18.03.2013

Trainingseinheiten für „Philae“

In Bremen und Köln üben und testen Forscher mit Kopien des Kometenlanders bereits für die Landung im November 2014.

Das Original des Kometenlanders „Philae“ fliegt bereits seit dem 2. März 2004 durchs Weltall und wartet im Schlafmodus auf seine Ankunft am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Die Philae-Modelle am Boden hingegen müssen zurzeit einiges aushalten: Sie werden im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bis zur Belastungsgrenze getestet und geprüft. Die Wissenschaftler und Ingenieure wollen auf die erstmalige Landung auf einem Kometen im November 2014 bestens vorbereitet sein.

Abb.: Im November 2014 soll der Lander Philae auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufsetzten. Der Betrieb des Landers und seiner zehn Experimente wird aus dem Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführt. (Bild: ESA)


In Bremen setzt ein originalgetreues Lander-Modell deshalb immer wieder auf dem Boden auf – mal in weichem Sand, mal auf hartem Boden, denn die Oberflächenbeschaffenheit des Kometen kennt noch niemand. In Köln wird eine Philae-Kopie mit Kommandos angefunkt und in Betrieb gesetzt. „Auf Probleme, die wir jetzt bei Landung und Betrieb mit den Modellen simulieren, sind wir bei der richtigen Landung dann gut vorbereitet“, sagt Stephan Ulamec, DLR-Projektleiter für den Kometenlander, der an Bord der europäischen Raumsonde Rosetta unterwegs ist.

Es ist eine Landung auf einem unbekannten Objekt: Über den genauen Landeplatz werden die Wissenschaftler und Ingenieure erst nach der Ankunft der Rosetta-Sonde mit Hilfe der ersten Kamerabilder entscheiden. Die exakte Anziehungskraft des Himmelskörpers, die Beschaffenheit des Bodens – all das kennen die Wissenschaftler nicht. „Der Komet könnte eine harte Eiskruste haben, es könnte aber auch lockerer, pulveriger Boden sein“, betont Lars Witte, verantwortlich für die Tests mit einem der Philae-Modelle am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen.

Immer wieder hat das dreibeinige Modell in Originalgröße am Roboterarm der „Landing and Mobility Test Facility“ (LAMA) die Landung auf dem Boden überstehen müssen. Mal mit einer Geschwindigkeit von 1,10 Meter pro Sekunde, mal etwas langsamer. Mal im senkrechten Anflug, mal mit geneigtem Aufsetzen. Mal in drei mit Sand gefüllten Töpfen, mal auf einer robusten Platte. Selbst eine mit einem Ölfilm beschichtete Stahlplatte haben die Wissenschaftler eingesetzt, um zu testen, wie der Lander reagiert, wenn er nur geringe Bodenhaftung hat. Immer wieder haben sich während dieser Tests die Eisschrauben in den Füßen des Landers herausgedreht, die Philae Halt auf dem Kometen geben sollen. „Wir testen letztendlich auch die Grenzen des Landers aus“, sagt Witte. Dessen filigrane Struktur sieht zerbrechlicher aus, als sie ist.

Bei der Landung fängt ein Dämpfer die Kräfte ab, die auf Philae wirken. Sobald der kühlschrankgroße Lander mit zehn Instrumenten an Bord aufsetzt, schießen zwei Harpunen in den Kometenboden und verankern Philae auf dem Kometen. Statt der 100 Kilogramm Gewicht auf der Erde wird der Lander auf dem Kometen nur ein Gewicht entsprechend einem Blatt Papier haben. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass der Komet in Sonnennähe bereits aktiv ist und sich der charakteristische Schweif aus Eis- und Staubpartikeln bildet.

Abb.: In der „Landing and Mobility Test Facility“ (LAMA) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bremen testen die Ingenieure ein Modell des Kometenlanders. Dabei wird die Landung auf unterschiedlichen Böden simuliert. (Bild: DLR (CC-BY 3.0))


„Die Landung wird automatisch geschehen, denn ein Steuerungskommando von der Erde zum Lander würde aufgrund der großen Entfernung etwa eine halbe Stunde benötigen“, betont DLR-Projektleiter Stephan Ulamec. Wenn die entscheidende Phase beginnt, müssen die Wissenschaftler darauf vertrauen, dass die Software an Bord perfekt funktioniert.

Im Kölner Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) muss deshalb ein weiteres Philae-Modell zeigen, dass es auch mit Problemen und Pannen zurechtkommt. Kabel, Verbindungen und Bauteile entsprechen originalgetreu dem Innenleben von Philae,. Allerdings: Nicht immer sind die Bauteile dort, wo sie am eigentlichen Lander sitzen. In einem Schubkasten liegen die Fußsohlen, neben der Außenhülle die Harpunen, die sich in den Boden bohren sollen. „Für uns ist wichtig, dass die Verbindungen der einzelnen Bauteile wie beim Original sind - der Aufbau ist für die Tests zweitrangig“, erläutert Koen Geurts, technischer Projektleiter.

Wenn die Raumsonde Rosetta am Kometen angelangt ist, wird der Betrieb des Landers von einem Team im Kontrollraum des MUSC gesteuert. Über mehrere Computer steuern zwei Ingenieure das Landermodell an. „Wir können alles simulieren, was dem Flugmodell geschehen könnte“, sagt Geurts. „Und auch Dinge, die wir eher nicht erleben wollen.“ Wie soll Philae reagieren, wenn einzelne Subsysteme während des Abstiegs durch einen Kurzschluss ausfallen? Was sind die ersten Abläufe nach einer erfolgreichen Landung? Die Ingenieure proben die Widrigkeiten, die die Software dann autonom – ohne Unterstützung vom Boden aus – lösen soll. Kurz vor der Ankunft am Ziel wird die endgültige Prozedur ins All gesendet.

Einmal auf Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko gelandet, beginnt dann unverzüglich die Arbeit für Philae. Bis zu mehrere Monate sollen die zehn Instrumente dann Daten für die Wissenschaftler liefern. Für drei Instrumente trägt das DLR die Hauptverantwortung: Die Kamera ROLIS wird bereits während der Landephase Aufnahmen von der Kometenoberfläche machen. Die Instrumente SESAME und MUPUS sollen den Kometenkern untersuchen, die Oberflächentemperatur messen und die Festigkeit des Kometen erforschen. „Die erste Landung überhaupt auf einem Kometen ist eine sehr schwierige Mission“, sagt DLR-Projektleiter Stephan Ulamec. „Aber auch eine extrem spannende.“

DLR / PH

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