29.04.2014

Sensor misst Form und Rauheit von Wellen inline

Abstandssensor bestimmt Eigenschaften von Nocken- oder Kurbelwellen mit Sub-Mikrometer-Genauigkeit.

In allen Verbrennungsmotoren kommen Kurbelwellen, Antriebswellen und Nockenwellen zum Einsatz. Die Automobilindustrie hat höchste Ansprüche an die Fertigungsgenauigkeit und Oberflächeneigenschaften dieser Wellen. Nockenwellen steuern beispielsweise mit Mikrosekundengenauigkeit den Zeitpunkt der Ventilöffnung, die synchron zur Kolbenbewegung erfolgen muss. Bereits kleinste Fertigungsfehler können die Leistung des Motors, den Kraftstoffverbrauch und die Lebensdauer der Bauteile entscheidend beeinflussen. So können etwa Rundheitsabweichungen oder von der Vorgabe abweichende Rauheitswerte zu erhöhtem Verschleiß, unerwünschter Geräuschentwicklung und Fehlfunktionen führen. Daher werden Wellen in der Fertigungslinie einer 100-Prozent-Prüfung unterzogen, wobei die Anforderungen an die Genauigkeit der Messtechnik zehn Mal höher sind als jene an die Genauigkeit der Fertigungstechnik. Bei der Vermessung der Form- und Lageabweichungen muss die Messgenauigkeit im Mikrometerbereich, manchmal sogar im Bereich einiger hundert Nanometer liegen.

Abb.: Form und Rauheitsmessung an einer Nockenwelle mit dem Sensor „bd-1". (Bild: Fh.-ILT)

Derzeit setzen Wellen-Messmaschinen noch überwiegend taktile Abstandssensoren und Laser-Triangulationssensoren ein, die verschiedene Merkmale wie Nockenform, Nockenhub, Grundkreisradius, Rundheit, Exzentrizität, Winkellage und Geradheit der Lagerstellen messen. Die Oberflächenrauheit wird meist separat mit Perthometern erfasst. Am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen haben Experten nun den bidirektionalen optischen Sensor „bd-1" entwickelt, der sowohl die Form als auch die Rauheit von Wellen inline messen kann. Er benötigt nur einen Bruchteil des Bauraumes, der von Triangulationssensoren beansprucht wird. Bidirektional bedeutet, dass der Laserstrahl auf ein und demselben Weg hin- und zurückläuft. Dadurch entfallen Justierprobleme, Sender und Empfänger müssen nicht mehr aufeinander ausgerichtet werden. Im direkten Vergleich mit herkömmlichen Triangulationssensoren soll „bd-1" einen wesentlich geringeren Linearitätsfehler haben.

Der Sensor kann alle Arten von Oberflächen messen, auch feingeschliffene, glänzende und spiegelnde Oberflächen, deren Erfassung mit anderen optischen Sensoren problematisch ist. Auch steile Flanken oder Bohrungen mit hohem Aspektverhältnis sind mit „bd-1" laut Hersteller erfassbar. Darüber hinaus erfasst er während der Messung von Formabweichungen an drehenden Wellen zusätzlich die Oberflächenrauheit, wodurch zusätzliche Prozessschritte zur Vermessung mit Rauheitsmessgeräten entfallen.

Formabweichungen und die mikroskopische Oberflächenstruktur der Welle bei Drehzahlen von mehreren tausend Umdrehungen pro Minute erkennt das Gerät mit einer Genauigkeit im 100-nm-Bereich. Dies ermöglicht eine schnelle Datenaufnahme und -verarbeitung, wobei die Messfrequenz für einzelne Abstandsmessungen bis zu 70 kHz beträgt. Damit erreicht „bd-1" die Präzision interferometrischer Sensoren, und ist schneller als herkömmliche, absolut messende Abstandssensoren. Das Bauteil kann sowohl zur Qualitätsprüfung in der Fertigungslinie als auch zur Prozessüberwachung während der Fertigung eingesetzt werden. Damit der Sensor auch in rauen Umgebungen zuverlässig arbeitet, besitzt das Fenster für den Stahlaus- und Strahleintritt einen Durchmesser kleiner 5 mm und kann daher effizient durch einen Luftstrom vor Verschmutzungen geschützt werden.

Die Entwickler des Fraunhofer ILT haben den Abstandssensor primär für Hersteller von Wellen oder von Hochpräzisions-Zylinderkoordinaten-Messmaschinen (CCMM) für beispielsweise Nocken- oder Kurbelwellen entwickelt. Der „bd-1"-Sensor soll optimal für eine 100-Prozent-Inline-Prüfung geometrischer Merkmale entsprechend den Anforderungen der Automobilindustrie geeignet sein. In Feldversuchen hat er sich bereits bei Aufgabenstellungen wie der Dickenmessung an Walzbändern und Blasfolienanlagen sowie bei Rundheits- und Abstandsmessungen während der Fertigung von Drehteilen in Werkzeugmaschinen bewährt, verlauter vom ILT. Auf der Internationalen Fachmesse für Qualitätssicherung, Control, vom 6. bis zum 9. Mai 2014 in Stuttgart können interessierte Besucher Live-Messungen mit „bd-1" auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand 1/1502 erleben.

Fh.-ILT / PH

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

Meist gelesen

Themen