07.02.2013

Wasser bleibt symmetrisch

Wissenschaftler bestätigen das traditionelle Tetraeder-Modell von flüssigem Wasser.

Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben das ursprüngliche Modell über die Molekülbindung bei Wasser bestätigt und so den Weg gebahnt, damit die jahrelange wissenschaftliche Kontroverse über die Struktur von flüssigem Wasser beigelegt werden kann. Nach dem fast 100 Jahre alten Tetraeder-Modell geht jedes Wassermolekül mit vier naheliegenden Molekülen eine Wasserstoffbrückenbindung ein. Dieses Bild war 2004 ins Wanken geraten, als eine internationale Forschergruppe experimentell festgestellt hatte, dass ein Wassermolekül jeweils nur mit zwei anderen Molekülen verbunden ist. „Diese Messungen waren exzellent, aber sie zeigen nur eine Momentaufnahme“, sagt Thomas Kühne von der Universität Mainz . Er widerlegt die These der „Zweifachkoordinierung“ anhand von Computersimulationen, die auf einer neuartigen Kombination von zwei in seiner Gruppe kürzlich entwickelten Rechenmethoden beruhen.

Abb.: Modell eines symmetrischen, vierfach koordinierten Wassermoleküls (Sauerstoff rot und Wasserstoff weiß). (Bild: T. D. Kühne)

Einige ganz besondere und einzigartige Eigenschaften von Wasser, wie der flüssige Aggregatzustand oder der hohe Siedepunkt, gehen auf die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Wassermolekülen zurück. Die H-Brücken entstehen infolge der unterschiedlichen Ladung von Sauerstoff- und Wasserstoff-Atomen, aus denen ein Wassermolekül besteht, und der resultierenden Dipolstruktur. Die traditionelle Sicht ging von einer tetraedrischen Struktur von Wasser bei Raumtemperatur aus: Im Durchschnitt ist ein Wassermolekül mit den vier nächstliegenden Molekülen über zwei Donor- und zwei Akzeptorverbindungen gekoppelt. „Wir als Theoretiker haben in unseren Berechnungen im zeitlichen Mittel immer nur eine Vierfachkoordinierung beobachten können“, sagt Kühne. Dank der neuen Simulationen können er und sein Kollege Rustam Khaliullin nun das alte Modell bestätigen und darüber hinaus eine Erklärung für die 2004 gemessenen Zweifachbindungen liefern – diese seien nämlich keine Zweifachkoordinierung, sondern eine extreme augenblickliche Asymmetrie.

Die vier Wasserstoffbrücken im Tetraedermodell sind demnach hinsichtlich der Stärke der H-Brücken stark asymmetrisch. Dies geht auf kleine momentane Störungen in dem Wasserstoffbrücken-Netzwerk zurück, die sich in Form von extrem schnellen Fluktuationen – sie ereignen sich auf einer Zeitskala von 100 bis 200 Femtosekunden – zeigen. Dadurch wird eine der beiden Donor- bzw. Akzeptorverbindungen kurzfristig wesentlich stärker als die andere. Diese Fluktuationen heben sich jedoch exakt auf, sodass im zeitlichen Mittel eine tetraedrische Struktur wiedererlangt wird.

JGU Mainz / AH

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