11.05.2010

Sonnenlicht mit Kühlfaktor

In Tunesien und Marokko nutzen Fraunhofer-Forscher Solarenergie, um leicht verderbliche Lebensmittel frisch zu halten.

In Tunesien und Marokko nutzen Fraunhofer-Forscher Solarenergie, um leicht verderbliche Lebensmittel wie Milch, Wein oder Früchte frisch zu halten.

"Mit Sonnenlicht gekühlt" – dieses Ökolabel könnte künftig auf Lebensmittelpackungen gedruckt sein: Zur Gebäudeklimatisierung wird Solarenergie bereits heute genutzt, doch jetzt wollen Forscher auch Früchte und andere leicht verderbliche Lebensmittel damit frisch halten. Dass dies im Mittelmeerraum realisierbar ist, demonstrieren Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg am Beispiel einer Winzerei in Tunesien und einer Molkerei in Marokko. Im Projekt MEDISCO, kurz für MEDiterranean food and agro Industry applications of Solar COoling technologies, wurden in Kooperation mit Universitäten, Energieagenturen und europäischen Unternehmen Solaranlagen zum Kühlen von Milch und Wein installiert. Geleitet wird das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt vom Politecnico di Milano in Mailand.

Abb.: Vorne steht der Sonnenkollektor, der die Absorptionskältemaschine antreibt. Über einen Kältespeicher wird der Wein in den Gärbehältern (im Hintergrund) gekühlt. (Bild: Fraunhofer ISE)

"In Ländern mit vielen Sonnentagen und in entlegenen Gebieten, wo es aufgrund von Wassermangel und fehlenden oder unzuverlässigen Energiequellen keine konventionellen Kühlungsmöglichkeiten gibt, bietet sich unsere Methode an. Sie ist umweltfreundlich, außerdem wird der teure Strom für konventionell betriebene Kühlgeräte auf ein Minimum reduziert," nennt Tomas Núñez, Wissenschaftler am ISE, die Vorzüge. "Die Kälte steht immer dann zur Verfügung, wenn die Sonne scheint, es wird also vor allem zu Zeiten des größten Bedarfs produziert."

Die Wissenschaftler haben konzentrierende Kollektoren aufgebaut, die das Sonnenlicht mit einem Spiegel auf einen Absorber richten. Nur so lässt sich die Solarstrahlung in 200 Grad heißes Wasser umwandeln. "Diese extreme Wassertemperatur ist erforderlich, um die Absorptionskältemaschine bei den dort herrschenden hohen Außentemperaturen anzutreiben. Anders als beim Kühlschrank nutzen wir also keinen Strom, um Kälte zu erzeugen, sondern Wärme. Das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche: Kälte in Form von Kaltwasser oder – in unserem Fall – ein Wasserglykolgemisch," erläutert Núñez. Da die Absorptionskältemaschine Temperaturen von Null Grad erzeugt, wollen die Experten mit dem Gemisch ein Einfrieren des Wassers verhindern. Die Wasserglykollösung wird dann in Kältespeichern "gelagert" und anschließend durch einen Wärmetauscher gepumpt, der die angelieferte Milch kühlt. "Etwas anders verhält es sich beim Kühlen von Wein: Hier fließt das Kältemittel durch Rohrschlangen, die in den Weintanks angebracht sind," sagt Núñez.

"Bei MEDISCO handelt es sich um ein Demonstrationsprojekt. Die Technik ist derzeit noch nicht marktreif," sagt der Forscher. "Ich sehe aber durchaus Chancen, die solare Kühlung künftig in Agrarbetrieben oder auch in der Chemie- und Kosmetikindustrie einzusetzen."

Fraunhofer Gesellschaft

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