18.12.2025

Überraschende Dynamik von Wasser auf 2D-Materialien

Wassermoleküle laufen statt zu springen: TU Graz und University of Surrey zeigen, wie sich Wasser auf hexagonalem Bornitrid ganz anders bewegt als auf Graphen.

Wie Forschende aus Graz und der Surrey festgestellt haben, „laufen“ einzelne Wassermoleküle über die Oberfläche von hexagonalem Bornitrid (h-BN) eher als dass sie „springen“. Sie bewegen sich dort also geschmeidiger und freier als auf Graphen. „Wir neigen dazu, Wasser als simpel anzusehen, aber auf molekularer Ebene verhält es sich ziemlich außergewöhnlich“, sagt Marco Sacchi von der University of Surrey. „Unsere Arbeit zeigt, dass kleinste Details einer Oberfläche die Bewegung von Wasser verändern können – etwas, das uns helfen könnte, bessere Beschichtungen, Sensoren und Geräte zu entwickeln.“

Wassermoleküle in Bewegung. Bildquelle: A. Tamtögl - TU Graz
Wasser­mole­küle (H2O – dun­kel­rot/weiß) in glei­ten­der Be­we­gung auf hexa­go­na­lem Bor­nitrid (blau/rot)
Quelle: A. Tamtögl - TU Graz

Sowohl Graphen als auch h-BN sind ultradünne, blattartige Materialien mit ähnlichen Wabenstrukturen. Während Graphen jedoch elektrisch leitfähig ist, ist h-BN ein Isolator. Dieser subtile Unterschied verändert die Art und Weise, wie jede Oberfläche mit Wasser interagiert. Mithilfe der hochpräzisen Helium-Spin-Echo-Spektroskopie ließ sich die Bewegung von Molekülen verfolgen ohne sie zu beschädigen und das Grazer Team beobachtete, wie sich einzelne Wassermoleküle über jedes Material bewegten. Sie entdeckten, dass sich Wassermoleküle auf h-BN drehen und rollen, während sie sich bewegen – wie ein winziger Kreisel, der über eine Tischplatte gleitet – anstatt wie auf Graphen zwischen festen Stellen zu springen. „Es ist fast so, als würde das Molekül gehen statt hüpfen“, sagt Anton Tamtögl vom Institut für Experimentalphysik der TU Graz. „Diese kontinuierliche, rotierende Bewegung war völlig unerwartet.“

Um zu verstehen, warum das so ist, modellierten die Forscher die Bewegung auf atomarer Ebene mittels Computersimulationen. Sie fanden heraus, dass Wasser auf h-BN leichter gleitet, wenn dieses Material auf einer Nickelschicht liegt. Es gibt dort weniger Reibung, sodass sich ein einzelnes Wassermolekül einfacher bewegen kann. Auf Graphen ist es umgekehrt: Das Metall darunter „verbindet“ die inneren Schwingungen des Wassermoleküls stärker mit der Oberfläche. Dadurch entsteht mehr Reibung, und das Molekül kann sich weniger geschmeidig fortbewegen.

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Andreas Tittl und Stefan A. Maier • 6/2023 • Seite 23

Sensorik mit Nanofokus

„Die Unterlage unter dem 2D-Material erwies sich als entscheidend“, erklärt Marco Sacchi. „Sie kann das Verhalten von Wasser komplett verändern – und sogar das Gegenteil von dem bewirken, was wir erwartet hatten.“ Diese Erkenntnisse könnten Technologien beeinflussen, die auf der Steuerung von Wasser im Nanobereich beruhen – von Enteisungsbeschichtungen und mikrofluidischen Geräten bis hin zu Schmierstoffen und Energiematerialien der nächsten Generation.

„Wenn wir durch die Wahl des richtigen Materials und Substrats die Bewegung von Wasser steuern können, könnten wir Oberflächen entwickeln, die die Benetzung kontrollieren oder der Vereisung widerstehen“, sagt Tamtögl. „Das ist für alles, von Beschichtungsanwendungen bis hin zu Entsalzungsmembranen, von großem Wert.“

Nachwuchsforschende wie Philipp Seiler, Anthony Payne, Neubi Xavier Jr, Louie Slocombe und Adam Payne spielten eine wichtige Rolle bei den Experimenten und Simulationen. „Diese Studie war eine echte Teamleistung“, fügt Marco Sacchi hinzu. „Sie vereint modernste experimentelle Physik in Graz und computergestützte Chemie in Surrey, um etwas völlig Neues über eines der häufigsten Moleküle der Erde aufzudecken.“ [TU Graz / dre]

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