24.03.2014

Teilchenstau in der Abzweigung

Neues Modell beschreibt die Ansammlung unterschiedlichster Partikel in T-förmigen Abzweigungen anhand weniger Parameter.

Von Blutgefäßen bis zu industriellen Großanlagen: T-förmige Abzweigungen spielen als universelle geometrische Einheit in der Natur und technischen Anwendungen eine wichtige Rolle und sind beispielsweise in unseren Blutgefäßen zu finden. Stefan Radl vom Institut für Prozess- und Partikeltechnik der TU Graz hat gemeinsam mit der „Strömungsmechanik-Koryphäe“ Howard Stone von der University of Princeton und Daniele Vigolo von der ETH Zürich erstmals beobachtet, dass Partikel unter bestimmten Voraussetzungen in den T-Abzweigungen „gefangen“ werden und sich ansammeln. „Wie so oft in der Forschung war die Beobachtung ein Zufall – wir hatten eigentlich einen anderen Aspekt der Partikelströmung im Fokus“, erklärt Stefan Radl. Die drei Forscher haben daraufhin in Simulationen und praktischen Experimenten untersucht, wann und warum die Partikel an der T-förmigen Weggabelung hängen bleiben. „Drei Faktoren spielen eine Rolle: die Strömungsgeschwindigkeit, die Partikeldichte und die Partikelgröße. Für alle drei Parameter konnten wir Grenzwerte theoretisch ableiten, und mit experimentellen Daten hinterlegen“, so Radl.

Abb.: Vorhergesagte Partikel-Trajektorien (Bild: D. Vigolo et al. / NAS)

Das beobachtete Phänomen gilt als grundlegender Puzzlestein in der klassischen Strömungsmechanik. Mit den drei beschriebenen Parametern, die für das Durchkommen oder Hängenbleiben von Partikeln in T-Abzweigungen ausschlaggebend sind, könnten sich Partikelansammlungen künftig gezielt vermeiden lassen. Praktisches Beispiel aus der Medizin: die Gasembolie. „Kommt ein Taucher zu schnell an die Wasseroberfläche, können sich Gasbläschen an den Abzweigungen im Blutgefäß ansammeln, es verstopfen und so zum Tod führen. Auch Gasbläschen verhalten sich wie Partikel, und mit unseren Beobachtungen lässt sich die Entstehung des Gasembolismus und die Vermeidung desselben nun besser erklären“, erläutert Stefan Radl.

Aber nicht nur das: „In anderen Fällen kann es wünschenswert sein, bestimmte Partikel gezielt aufzuhalten und aus einer Flüssigkeit herauszutrennen, beispielsweise in der Papierindustrie“, führt Radl weiter aus. Im Rahmen des FFG-Projekts „FLIPPR - Future Lignin and Pulp Processing Research” untersuchen Forscher vom Institut für Papier-, Zellstoff- und Fasertechnik und vom Institut für Prozess- und Partikeltechnik der TU Graz, gemeinsam mit Kollegen der Uni Graz und der Universität für Bodenkultur Wien, die Möglichkeiten der gezielten Partikelseparierung. Auch namhafte Partner aus der Papierindustrie unterstützen FLIPPR, und hoffen auf eine baldige Umsetzung der Forschungsergebnisse von Stefan Radl.

Bislang haben die Forscher die Experimente zur Partikelströmung in T-Abzweigungen in kleinem Maßstab durchgeführt, wo die Erdanziehungskraft noch keine Rolle spielt. „Nun gilt es, die Untersuchungen auf den nächsten Level zu heben und im größeren Maßstab zu wiederholen. In Zukunft wollen wir untersuchen, ob weitere Parameter das Strömungsverhalten der Partikel in Industrieanlagen beeinflussen“, gibt Stefan Radl einen Ausblick.

TU Graz / DE

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