TET-1 testet keramische Schaltkreise im Orbit
Experiment der TU Ilmenau hat nach erfolgreicher Startphase des Satelliten begonnen.
Die Technische Universität Ilmenau erprobt seit heute neuartige keramische Mikrowellenschaltkreise für die Satellitenkommunikation unter Weltraumbedingungen. Das Experiment betrifft eine von elf Technologiekomponenten an Bord des deutschen Satelliten TET-1, den eine russische Sojus-Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur am 22. Juli auf eine Erdumlaufbahn gebracht hatte.
Abb.: Start der Sojus-Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur am 22. Juli. An Bord befindet sich unter anderem der deutsche Satellit TET1, mit dem neuartige Weltraumtechnologien erprobt werden. (Bild: TU Ilmenau)
Ziel der TET1-Mission ist es, künftige Satellitentechnologien ein Jahr lang unter realen Weltraumbedingungen zu testen. Dazu zählen Kommunikations- und Satelliten-Antriebssysteme, Navigationsgeräte, Solarzellen, Computer-Baugruppen und eine Kamera, mit der Waldbrände detektiert werden können. Die Mission ist Teil des Programms „On-Orbit-Verification“ (OOV) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR, bei dem die Weltraumtechnologien direkt im All erprobt werden, da dort gänzlich andere Bedingungen als auf der Erde herrschen. Große Temperaturunterschiede, Schwerelosigkeit und Weltraumstrahlung verlangen besonders robuste und zuverlässige Baugruppen und Komponenten, die zuvor umfangreiche Qualifizierungstests beanstandungslos durchlaufen haben müssen. Ohne derart ausgelegte und geprüfte Technologien würden Raumfahrtsysteme wie die internationale Raumstation ISS, Satellitennavigation (GPS, Galileo oder andere), Satellitenfernsehen oder Satellitenkommunikation für Sicherheitsbehörden nicht zuverlässig funktionieren.
Ein wesentlicher Bestandteil für künftige Satellitentechnologien sind die an der TU Ilmenau entwickelten Mikrowellenschaltkreise. Im Vergleich zu herkömmlichen Schaltkreisen aus voluminösen Baugruppen arbeiten die Ilmenauer Wissenschaftler an leichteren, kleineren und preisgünstigeren Satellitenanwendungen, die künftig Multimedia-Übertragung und Datenverarbeitung an Bord so genannter „intelligenter“ Satelliten ermöglichen. So können beispielsweise bei gleich bleibender Satellitengröße komplexere Antennen oder mehr Transponder integriert werden, um eine bessere Übertragungsqualität und eine höhere Übertragungskapazität zu erreichen.
Die neue Technologie wird am Institut für Mikro- und Nanotechnologien der TU Ilmenau im Rahmen des Forschungsprojekts „Keramische Mikrowellenschaltkreise für die Satellitenkommunikation“, kurz: KERAMIS, erforscht. „Der Mitflug der KERAMIS-Schaltungen auf dem TET-1 Satelliten ist ideal, um den Technologiereifegrad im Satelliten unter realen Bedingungen zu testen und zu verifizieren“, so der Ilmenauer Projektleiter, Matthias Hein. „Wir sind schon sehr gespannt auf die Messergebnisse.“
Abb.: Kleiner als ein Kühlschrank – dennoch sind auf TET-1 elf verschiedene Nutzlasten untergebracht, die ein Jahr lang den Weltraumbedingungen in etwa 550 Kilometer Höhe ausgesetzt sind. (Bild: DLR / Astro- und Feinwerktechnik Adlershof)
Die notwendigen Daten empfangen die Forscher während der Erdumrundungen des Satelliten über Funkkontakt über das Netz der DLR-Bodenstationen in Neustrelitz und Oberpfaffenhofen und werten sie anschließend aus. Die wissenschaftlichen Arbeiten werden vom Raumfahrtmanagement des DLR in Bonn mit rund 400.000 Euro gefördert. Weitere Projektpartner des OOV-Projektes sind die IMST GmbH in Kamp Lintfort, ein Ingenieurbüro im Bereich Funk und Antennen, die TU Hamburg-Harburg und als Unterauftragnehmer die Kayser-Threde GmbH in München, ein Unternehmen, das Hochtechnologie für die Raumfahrt entwickelt.
Nach Ablauf der einjährigen Flugphase wird TET-1 langsam wieder in die Erdatmosphäre eintreten und verglühen. Die Mission für die Ilmenauer Forscher ist damit jedoch noch längst nicht beendet, denn das Konsortium arbeitet bereits an der Entwicklung von zwei Geräten für einen modernen und vielseitigen Kommunikationssatelliten, der im Rahmen der deutschen Satellitenmission „Heinrich Hertz“ voraussichtlich 2016 in eine Umlaufbahn in Höhe von 36.000 Kilometern startet und dort dann für 15 Jahre im geostationären Orbit zuverlässig arbeiten soll.
TU Ilmenau / OD