29.11.2016

Tiefkühler für Ionen

Quadrupol-Ionenfalle mit zehn Millionen Ionen erreicht 7,4 Kelvin.

Ein inter­nationales Team aus Deutschland, Schweden und Japan hat einen neuen Temperatur­rekord für Quadrupol-Ionen­fallen erreicht, in denen elektrisch geladene Molekül-Ionen gefangen sind. Es gelang ihnen, mit einem Puffergas etwa zehn Millionen Ionen auf 7,4 Kelvin abzukühlen. Zuvor war es nur möglich, etwa eintausend Ionen mit Puffergas auf 7,5 Kelvin abzukühlen. Für spektro­skopische Analysen reichen tausend Ionen jedoch bei weitem nicht aus. Aber mit der neuen Methode steht erstmals eine Ionenfalle für die Röntgen­spektroskopie bei tiefen Temperaturen bereit, mit der man den Magne­tismus und Grund­zustände von Molekül-Ionen untersuchen kann. Dies liefert die Grundlagen, um neue Materia­lien für eine energieeffiziente Informations­technologie zu entwickeln.

Abb.: Die zweiatomaren Nickel-Ionen (grau) sind bei tiefen Temperaturen in einer RF-Ionenfalle gefangen, dabei dient kaltes Helium-Gas (blau) zur Wärmeabfuhr. Das magnetische Feld richtet die Ionen aus. (Bild: T. Lau / HZB)

„Bisher gingen alle davon aus, dass es nicht möglich sei, mit einer Quadrupol-Ionen­falle für so hohe Ionen­dichten noch tiefere Temperaturen zu erreichen. Aber es geht eben doch“, sagt HZB-Forscher Tobias Lau. Denn das elektro­magnetische Wechselfeld fängt die gespeicherten Ionen nicht nur ein, sondern „schüttelt“ sie auch, so dass sie ständig Energie gewinnen und die Temperatur steigt. Um diese Energie wieder abzuführen, hat das Team Helium als Puffergas eingeführt, und zwar mit relativ hohem Druck. „Man muss sich dies als eine Art kalten Sirup vorstellen, der die Makro-Bewegungen der Teilchen dämpft und Rotation und Trans­lation verlangsamt“, sagt Vicente Zamudio-Bayer von der Universität Freiburg.

Die Experi­mente wurden an der UE52-PGM-End­station an BESSY II durchgeführt, wo sich die Polarisation der weichen Röntgenstrahlung variabel einstellen lässt. Der Versuchs­aufbau an dieser Beamline ist weltweit einzigartig, weil er die Untersuchung von Ionen bei tiefen Temperaturen mit Magnet­feldern und Röntgen­spektroskopie ermöglicht. Dabei kann die Probe unter einem äußeren Magnetfeld mit zirkular pola­risiertem Röntgen­licht analysiert werden. Dies gibt Aufschluss über die magne­tischen Momente der Elektronen, unterteilt in ihre Spin- und Bahnbeiträge.

„Durch die besonders tiefen Tempe­raturen konnten wir erstmals die magne­tischen Momente von Nickel-Dimer-Kationen experi­mentell ermitteln“, erklärt Lau. Die Arbeit an der Ionenfalle ist Teil eines größeren Projekts von HZB und Uni Freiburg. „Wir arbeiten nun daran, noch tiefere Tempe­raturen zu erreichen. Wir hoffen, dass wir bald bis auf fünf Kelvin kommen“, sagt Zamudio-Bayer. Denn je tiefer die Temperatur, desto deut­licher zeigen sich magne­tische Effekte.

Alle Nutzer der Ionenfalle an der UE52-PGM-Endstation an BESSY II können aber jetzt schon von dem Rekord profi­tieren. „Hier lassen sich nicht nur der Magnetismus, sondern auch viele weitere Eigen­schaften von ganz unter­schiedlichen Molekülen spektro­skopisch untersuchen, zum Beispiel auch von Übergangs­metall-Komplex-Ionen. Das wird also für viele Nutzer­gruppen, ins­besondere aus der physi­kalischen Chemie, attraktiv sein“, meint Lau.

HZB / JOL

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