29.08.2017

Überraschend früh erwachsen

Magnetfeld in fünf Milliarden Lichtjahre entfernter Galaxie schon erstaunlich homogen.

Durch Beobachtungen einer gewaltigen kosmischen Linse mit dem amerikanischen „Very Large Array“-Radio­teleskop ist es einem Team von Astronomen gelungen, zusammen­hängende Magnetfeld­strukturen in einer Galaxie in knapp fünf Milliarden Lichtjahren Entfernung nachzuweisen. Die Daten geben neue Anhalts­punkte zur Klärung eines wesentlichen Aspekts der Kosmologie: Ursprung und Beschaffenheit von kosmischen Magnetfeldern, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Galaxien spielen.

Abb.: HST-Bild des Systems CLASS B1152+199 (links), durch den Gravitationslinseneffekt der Vordergrundgalaxie in zwei unterschiedliche Bilder A und B aufgespaltet. Rechts: Wirkung der Faraday-Rotation. (Bild: S. A. Mao ( Zusammenstellung), optisches Bild: Hubble Legacy Archive / Rusin et al. 2002, MNRAS 330, 205ff)

Wenn ein Hintergrundquasar in großer Entfernung und eine etwas näher­gelegene Vordergrund­galaxie direkt hintereinander in der Sichtlinie stehen wie im Fall des Systems CLASS B1152+199, kann der Lichtweg des weiter entfernten Quasars durch den Gravitationslinseneffekt der Vordergrund­galaxie so gekrümmt werden, dass zwei separate Bilder des Quasars von der Erde aus zu sehen sind. Da die Strahlung des Quasars unterschiedliche Bereiche der als Gravitations­linse wirkenden Galaxie passiert, wird es möglich, Magnet­felder in einer Galaxie zu untersuchen, die wir sonst gar nicht erfassen könnten. Das Forscherteam hat die Polarisation der gemessenen Radio­wellen ausgewertet, die durch das Magnetfeld der Vordergrund­galaxie verändert wird. Die Astronomen haben speziell diese Veränderung, den Faraday-Effekt, in den beiden unterschiedlichen Bildern des Hintergrund­quasars vermessen. So konnten sie zeigen, dass die als Gravitations­linse wirkende Galaxie über ein groß­skaliges zusammen­hängendes Magnetfeld verfügt.

Die Entdeckung eines starken zusammen­hängenden Magnetfelds in einer Galaxie in knapp fünf Milliarden Lichtjahren Entfernung und damit zu einer Zeit von nur zwei Dritteln des heutigen Alters des Universums ermöglicht den Forschern zu vermessen, wie schnell sich diese Magnetfelder in Galaxien aufbauen. „Obwohl diese weit entfernte Galaxie im Vergleich zu heutigen Galaxien weniger Zeit hatte, ihr Magnetfeld aufzubauen, war sie trotzdem dazu in der Lage“, sagt Sui Ann Mao, Leiterin der Minerva-Forschungs­gruppe „Kosmischer Magnetismus“ am Max-Planck-Institut für Radio­astronomie in Bonn und Erstautorin der Veröffentlichung. „Unsere Untersuchungen unterstützen die Idee, dass galaktische Magnetfelder durch einen Dynamo­prozess aufgebaut werden.“

Trotz großer Fortschritte im Bereich der Kosmologie ist es nach wie vor ein Rätsel, wie der Magnetismus im Universum entstanden ist. Die ursprünglich sehr schwachen Magnetfelder ähneln in keiner Weise denjenigen, die wir in den heutigen Galaxien beobachten. Dynamo-Prozesse im turbulenten inter­stellaren Gas verstärkten sie und ordneten sie um. Die Beschreibung, wie der Dynamo großskalige Strukturen im Magnetfeld aufbaut, ist ebenfalls ein weitgehend ungelöstes Problem. „Unsere jetzigen Messungen führen zu der bisher besten Beschreibung, wie Dynamos in Galaxien wirken“, betont Ellen Zweibel von der University of Wisconsin in Madison, USA.

„Das ist ein aufregendes Resultat – zum ersten Mal konnten wir verlässlich sowohl die Stärke wie auch die Struktur des Magnetfelds in einer weit entfernten Galaxie bestimmen“, sagt Sui Ann Mao. Das Gravitationslinsensystem CLASS B1152+199 ist zur Zeit der Rekord­halter als am weitesten entfernte Galaxie, bei der Eigenschaften ihres Magnetfelds vermessen werden konnten. „Unsere Arbeit zeigt, wie effektiv die Verbindung des starken Gravitationslinseneffekts mit Breitband-Radio­polarisations­messungen dabei ist, Magnetfelder im hochrot­verschobenen Universum zu untersuchen“, bemerkt sie abschließend.

MPIfR / DE

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