Topologie von Schleimpilz-Netzwerken untersucht
Physiker und Biologen aus Bremen und Singapur studieren Perkolation am Schleimpilz Physarum polycephalum.
Schleimpilze gibt es überall in der Natur. Diese auf den ersten Blick primitiv wirkenden Einzeller verfügen über eine hochentwickelte Strategie, um Nahrung und Umweltinformationen zu transportieren. Dabei nutzen sie ein verzweigtes Adernetzwerk. Wie sich solch ein Netzwerk bildet, haben Wissenschaftler der Universitäten Bremen und des Mechanobiology Institute Singapore in einer nun erschienen Studie genau beschrieben. Am Schleimpilz Physarum polycephalum haben sie untersucht, wie sich einzelne getrennte Segmente des Schleimpilzkörpers zu einem großen zusammenhängenden Adernetzwerk zusammenfügen. Diesen Prozess nennt man Perkolation.
Abb.: Ein Schleimpilz-Netzwerk. Das Skelett des Netzwerkes ist in Schwarz und Rot eingezeichnet. (Bild: H.-G. Döbereiner)
Hans-Günther Döbereiner und sein Team aus dem Fachbereich Physik / Elektrotechnik der Universität Bremen sind überzeugt, dass ihre Forschungsergebnisse auch in der Krebstherapie Anwendung finden können. Der jetzt entschlüsselte Mechanismus der Netzwerkbildung des Schleimpilzes zum Transport seiner Zellflüssigkeit durch nahezu den gesamten Organismus sei auf die Blutversorgung von Tumoren übertragbar. Das Verständnis dieses Prozesses dürfte Krebstherapien, die das Wachstum von Tumoren durch Einschränkung der Blutversorgung verhindern, effektiver machen.
Um zu ihren Forschungsergebnissen zu kommen, haben die Forscher aus Bremen und Singapur exakte mathematische Werkzeuge aus dem Bereich der Topologie verwendet. Dieser Teil der Mathematik beschäftigt sich mit den Zusammenhangseigenschaften geometrischer Körper bzw. allgemeiner mathematischer Strukturen. Es kommt dabei nicht auf die Form sondern nur auf die verschiedenen möglichen Wege in einem Körper an. Diese lassen sich einfach durch ein Skelett, das aus Verbindungspfaden und Kreuzungen besteht, repräsentieren. „Unsere Erkenntnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung in der biologischen Physik und Systembiologie interessant, sondern allgemein für die Zell- und Entwicklungsbiologie. Eine medizinische Anwendung bei Stammzell- und Krebstherapien ist möglich“, sagt der Bremer Biophysiker Döbereiner.
U. Bremen / PH