03.07.2006

Sortieren im Millisekundentakt

Physik Journal - Mit Hilfe eines modifizierten Rasterkraftmikroskops lassen sich Moleküle innerhalb von Millisekunden elektrophoretisch sortieren.




Physik Journal - Mit Hilfe eines modifizierten Rasterkraftmikroskops lassen sich Moleküle innerhalb von Millisekunden elektrophoretisch sortieren.

Am amerikanischen Almaden Research Center der IBM in San Jose ist es Wissenschaftlern gelungen, mit Hilfe eines modifizierten Rasterkraftmikroskops (AFM) Moleküle innerhalb von Millisekunden elektrophoretisch zu sortieren. Die Elektrophorese nutzt die unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeit von Teilchen durch ein Medium aus, an das ein elektrisches Feld angelegt ist. Aufgrund ihrer elektrischen Ladung und Größe weisen die Teilchen verschiedene elektrophoretische Mobilitäten auf.

Abb.: Mit Hilfe eines modifizierten Rasterkraftmikroskops „zeichneten“ Wissenschaftler dieses IBM-Logo aus DNA-Fragmenten. Die Linien sind zwischen 59 und 79 nm breit.

Die Arbeitsgruppe um H. Kumar Wickramasinghe nutzte für ihre Experimente die unterschiedlichen elektrophoretischen Oberflächenmobilitäten aus, die Moleküle in einem dünnen Wasserfilm zeigen, der sich über einer modifizierten AFM-Spitze bildet. Die AFM-Spitze hatten die Wissenschaftler dazu mit einer 1 bis 1,6 nm dicken Schicht aus Polyethylen-Glykolsilan versehen. Das Silan sorgt für die erforderliche hydrophile Oberfläche. Dann legten die IBM-Forscher zwischen die metallisch beschichtete Oberfläche des Spitzenträgers und einem leitenden Trägermaterial unter der Spitze ein Feld von 106 V/m an.

Mit diesem Feld lassen sich Moleküle von der Basis der Sondenspitze entlang der elf Mikrometer langen AFM-Spitze zum darunter liegenden Substrat bewegen. Zunächst legten die Wissenschaftler eine Spannung an, so dass die Moleküle aus einer wässrigen Lösung zur Basis der AFM-Spitze wanderten. Dann kehrten Wickramasinghe und seine Kollegen die Spannungspolarität um: Die Moleküle – es handelte sich um einsträngige DNA-Fragmente mit fünf beziehungsweise 16 Basenpaaren – wanderten daraufhin entlang der Spitze wieder nach unten, wobei ihre Geschwindigkeit von der Zahl der Basenpaare abhing. Das 16 Basenpaare lange DNA-Fragment benötigte hierfür 5 ms, während es in einem konventionellen 8,5 cm langen Mikroflüssigkanal 170 s benötigen würde. Auch die zeitliche „Verschmierung“ der wandernden Moleküle im elektrophoretischen Medium (die Peakbreite) verringerte sich deutlich auf 1 ms gegenüber 5 s.

Aus diesen beiden Effekten ergibt sich eine um vier bis fünf Größenordnungen schnellere Sortierung mit dem Rasterkraftmikroskop gegenüber konventionellen Verfahren der Elektrophorese. Den IBM-Wissenschaftlern gelang es auch, neutrale Moleküle (Streptavidin) mit Hilfe des Rasterkraftmikroskops zu sortieren. Möglich macht dies der Wasserfilm um die AFM-Spitze, der eine elektro-osmotische Strömung ermöglicht.

Das Verfahren könnte künftig in Medizin und Biologie die DNA-Sequenzierung drastisch beschleunigen und die notwendigen Probenmengen verringern. In den beschriebenen Versuchen verwendeten die Wissenschaftler weniger als 0,1 Zeptomol (10 –22 Mol).

Auch die Manipulation von Molekülen ist mit dem demonstrierten Verfahren vorstellbar: Wickramasinghe und seine Kollegen zeigten, dass sich mit einer pulsierenden Spannung und der gleichzeitigen Bewegung der AFM-Spitze Moleküle an bestimmten Stellen des Trägermaterials absetzen lassen: Mit 59 bis 79 nm breiten Linien aus DNA-Fragmenten mit fünf Basenpaaren „zeichneten“ sie so das IBM-Logo.

Michael Vogel

Quelle: Physik Journal, Juli 2006, S. 17

Weitere Infos:

  • Originalveröffentlichung:
    Unal et al., Ultrafast molecule sorting and delivery by atomic force microscopy, Appl. Phys. Lett. 88, 183105 (2006).
    http://dx.doi.org/10.1063/1.2195777

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