Sonderheft zu Phasenwechselmaterialien ehrt den „Edison unserer Zeit”
Mehr als 400 Patente aber keinen Hochschulabschluss: Stanford Ovshinsky wird 90.
[Nachtrag: Uns erreichte die traurige Nachricht, dass Stanford Ovshinsky am 17. Oktober an den Folgen seiner Krebserkrankung verstarb. Das Sonderheft zu seinen Ehren konnte er leider nicht mehr in gedruckter Form in Händen halten. Er konnte jedoch die online-Fassung lesen und drückte Gast-Editor Alexander Kolobov die Freude darüber aus, wie viele seiner Kollegen sich an der Ausgabe beteiligten.]
Am 24. November diesen Jahres feiert Stanford R. Ovshinsky, der „Edison unserer Zeit“ (The Economist), seinen 90. Geburtstag. Physica status solidi (b) ehrt aus gegebenem Anlass den außergewöhnlichen Wissenschaftler und Erfinder mit einem Sonderheft zur Entwicklung und Anwendung von Phasenwechselmaterialien. Gast-Editor ist Alexander Kolobov, Wissenschaftler am AIST in Tsukuba.
Abb.: Ovshinsky, hier in jungen Jahren, experimentiert in seinem Labor mit Wasserstoff und Brennstoffzellen. (Bild: Archiv H. Fritzsche)
In seiner Widmung zeigt Hellmut Fritzsche, der Ovshinsky selbst seit 1963 kennt, wie viele moderne Gebiete auf seine unerschöpfliche Kreativität zurückzuführen sind. Getrieben von humanistischen Idealen erarbeitete sich Ovshinsky einen immensen Wissensschatz und bewies erstaunlichen Weitblick wenn er über die Lösung gesellschaftlicher Probleme nachdachte: Seine Visionen befassten sich mit „Displays die, dünn wie Bilder, an der Wand hängen“ und er glaubte daran dass der Prozess zur Abscheidung von Solarzellen auf dünnen Substraten in der Zukunft so einfach sei „wie das Drucken von Zeitungen“.
Abb.: physica status solidi (b) 249 (10), Special Issue: Phase-change memory: Science and application (Bild: Wiley-VCH)
Trotz seines Erfolgs ist Ovshinsky „großzügig und genießt es, Menschen glücklich zu machen“, berichtet Eugenia Mytilineou, die als Gast in seiner Gruppe arbeitete. In einem Artikel fasst Konstantin Tsendin die Forschung zu Umkehr- und Memory-Effekten in Chalkogeniden zusammen, die am Ioffe Institut durchgeführt wurde hauptsächlich nachdem Ovshinsky das Feld der amorphen Halbleiter begründete. Außerdem ist Ovshinsky auch namensgebend für eine Auszeichnung für „Exzellenz auf dem Gebiet der amorphen Chalkogenide“: Mihai Popescu fasst die Geschichte des „Stanford R. Ovshinsky Preises” zusammen, der seit 2001 bereits an insgesamt 14 Wissenschaftler verliehen wurde.
Besonders interessante Aspekte werden in Feature-Artikeln hervorgehoben: Noboru Yamada (Panasonic Corp. und AIST, Japan) diskutiert welche Kriterien ein gutes Phasenwechselmaterial ausmachen. Er betont wie wichtig es für industrielle Anwendungen wie etwa Blu-ray Discs ist, die Eigenschaften von GeSbTe-Legierungen präzise einstellen zu können. Ein Beitrag von Matthias Wuttig (RWTH Aachen) führt den optischen Kontrast von Phasenwechselmaterialien auf delokalisierte Elektronen in Resonanz-Bindungen zurück. Dieses Wissen kann zur Vorhersage neuer hervorragender Kandidaten für Phasenwechselmaterialien genutzt werden. Robert Jones (FZ Jülich) berichtet über Grenzen und Möglichkeiten parameterfreier Molekular-Dynamik-Simulationen des Kristallisierungsprozesses. Weitere Artikel befassen sich mit fundamentalen Fragen wie der p-Dotierung oder der Verbindung zu topologisch isolierenden Phasen, aber auch Wachstum und Eigenschaften von Bauelementen werden behandelt.
Heute blicken wir auf eine Vielzahl von Anwendungen wie Dünnschicht-Elektronik in flexiblen Solarzellen, Nickel-Metallhydrid-Batterien in Fahrzeugen mit Hybrid- oder Elektroantrieb, sowie wasserstoffspeichernde Legierungen. Dies sind alles Beispiele für die Breite von Ovshinkys Innovationen, die in insgesamt mehr als 400 Patenten resultierten.
pss, AS / OD