Smartes Mikropartikel spürt defekte Teile in Elektrogeräten auf
Optisches Signal gibt Auskunft über seine thermische Vergangenheit.
Die steigende Komplexität von Objekten wie beispielsweise Elektrogeräten mit immer kleineren Bauteilen stellt die Realisierung einer ressourceneffizienten Herstellung und Verwendung vor eine große Herausforderung. Der Ausfall kleinster Subkomponenten kann schnell zu einem Defekt von größeren Modulen oder eines ganzen Geräts führen. Aufgrund der oft komplexen und zeitaufwändigen Fehlersuche sind Reparaturmaßnahmen teuer und meist ökonomisch nicht sinnvoll. Zudem wurden bis heute noch keine effizienten Recyclingverfahren für komplexe Geräte entwickelt. Dadurch fallen derzeit jährlich erhebliche Menge an Elektroschrott an und eine Vielzahl wertvoller und seltener Ressourcen gehen verloren. Die Arbeitsgruppe von Karl Mandel an der Uni Erlangen-Nürnberg hat jetzt ein smartes Mikropartikel entwickelt, das in der Lage ist, per Lumineszenz Auskunft über seine Identität und seine thermische Vergangenheit zu geben.
Das Team arbeitet seit langem an Suprapartikeln, die als Additive in Objekte integriert werden können und durch ihre optischen oder magnetischen Eigenschaften Informationen, wie ihre Identität oder schädliche Umwelteinflüsse, übermitteln können. Das entwickelte Suprapartikel ist zwischen einem und zehn Mikrometern groß und besteht aus einer Kombination organischer und anorganischer Nanopartikel-Bausteine.
Diese lumineszierenden Signalelemente leuchten unter Anregung mit Schwarzlicht blau, grün oder rot. Damit lassen sich ihre Signale unabhängig voneinander spektral auslesen. Alle Signalelemente lassen sich mit einfachen apparativen Methoden in Wasser synthetisieren.
Die beiden Funktionalitäten der smarten Partikel ergeben sich jedoch erst, wenn die drei leuchtenden Nanopartikel-Bausteine in einer bestimmten Struktur und einem geeigneten Mengenverhältnis zu einer größeren Einheit kombiniert werden. Dafür werden zunächst rot und grün leuchtende, anorganische Nanopartikel in definierten Mengenverhältnissen mittels Sprühtrocknung in einem Mikropartikel vereint.
Die entstehenden Partikel werden einer Temperaturbehandlung unterzogen, die ihre Leuchtsignale stabil gegenüber weiteren Temperaturschwankungen macht. Anschließend werden in einem zweiten Sprühtrocknungsprozess blau leuchtende, organische Nanopartikel auf der Oberfläche der zuvor hergestellten Mikropartikel angebracht. Die blauen Signalelemente sind sensitiv für Temperaturerhöhung und zeigen die Überschreitung einer bestimmten Grenztemperatur durch einen spezifischen, irreversiblen Abfall ihrer Signalintensität an.
Damit entstehen nach drei Prozessschritten aus drei leuchtenden Nanopartikel-Bausteinen „kommunizierende“ Suprapartikel. Aus der kombinierten Signalantwort dieser Suprapartikel lassen sich unter Anregung mit nur einer einzigen Wellenlänge zwei Funktionalitäten ablesen. Die Identität der Partikel ergibt sich aus dem Signalverhältnis der grün und rot leuchtenden Nanopartikel-Bausteine. Die maximale Temperatur, der die Partikel in ihrem Lebenszyklus ausgesetzt waren, lässt aus dem Signalverhältnis der blau und grün leuchtenden Nanopartikel ablesen.
Aufgrund ihres modularen Aufbaus nach einem Baukastenprinzip sind beide Funktionalitäten nahezu beliebig einstellbar, um unterscheidbare Identitätssignale oder Temperaturindikatoren produktspezifisch mit hoher oder niedriger Empfindlichkeit gegenüber Temperaturen herzustellen. Damit können in einem skalierbaren Verfahren maßgeschneiderte, smarte Additive hergestellt werden, um selbst kleinste Produktkomponenten durch die Integration der Suprapartikel in intelligente Objekte zu verwandeln.
FAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
J. Reichstein et al.: Communicating Particles: Identification Taggant and Temperature Recorder in One Single Supraparticle, Adv. Funct. Mat. 2021, 2104189 (2021); DOI: 10.1002/adfm.202104189 - Anorganische Chemie, Naturwissenschaftlliche Fklt., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg