15.12.2025 • Biophysik

Theorie zur Musterbildung von Protein-Grenzflächen

LMU-Biophysiker haben ein Modell entwickelt, wie Reaktions-Diffusions-Netzwerke „Schäume“ bilden können.

Für zahlreiche grundlegende Prozesse des Lebens ist die Bildung bestimmter Protein­muster essen­ziell. Die durch mole­kulare Schal­ter gesteuerte Protein­muster­bildung läuft – wie viele Vorgänge in der Natur – weit von einem thermi­schen Gleich­gewicht ent­fernt ab. Für solche Nicht­gleich­gewichts­prozesse fehlt eine all­ge­meine Theo­rie, die erlaubt, die räum­liche Struk­tur der Protein­muster vor­herzu­sagen. Ein Team um den LMU-Bio­physi­k­pro­fes­sor Erwin Frey hat nun ein neues Kon­zept ent­wick­elt, wie aus nicht gleich­gewichts­getrie­benen Pro­zes­sen den­noch gleich­gewichts­ähnliche Gesetz­mäßig­keiten hervor­gehen können. Damit haben die For­schenden das Ver­ständ­nis der Muster­bildung in Sys­temen, in denen mehrere Kompo­nenten zusammen­wirken, wesent­lich erwei­tert.

Henrik Weyer, Tobias A. Roth, Erwin Frey: Protein pattern morphology and dynamics emerging from effective interfacial tension. Nature Physics 2025
Quelle: Henrik Weyer, Tobias A. Roth, Erwin Frey: Protein pattern morphology and dynamics emerging from effective interfacial tension. Nature Physics 2025

Das neue Konzept beruht darauf, dass Grenz­flächen­span­nungen die Struk­tur eines Systems nahe des ther­mi­schen Gleich­ge­wichts steu­ern, indem sie dafür sorgen, dass die Kon­takt­fläche zwi­schen zwei Phasen mini­miert wird. In Flüssig­keiten bilden sich durch solche Grenz­flächen­span­nungen Blasen und Schäume. In Reak­tions-Diffu­sions-Syste­men gibt es aller­dings keiner­lei mecha­ni­sche Inter­aktionen der Proteine – und somit keine mecha­ni­schen Ober­flächen­spannungen wie bei Flüssig­keiten – und doch ent­stehen schaum­artige Netz­werke, die die For­schen­den als „Turing-Schäume“ be­zeich­nen: Bei diesen erzeugen chemi­sche Reaktions-Diffusions-Flüsse eine effek­tive Grenz­flächen­spannung, die die Stru­ktur des Netz­werks bestimmt.

Den Forschenden gelang es, mit­hilfe dieses Mecha­nismus Gesetz­mäßig­keiten zu ent­wickeln, die die Struktur­bildung in diesen Systemen wider­spiegeln. Der ent­schei­dende Unter­schied zu Schäumen in Flüssig­keiten ist: Fern vom Gleich­gewicht kann das sonst unend­liche Wachs­tum der mitt­leren Blasen­größe stoppen und die Struktur „friert“ auf einer end­lichen Skala ein – es entsteht also ein blei­ben­des Muster.

„Genau dieses Verhalten beobachten wir in Experi­menten mit dem bakte­riel­len Min-Protein-System – welches die symme­trische Zell­teilung vieler Bakte­rien steuert – und erklären es durch die von uns abge­lei­teten Gesetze“, sagt Henrik Weyer, Erst­autor der Studie. Frey fasst zusam­men: „Unsere Arbeit zeigt, dass sich aus unter­schied­lichen mikro­skopi­schen Mecha­nis­men uni­ver­selle Regeln für Viel­teilchen­systeme ablei­ten lassen – Regeln, die nicht nur bio­logi­sche Mus­ter erklä­ren, sondern auch neue Wege für die Gestal­tung synthe­ti­scher akti­ver Mate­rie eröff­nen.“ [LMU / dre]

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