24.03.2015

Tschuri riecht nach tiefem All

Rosettas Stickstoff-Messungen weisen auf kalte Herkunft des Kometen hin.

Molekularer Stickstoff, N2, ist der Hauptbestandteil der Erdatmosphäre und findet sich auch in den Atmosphären und den Oberflächen von Pluto und dem Neptun Mond Triton. Von N2 nimmt man auch an, dass es sich während der Entstehung unseres Sonnensystems um die häufigste Form des Stickstoffs handelte.

Abb.: Gas und Staub steigen von Churys Oberfläche auf, während sich der Komet dem sonnennächsten Punkt auf seiner Umlaufbahn nähert. (Bild: ESA / Rosetta / NAVCAM)

Martin Rubin vom Physikalischen Institut der Universität Bern und seinem Team ist es nun gelungen, dieses „meistgesuchte“ Molekül, wie er es nennt, zum ersten Mal in der Koma, also in der Atmosphäre eines Kometen, nachzuweisen. „Obwohl man annimmt, dass Kometen wie 67P/Churyumov-Gerasimenko in der selben Region wie Triton und Pluto entstanden sind, war es bisher nicht möglich, den molekularen Stickstoff in ihnen nachzuweisen“, sagt Rubin, „denn im Eis des Kometen kann nur sehr wenig N2 eingefangen und gespeichert werden. Um diese geringen Mengen zu messen, waren Auflösungsvermögen und Sensitivität der bisherigen Beobachtungsinstrumente einfach nicht hoch genug.“

Das Team um Rubin konnte die Messungen mit Hilfe des Massenspektrometers ROSINA durchführen. Das an der Universität Bern entwickelte Instrument befindet sich auf der Sonde Rosetta der Europäischen Weltraum Agentur ESA. Rosetta ist nach zehnjähriger Reise im August 2014 beim Kometen angekommen und sendet seither ununterbrochen Daten von dort. „ROSINA hat die nötige Auflösung, um Moleküle mit beinahe gleicher Masse zu unterscheiden; also etwa molekularen Stickstoff und Kohlenmonoxid“, sagt Rubin und fügt hinzu: „Es ist eine große Genugtuung, dass ein Instrument, das vor mehr als zwanzig Jahren geplant und gebaut wurde, endlich genau die Daten liefert, auf die man so lange gewartet hat. Dies ist eine der Schlüsselmessungen von ROSINA.“

Die Messungen des molekularen Stickstoffs deuten darauf hin, dass der Komet in einer sehr kalten Region unseres Sonnensystems entstand. „Die Menge an molekularem Stickstoff, den Kometen wie Tschuri zur Erde gebracht haben können, ist viel geringer als die anderer stickstoffhaltiger Moleküle wie Ammoniak“, sagt ROSINA-Chefwissenschaftlerin Kathrin Altwegg. Ihrer Meinung nach ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass Kometen aus der Jupiter-Familie, der auch Tschuri angehört, weder für das irdische Wasser noch für Gase wie N2 die Hauptquelle sein dürften. Die Weltraumforscherin und ihr Team haben vor kurzem herausgefunden, wie sich das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff im Wasser des Kometen deutlich von dem auf der Erde unterscheidet. Dies deutet darauf hin, dass das irdische Wasser einen anderen Ursprung hat. „Wie die Herkunft des Wassers war der fehlende molekulare Stickstoff in Kometen eine der offenen Fragen der Giotto Mission zum Kometen 1P/Halley vor fast 30 Jahren“, erklärt Altwegg. „Es erfüllt mich mit großer Genugtuung, diese Frage heute beantworten zu können.“

Matt Taylor, wissenschaftlicher Leiter von Rosetta bei der ESA, nennt die Entdeckung des molekularen Stickstoffs „ein weiteres Puzzle-Teilchen“ bei der Untersuchung darüber, welche Rolle Kometen der Jupiter-Familie bei der Entwicklung unseres Sonnensystems spielten. „Aber das Puzzle ist damit bei weitem noch nicht komplett“, fügt er bei. „Rosetta und Tschuri sind noch etwa fünf Monate vom sonnennächsten Punkt ihrer Umlaufbahn entfernt. Wir werden nun beobachten, wie sich die Zusammensetzung der Gase während der Annäherung ändert und daraus versuchen, weitere Schlüsse über die Vergangenheit dieses Kometen zu ziehen.“

U. Bern / DE

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