02.06.2014

Umwandlung von Licht in organischer Solarzelle erstmals gefilmt

Elektronen verhalten sich bei Anregung wie Wellen, die zwischen dem Polymer und dem Fulleren hin und her pendeln.

Organische Solarzellen könnten zu einer der Schlüssel­technologien unseres Jahrhunderts werden. Mit hoher Effizienz verwandeln sie Licht in Strom. Die dabei im Inneren der Solarzelle ablaufenden Prozesse sind jedoch so komplex, dass sie sich bislang einer direkten wissenschaftlichen Beobachtung entzogen haben. Jetzt ist es Wissenschaftlern um Christoph Lienau erstmals gelungen, die Licht-Strom-Wandlung in einer organischen Solarzelle in Echtzeit zu filmen und damit zu sehen, wie dieser licht­induzierte Elektronen­transfer in einer organischen Solar­zelle im Detail abläuft. Das Forscher­team aus Oldenburg, Mailand und Modena konnte zeigen: Die Quanten­mechanik dieses Prozesses – speziell die wellen­förmige Natur der Elektronen und ihre Kopplung an die umgebenden Kerne – ist von entscheidender Bedeutung.

Abb.: Echtzeit-Quantensimulation der Umwandlung von Licht in Strom in einer organischen Solarzelle aus einer Polymerkette und einem Fullerenmolekül. Die Bilder zeigen die zeitliche Veränderung der Ladungsverteilung während des Stromflusses. (Bild: C. A. Rozzi)

Organische Solarzellen nutzen Nano­materialien aus Polymeren und aus Fullerenen, um das Sonnenlicht in Strom zu verwandeln. Sie sind preiswert, leicht, flexibel und lassen sich farblich beliebig anpassen. Die konjugierten Polymere sind lange Ketten von Kohlenstoff­atomen und fungieren bei der Licht-Strom-Wandlung als Licht­absorber. Bisher hatten alle Experimente darauf hingedeutet, dass der Strom erzeugt wird, indem Elektronenteilchen von den Polymeren auf die umgebenden Fullerene springen.

„Unsere ersten Experimente haben uns sehr überrascht“, sagt Lienau. Die Oldenburger Physikerin Sarah Falke setzte zusammen mit Kooperations­partnern um Giulio Cerullo aus Mailand extrem kurze Licht­impulse im Femto­sekunden­bereich ein, um die Polymer­schicht in einer organischen Zelle zu beleuchten. Dabei stellten sie fest: Die Licht­impulse regen nicht nur die Atomkerne zu Schwingungen an, sondern bewirken auch, dass die Elektronen sich wie Wellen verhalten, die zwischen dem Polymer und dem Fulleren hin und her pendeln. Lienau: „Das hatten wir nicht erwartet, denn in organischen Zellen ist die Schnitt­stelle zwischen Polymeren und Fullerenen äußerst komplex, und beide Komponenten sind nicht durch eine Atom­bindung verbunden.“

Die Wissenschaftler baten ihre lang­jährigen Forschungs­partner Elisa Molinari und Carlo Andrea Rozzi vom Istituto Nanoscienze des Nationalen Forschungsrat CNR und der Universität von Modena und Reggio Emilia um Unter­stützung. Ihnen gelang es, die zeitliche Entwicklung der Elektronen und der Atomkerne zu filmen – also das System abzubilden, das für die experimentell nachgewiesenen Schwingungen verantwortlich ist. „Unsere Berechnungen zeigen, dass die konzertierte Bewegung der Atomkerne ganz wichtig für einen effizienten Ladungs­transfer ist“, erläutert Molinari. „Sie müssen wackeln, damit der Strom fließt.“

Video: Echtzeit-Quantensimulation der Umwandlung von Licht in Strom in einer organischen Solarzelle aus einer Polymerkette und einem Fullerenmolekül. Das Video dauert etwa 100 fs und zeigt die wellenförmige Oszillation von Elektronen zwischen Polymer und Fulleren, nachdem Licht zur Zeit 0 absorbiert wird. Die rote Kurve zeigt an, welcher Bruchteil der Ladung sich auf dem Fullerenmolekül befindet. (Animation: C. A. Rozzi)

Ob die neuen Ergebnisse schnell zu verbesserten Solar­zellen führen, mögen die Wissenschaftler noch nicht voraussagen. „Aber die Ergebnisse liefern eindrucks­volle, neue Einblicke in einen der grundlegenden Prozesse der organischen Photo­voltaik. Wir konnten zeigen, dass anscheinend auch in organischen Zellen Phänomene auftreten, wie sie die Natur bei der Photosynthese hervorgebracht hat“, sagt Lienau.

Aktuelle Studien legten nahe, dass die Quanten­kohärenz für die Photo­synthese eine zentrale Rolle spielen dürfte. Die Forschungs­ergebnisse der deutschen und italienischen Wissen­schaftler liefern nun den Nachweis für ähnliche Phänomene bei der Funktion von Photovoltaik-Anlagen: „Ein konzeptioneller Fort­schritt, der in das Design künftiger künstlicher Licht­sammel­systeme und Solar­zellen einfließen wird“, ist sich Lienau sicher.

CvOU / energyviews.de

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