard, Inset)

Ein internationales Forscherteam, zu dem auch Hans-Rainer Klöckner vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie gehört, hat VLBI- (Very Long Baseline Interferometry) Beobachtungen mit Radioteleskopen bei einer Anzahl unterschiedlicher Radiofrequenzen durchgeführt, um die beiden eng benachbarten Schwarzen Löcher in diesem Tripelsystem im Detail zu untersuchen. Bei der VLBI-Beobachtungstechnik werden die Signale einer Anzahl von großen Radioteleskopen über Entfernungen von bis zu 10.000 Kilometern miteinander verknüpft. Dadurch können Details bis zu fünfzig mal feiner aufgelöst werden als mit dem Hubble-Weltraumteleskop bei optischen Wellenlängen. Bei den Beobachtungen war auch das 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg im Rahmen des Europäischen VLBI-Netzwerks (EVN) beteiligt.

Es wird angenommen, dass die Verschmelzung („Merger“) von Galaxien bei deren Entwicklung eine wichtige Rolle spielt. Dadurch sollten bei einigen Galaxien zu bestimmten Zeiten auch Mehrfachsysteme von supermassereichen schwarzen Löchern auftreten. Das hier untersuchte Objekt wurde im Rahmen der Sloan-Himmelskartierung (Sloan Digital Sky Survey, SDSS) entdeckt und trägt die Katalognummer SDSS J1502+1115. Es handelt sich dabei um einen Quasar, den Kernbereich einer aktiven Galaxie mit der Rotverschiebung 0.39, das entspricht einer Entfernung von mehr als vier Milliarden Lichtjahren. Das Dreifachsystem supermassereicher schwarzer Löcher hat ein Ausmaß von 25.000 Lichtjahren entdeckt, wobei zwei Komponenten einander in einem extrem geringen Abstand von weniger als 500 Lichtjahren umkreisen.

„Das Außergewöhnliche für mich dabei ist, dass diese beiden Schwarzen Löcher einen extremen Bereich von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie erfassen; sie umkreisen einander mit gleich 300facher Schallgeschwindigkeit", sagt Roger Deane von der Cape-Town-Universität in Südafrika. „Und nicht nur das, durch die Kombination der von Radioteleskopen auf vier Kontinenten empfangenen Signale konnten wir dieses exotische Sternsystem in einer Entfernung erkunden, die einem Drittel der kompletten Wegstrecke durch das Universum entspricht. Ich finde es aufregend, dass wir damit grad mal an der Oberfläche einer ganzen Liste zukünftiger Entdeckungen gekratzt haben, die durch das Square Kilometre Array möglich werden.“

Abb.: Weltkarte mit Radioteleskopen des europäischen EVN-Netzwerks. Beobachtungen des Quasars SDSS J1502+1115 bei 1,7 und 5 GHz Frequenz wurden mit diesem Netzwerk durchgeführt. (Bild: EVN / JIVE)

Die Untersuchung derartiger Galaxiensysteme ist in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Bei der Galaxienentwicklung spielen schwarze Löcher eine wichtige Rolle, und die Verschmelzung von schwarzen Löchern dürfte dafür den Schlüssel darstellen. Darüber hinaus stellen massereiche Systeme, die einander in so geringem Abstand umkreisen, nach der Allgemeinen Relativitätstheorie eine Quelle von Gravitationswellen dar. Die zukünftigen Radioteleskope wie das Square Kilometre Array (SKA) werden die Gravitationswellen durch das Schrumpfen der Umlaufbahnen unmittelbar vermessen können.

Im Moment weiß man noch recht wenig über Systeme von Schwarzen Löchern in so geringem Abstand voneinander und über die unmittelbar abgestrahlten Gravitationswellen. „Unsere Entdeckung lässt nicht nur vermuten, dass dermaßen dicht zusammenstehende Paare von Schwarzen Löchern viel häufiger vorkommen als ursprünglich angenommen, sondern auch, dass Radioteleskope wie MeerKAT in Südafrika oder das afrikanische VLBI-Netzwerk direkt zur Entdeckung und zum Verständnis der Signale von Gravitationswellen beitragen werden“, sagt Matt Jarvis, Professor in Oxford und an der Western-Cape-Universität.

Die VLBI-Beobachtungstechnik war ausschlaggebend für die Entdeckung der beiden inneren Schwarzen Löcher. Es handelt sich dabei um das Paar mit dem zweitkleinsten bisher bekannten Abstand zwischen supermassereichen schwarzen Löchern. Roger Deane und seine Ko-Autoren zeigen, dass ein solches Paar von schwarzen Löchern sich auch durch Beobachtungsergebnisse auf wesentlich größerer Längenskala verrät. Die Bahnbewegung des Schwarzen Lochs verrät sich in der Orientierung der Materiestrahlen oder Jets, die dann nicht mehr linear abgestrahlt werden, sondern eine deutliche Verbiegung in eine helix- oder korkenzieherförmige Gestalt aufweisen. Wenn beide Komponenten nun so dicht zusammenstehen, dass sie selbst mit den besten Teleskopen nicht mehr getrennt werden können, ermöglichen die verbogenen Jets immer noch einen Rückschluss auf das zentrale System, ähnlich wie bei einer Leuchtfackel zur Bestimmung der Position auf hoher See. Dadurch tut sich ein erfolgversprechender Weg auf, mit empfindlichen Radioteleskopen der Zukunft wie MeerKAT und vor allem dem SKA binäre Schwarze Löcher noch wesentlich effektiver aufzuspüren.

„Wir haben damit sozusagen die erste Nadel im Heuhaufen des mittelalten Universums aufgespürt, und ich hoffe, dass wir noch wesentlich mehr davon und vor allem noch dichter zusammenstehende Paare von Schwarzen Löchern finden werden“, schließt Ko-Autor Hans-Rainer Klöckner vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie. „Diese engen Binärsysteme können uns nicht nur etwas darüber verraten, wie Schwarze Löcher wachsen und wie sie die Raum-Zeit in ihrer Umgebung beeinflussen, sondern auch etwas zum Verständnis des Zusammenspiels zwischen den Jets und der Akkretionsscheibe in der unmittelbaren Umgebung der Schwarzen Löcher beitragen.“

In Zukunft ist diesbezüglich noch eine Menge mehr zu erwarten, vor allem durch das SKA, das bei weitem größte Radioteleskop, das zur Zeit in internationaler Zusammenarbeit konzipiert wird. Es bleibt zu hoffen, dass in Deutschland dieses Projekt auch in Zukunft unterstützt wird und sich Forscher und Ingenieure weiterhin beim SKA-Projekt beteiligen können.

MPIfR /DE

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