05.04.2005

Ultrakalte Paarung

Ausgehend von einem Bose-Einstein-Kondensat haben Innsbrucker Physiker erstmals komplexe Moleküle hergestellt.




Ausgehend von einem Bose-Einstein-Kondensat haben Innsbrucker Physiker erstmals komplexe Moleküle hergestellt.

Mit Experimenten am absoluten Nullpunkt machen Quantenphysiker aus Innsbruck immer wieder von sich reden. Nun ist den Forschern um Rudi Grimm erneut ein Durchbruch gelungen: Zum weltweit ersten Mal konnten sie ausgehend von einem Bose-Einstein-Kondensat komplexe Moleküle herstellen. Sie haben dabei Moleküle aus zwei Cäsiumatomen zu vierteiligen Quantenclustern gepaart.

Vor rund zwei Jahren eröffneten die Innsbrucker Wissenschaftler ein völlig neues Forschungsfeld, als sie weltweit erstmals ein Bose-Einstein-Kondensat aus Molekülen erzeugt haben. Sie demonstrierten damals die gezielte Herstellung und quantenmechanische Kontrolle von extrem stark abgekühlten Molekülen aus zwei Atomen. Nun konnten Rudi Grimm, START-Preisträger Hanns-Christoph Nägerl, Cheng Chin, Tobias Krämer, Jens Herbig und Philipp Waldburger erstmals ultrakalte Moleküle miteinander verbinden und so kleine Quantencluster erzeugen, die aus jeweils vier Cäsiumatomen bestehen und sich in einem einzigen Quantenzustand befinden. Damit ist der Weg offen für die Synthese von noch komplexeren Molekülen unter extrem niedrigen Temperaturen. Diese ganz neue Form von „Chemie“ am absoluten Nullpunkt ermöglicht es den Physikern die Eigenschaften solcher Moleküle besser zu verstehen und damit wichtige Erkenntnisse für die Grundlagenforschung zu gewinnen.

Abb.: Reines Bose-Einstein-Kondensat aus Cäsium-Atomen vor der Erzeugung der Moleküle (links). Nach der Molekülbildung werden diese durch einstellbare magnetische Kräfte von den verbleibenden Atomen getrennt (Mitte und rechts). (Quelle: C. Chin et al.)

„Wenn ich ehrlich bin“, erzählt Rudi Grimm, „war dieses Ergebnis eine Zufallsentdeckung. Was uns dabei zugute kam, waren die besonderen Eigenschaften des Cäsium.“ Die Innsbrucker Wissenschaftler sind nämlich die ersten und bis heute einzigen, die ein Bose-Einstein-Kondensat aus Cäsiumatomen herstellen können. In einem Bose-Einstein-Kondensat verhalten sich alle Teilchen völlig identisch, es weist daher quantenmechanische Eigenschaften auf. Durch die makroskopische Dimension eignet sich ein solches Bose-Einstein-Kondensat besonders gut für die experimentelle Untersuchung von Quantenphänomenen. Theoretisch vorher gesagt haben dieses Phänomen bereits im Jahr 1924 der indische Physiker Satyendra Nath Bose und Albert Einstein.

Publiziert haben die Innsbrucker Physiker dieses Ergebnis in den renommierten Physical Review Letters. Einer, der entscheidende Beiträge zu diesem Experiment geliefert hat, war der Taiwanese Cheng Chin, der die letzten beiden Jahre als Lise-Meitner Stipendiat des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck gearbeitet hat. Er wurde mit Beginn dieses Jahres auf eine Professur für ultrakalte Atome und Moleküle an die University of Chicago berufen. Das Experiment wurde im Rahmen eines Spezialforschungsbereichs durch den FWF und in einem Forschungsnetzwerk durch die Europäische Union unterstützt.

Quelle: Uni Innsbruck

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