02.09.2014

Simulationen für bessere transparente Oxidschichten

Atomare Modelle helfen bei der Identifikation und Behebung von Fehlern bei Touchscreens und Solarzellen.

Ob Smartphone, Tablet oder Fahrkartenautomat – viele Geräte bedient der Nutzer heutzutage per Touchscreen. Grundlage dieser Bildschirme sind spezielle Oxidschichten: Sie sind transparent und leiten elektrischen Strom. Experten sprechen von TCO-Schichten, kurz für „transparent conducting oxides“. Auch auf Solarzellen und in beheizbaren Fenstern leisten diese TCOs gute Dienste. Um mit neuen Produkten und Anwendungen Schritt halten zu können, entwickeln die Hersteller die Schichten ständig weiter. Sie müssen elektrischen Strom gut leiten und möglichst durchsichtig sein – schließlich sollen Nutzer durch die Schicht hindurch erkennen, was der Bildschirm anzeigt. Ein zusätzlicher Schimmer durch das Oxid würde dabei stören. Auch bei Solarzellen darf die Oxidschicht das Sonnenlicht nicht abschirmen, sondern muss es ungehindert in die Zelle lassen. Für neu entwickelte Oxidschichten sind somit Transparenz und Leitfähigkeit der Dreh- und Angelpunkt. Aber auch die Herstellungstemperatur und die Verformbarkeit der Schichten spielen eine Rolle.

Abb.: Modell-Ausschnitt einer amorphen Oxidschicht, in die gezielt Wasserstoff-Atome eingebracht wurden. Wasserstoff ist unten rechts als kleinste, hellblaue Kugel zu sehen; Sauerstoff ist durch kleine, rote Kugeln repräsentiert; die anderen Kugeln sehen für Indium (grau), Zinn (blau) und Gallium (pink). (Bild: IWM)

„Wir haben eine effektive und anwendungsorientierte Methode entwickelt, um die Eigenschaften von TCO-Schichten zu simulieren“, sagt Wolfgang Körner vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik in Freiburg. Der Clou: Die Wissenschaftler simulieren die Atomstruktur der Schichten besonders realitätsnah und unter Berücksichtigung von allen möglichen atomaren Fehlern – egal ob es sich dabei um ungeordnete amorphe oder kristalline, sehr geordnete Strukturen handelt. Anhand dieser Simulationen untersuchen sie, wie gut sich die Elektronen in der Schicht bewegen können, also wie gut das Oxid elektrischen Strom leitet. „Wir können gezielt nachverfolgen, wie sich die elektronische Zustandsdichte verändert, wenn wir die atomare Struktur der Schicht ändern“, erläutert Körner. Die Forscher können außerdem feststellen, ob das Licht absorbiert wird oder ob es die Schicht ungehindert passiert und sie durchsichtig erscheinen lässt. „Wir verlagern die Trial-and-Error-Materialversuche in den Computer und können so viel schneller und kostengünstiger die Eigenschaften abschätzen, die die jeweilige Stoffzusammensetzung des betrachteten TCOs hat.“

Die Schichten lassen sich nie ganz fehlerfrei fertigen. Zwar sollten sie nur aus bestimmten Atomen bestehen, beispielsweise aus Zink, Zinn und Sauerstoff. Doch mogeln sich immer mal wieder auch andere Atome mit hinein, etwa Wasserstoffatome, und verändern so die Leitfähigkeit und die Transparenz. Doch welche Defekte im atomaren Aufbau mindern die Transparenz? Und wie kann man diese Defekte beseitigen und den Oxiden somit zu mehr Durchsichtigkeit verhelfen? Die Forscher fanden unter anderem heraus, dass es bei bestimmten Oxiden hilft, sie einmal auf hohe Temperaturen aufzuheizen oder in sauerstoffreicher Umgebung zu erwärmen.

In einem zweiten Ansatz drehen die Wissenschaftler den Spieß um: Sie fügen verschiedene Atome gezielt in die Struktur ein und simulieren, welche Auswirkungen das auf die Eigenschaften hat. Hierbei ist das Ziel, die Leitfähigkeit und die Transparenz mit den passenden Verunreinigungen zu erhöhen und so ein Material im Computer designen zu können.

FG / RK

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