11.12.2017

Turbulente Spitzenwirbel

Bessere Beherrschung von Turbulenzen bei Flugzeugen, Schiffen und Wind­kraft­anlagen.

Flugreisen werden immer beliebter. Der Andrang auf den Flug­häfen nimmt stetig zu. Mancher Flug­gast mag sich daher umso mehr darüber wundern, warum jedes Flug­zeug erst fünf, sechs Minuten auf die Start­frei­gabe warten muss, nachdem das vor­herige Flug­zeug bereits abge­hoben hat. Grund dafür sind nicht etwa unzu­reichende Flug­pläne, sondern Turbu­lenzen. Immer wenn ein Flug­zeug auf der Start­bahn des Flug­hafens abhebt, ent­steht hinter ihm ein hoch­energe­tisches Turbu­lenz­feld. Dieses Turbu­lenz­feld besteht aus Wirbeln, die sich von den Flügel­spitzen eines Flug­zeugs lösen und daher auch Spitzen­wirbel genannt werden. Sie drehen sich zuein­ander gegen­läufig und bewirken so in der Region hinter einem gestar­teten Flug­zeug eine Abwärts­kraft. Wenn sich ein solches Turbu­lenz­feld noch nicht genügend abge­schwächt hat, kann es zum Absturz einer nach­folgend startenden Maschine führen.

Abb.: Turbulenzen hinter einem startenden Flug­zeug. (Bild: U. Rostock)

Auch während des Fluges können diese Spitzenwirbel Probleme hervor­rufen. Der Pilot kündigt dann an, den Sicher­heits­gurt anzu­legen, da das Flug­zeug auf­grund der Druck­diffe­renz zu schwingen anfängt. Möglicher­weise hat ein Jumbo­jet vor ein paar Minuten den gleichen Weg zurück­gelegt und die von ihm ver­ur­sachten Turbu­lenzen sind noch im Flug­korridor.

Nicht nur im Luftverkehr, sondern auch bei der Schiff­fahrt stellen Wirbel­struk­turen eine große Heraus­forde­rung dar. Die Spitzen von Schiffs­propel­lern können eben­falls diese Art von Wirbeln ver­ur­sachen, die die Ein­lauf­strömung zu den Rudern der Schiffe beein­flussen können. Infolge­dessen lässt sich das Schiff schwerer steuern und Ero­sionen treten ver­stärkt auf. Auch an den Spitzen einer Wind­turbine ent­stehen der­artige Wirbel, die das Wind­feld in einem ganzen Wind­park ab­schwächen können und so die Energie­erzeu­gung ver­schlech­tern.

Unter der Leitung von Nikolai Kornev versucht ein Forscher­team an der Uni Rostock, die Ent­stehung der Spitzen­wirbel besser zu ver­stehen, um die Wirbel­bildung zu ver­mindern. Mit Hilfe großer Computer­cluster wird schon länger ver­sucht, solche Turbu­lenz­felder zu berechnen. Anders als in der nume­rischen Simu­la­tion voraus­berechnet, bleiben in der Realität solche Wirbel sehr lange in der Luft erhalten. Das Rostocker Team wählt des­halb einen neu­artigen Ansatz. Die großen Wirbel in der Nähe der Flügel werden dazu wie bisher üblich mit einer Computer­simu­la­tion berechnet. Das weiter ent­fernte Wirbel­feld wird mit einer Vortex-Methode unter­sucht, man betrachtet also ein ein­zelnes Teil­chen und dessen Bewe­gung im Wirbel­fluss. Die Kombi­nation beider Methoden hat sich bewährt. Sie führt selbst bei großen Ent­fer­nungen zu einer ver­bes­serten Genauig­keit mit viel weniger Fehlern.

Sobald es gelingt, das Turbulenzfeld an jedem ein­zelnen Punkt im Nach­ström­bereich mathe­matisch genau zu ver­stehen, wird es möglich, durch eine gezielte Ver­ände­rung der Trag­flächen die Ent­stehung der Spitzen­wirbel zu ver­mindern. Das würde wiederum zu mehr Stabi­lität für das Flug­zeug, eine ver­bes­serte Sicher­heit und zu mehr Komfort beim Fliegen führen. Sollte die Warte­zeit nach einem Start eines Flug­zeugs bis zum nächsten Start von fünf auf drei Minuten ver­ringert werden können, würde die Kapa­zität beste­hender Flug­häfen welt­weit nahezu ver­doppelt werden können. Kosten­erspa­rungen beim Bau neuer Flug­häfen und verringerte Warte­zeiten wären die Folge. Bei Schiffen könnte sich die Erosion redu­zieren und bei Wind­kraft­anlagen die Effi­zienz der Strom­erzeu­gung ver­bessern lassen.

U. Rostock / RK

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