23.03.2016

Verschränkungstest für viele Teilchen

Neues Testverfahren eignet sich auch für große Teilchenensemble.

Innsbrucker Physiker haben eine neue Methode entwickelt, mit der relativ einfach ermittelt werden kann, ob Teilchen miteinander verschränkt sind. Diese Methode ist vor allem für den Nachweis von Quanten­verschränkung in großen Teilchen­systemen interessant und könnte helfen, Mess­verfahren präziser zu machen und Materie besser zu verstehen. Verschränkung stellt für die Entwicklung von Quanten­technologien eine entscheidende Ressource dar. Viele im Labor erforschte Quanten­anwendungen beruhen auf dieser Eigenschaft, durch die ein System aus mehreren Teilchen nicht mehr als Kombination unabhängiger Teilchen­zustände, sondern nur als gemeinsamer Zustand beschrieben werden kann.

Abb.: Mit der neuen Methode kann man relativ einfach ermitteln, ob Teilchen miteinander verschränkt sind. (Bild: IQOQI / Ritsch)

Quantenverschränkung ist allerdings nicht einfach nachzuweisen – vor allem, wenn viele Teilchen involviert sind. „Kleine Teilchen­ensemble können heute im Labor sehr genau kontrolliert werden, und damit lässt sich auch die Verschränkung relativ einfach bestimmen“, sagt der Innsbrucker Quanten­physiker Philipp Hauke. „Sind viele Teilchen miteinander verschränkt, wird eine solche Messung extrem aufwändig bis unmöglich, weil der Aufwand mit der Zahl der Teilchen exponentiell ansteigt.“ Philipp Hauke und Peter Zoller vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quanten­optik und Quanten­information (IQOQI) der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften haben nun gemeinsam mit Markus Heyl von der Technischen Universität München und Luca Tagliacozzo vom Institute of Photonic Sciences (ICFO) in Barcelona einen neuen Weg gefunden, wie gewisse Aspekte der Viel­teilchen­verschränkung bestimmt werden können – und dies unabhängig von der Größe des Systems und mittels Standard­mess­methoden.

„Bei komplexeren Systemen mussten bisher sehr, sehr viele Messungen durchgeführt werden, um ein Maß für die Verschränkung zwischen vielen Teilchen zu erhalten“, sagt Philipp Hauke. „Unsere Methode umgeht dieses Problem und kann selbst für die Bestimmung von Verschränkung in makro­skopischen Objekte angewendet werden, für die es bisher kaum Möglich­keiten gab.“ Die Wissenschaftler können dazu im Labor bereits etablierte Mess­verfahren verwenden. Dies haben die Theoretiker nun an mehreren Beispielen explizit gezeigt. So lässt sich die Verschränkung von vielen in einem optischen Gitter gefangenen Teilchen mittels Laser­spektro­skopie messen. Bei Festkörpern kann man dafür die ebenfalls seit langem etablierte Messung der Neutronen­streuung einsetzen. Aus den Mess­daten lässt sich nach der Innsbrucker Methode die Quanten-Fisher-Information ermitteln, die als verlässlicher Indikator für die Verschränkung von Viel­teilchen­systemen gilt. Sie ergibt sich aus der Empfindlich­keit eines dynamischen Systems, die durch den Vergleich einzelner Messungen bestimmt werden kann. „Wenn ich zum Beispiel eine Probe durch ein zeitlich veränderliches Magnetfeld bewege, kann ich aus den Mess­daten ermitteln, wie empfindlich diese Probe auf das Magnet­feld reagiert und erhalte über unsere Methode dann ein Maß für die interne Verschränkung“, erklärt Philipp Hauke.

Quantenmetrologie, also auf quantenmechanischen Eigenschaften basierende Messmethoden, sind ein wichtiges Anwendungs­gebiet dieser Methode. Denn nun lassen sich die Quanten­eigen­schaften makro­skopischer Mess­sonden einfacher charakterisieren. Aber auch für Quanten­simulationen, mit der Quanten­eigenschaften in physikalischen Systemen nachgebildet werden, ist Verschränkung eine zentrale Ressource. Auch hier eröffnet das Innsbrucker Verfahren neue Perspektiven. Und in der Fest­körper­physik könnte es dazu dienen, die Rolle quanten­mechanischer Verschränkung bei komplexen Phasen­übergängen zu untersuchen.

U. Innsbruck / DE

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