20.02.2018

Thermoelektrikum aus dem Bleistift

Preisgünstiges Thermoelektrikum besteht Bleistift, Kopierpapier und leitfähigem Kunststofflack.

Der thermoelektrische Effekt ist keine Neuigkeit, sondern wurde vor fast 200 Jahren von Thomas J. Seebeck entdeckt: Bringt man zwei unterschiedliche Metalle zusammen, dann kann eine elektrische Spannung entstehen, wenn ein Metall wärmer ist als das andere. Über diesen Effekt lässt sich Restwärme teilweise in elektrische Energie umwandeln. Restwärme entsteht als Neben­produkt bei fast allen technischen und natürlichen Prozessen, zum Beispiel in Kraft­werken und jedem Haushalt, aber auch im menschlichen Körper. Sie ist eine der größten ungenutzten Energie­quellen auf der Erde – meist verpufft sie allerdings.

Abb.: Ein thermoelektrisches Element lässt sich schon mit einem Bleistift auf Papier herstellen – kombiniert mit einem leitfähigen Lack. (Bild: HZB)

Leider ist dieser an sich so nützliche Effekt in normalen Metallen extrem klein. Denn Metalle besitzen nicht nur eine hohe Leitfähigkeit für Strom, sondern ebenso für Wärme, sodass Unterschiede in der Temperatur sofort verschwinden. Thermo­elektrische Materialien müssen also trotz hoher elektrischer Leit­fähigkeit eine geringe Wärme­leitfähigkeit haben. In der Technik werden heute schon stellenweise Thermo­elektrika aus anorganischen Halbleiter­materialien wie Bismut­tellurid eingesetzt. Allerdings sind solche Material­systeme teuer und ihr Einsatz rentiert sich nur punktuell. Darüber hinaus werden für den Einsatz am menschlichen Körper auch flexible, ungiftige organische Materialien erforscht, zum Beispiel basierend auf Nano­strukturen aus Kohlenstoff.

Dass es auch viel einfacher geht, hat nun ein Team um Norbert Nickel am HZB gezeigt: Mit einem normalen Bleistift, Härtegrad HB, zeichneten sie auf gewöhnlichem Kopier­papier eine kleine Fläche aus. Als zweites Material pinselten sie einen transparenten, leitfähigen Kunststoff­lack (PEDOT:PSS) auf.

Konkret liefern die Bleistift-Proben aus Graphit bei einem Temperatur­unterschied von 50 Grad Celsius etwa eine Spannung von 0,875 Millivolt. Dieses Ergebnis ist vergleichbar zu anderen, weitaus teureren Nano­kompositen, die bisher für biegsame thermo­elektrische Elemente genutzt werden. Und dieser Wert ließ sich verzehnfachen, indem sie dem Graphit etwas Indium-Selenid zusetzen.

Unter dem Rasterelektronenmikroskop und mit spektro­skopischen Methoden (Raman-Streuung) am HZB untersuchten die Forscher die Graphit- und Kunststofflack-Filme. „Die Ergebnisse waren für uns auch sehr überraschend“, erklärt Nickel. „Aber wir haben nun eine Erklärung gefunden, warum dies so gut funktioniert: Der Bleistift­abrieb bildet auf dem Papier eine Fläche aus ungeordneten Graphit­flocken, etwas Graphen und Lehm. Während dies die elektrische Leit­fähigkeit nur wenig reduziert, kann Wärme deutlich schlechter transportiert werden.“

Mit diesen einfachen Zutaten könnten sich künftig thermo­elektrische Baulemente auf Papier drucken lassen, die äußerst preiswert, umwelt­freundlich und ungiftig sind. Solche winzigen und biegsamen Bau­elemente wären auch direkt am Körper einsetzbar und könnten die Körper­wärme nutzen, um kleine Geräte oder Sensoren zu betreiben.

HZB / DE

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