19.01.2012

Weltweit längstes Supraleiterkabel

RWE Deutschland, Nexans und KIT wollen die technische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit von Supraleitern bei der Spannungsversorgung in Innenstädten aufzeigen.

Der RWE-Konzern, Nexans und KIT werden im Rahmen des "Ampacity"-Projekts bald ein etwa einen Kilometer langes Hochspannungskabel zwischen zwei Umspannstationen der Ruhrgebietsstadt Essen durch eine moderne Supraleiterlösung ersetzen. Das wäre die längste Installation eines Supraleiterkabels weltweit. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht im Rahmen des Projektes geeignete Supraleitermaterialien und Isolierstoffe.

Abb.: Komplexe Supraleiterkabel leiten große Ströme mit sehr geringen Verlusten. Ihren Aufbau optimieren Nexans und KIT für die jeweiligen Anforderungen. (Bild: Nexans)

Das dreiphasige, konzentrisch aufgebaute 10-Kilovolt-Kabel ist für 40 Megawatt Übertragungsleistung ausgelegt. Erstmalig vorgesehen ist außerdem die Kombination eines Supraleiterkabels mit einem resistiven supraleitenden Strombegrenzer als Überlastschutz; das Gerät wird bei Nexans SuperConductors in Hürth gefertigt.

Das Projekt könnte der Auftakt zur Umstrukturierung eines innerstädtischen Netzes in ganz neuen Dimensionen sein: Nach erfolgreichem Abschluss eines zweijährigen Feldtests wäre es denkbar, das Rückgrat des Essener Verteilnetzes weitgehend auf 10-Kilovolt-Supraleiter umzustellen und von Hochspannungsanlagen zu befreien. Das würde mittelfristig zu mehr Effizienz sowie niedrigeren Betriebs- und Instandhaltungskosten bei gleichzeitig geringerem Flächenverbrauch führen, so die Kollaboration. In der Innenstadt würden wertvolle Grundstücke frei, denn etliche 110/10-Kilovolt-Umspannstationen könnten rückgebaut werden. Das Ampacity-Projekt wird vom Energieforschungsreferat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Die Gesamtkosten des belaufen sich auf rund 13 Millionen Euro, einschließlich der Förderung durch den Bund in Höhe von rund 3,4 Millionen Euro.

Dem Projekt ging eine ausführliche Studie voraus. In ihr haben Forschungseinrichtungen unter Federführung des Karlsruher Institut für Technologie zusammen mit den Projektpartnern Nexans und RWE die technische Machbarkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Supraleiterlösung auf Mittelspannungsebene analysiert.
Supraleiterkabel sind laut der Studie die einzig sinnvolle Möglichkeit, den Ausbau städtischer Netze mit Hochspannungskabeln zu vermeiden und die ressourcen- sowie flächenintensiven Umspannstationen zurückzubauen. Zwar wäre die Übertragung hoher Leistungen in Innenstädten auch mit Kupfer-Mittelspannungskabeln möglich, der Kosteneffizienz dieser Lösung stehen jedoch sehr viel höhere ohmsche Verluste gegenüber. Im Essener Beispiel läge mit konventionellen Mittelspannungskabeln auch ein größerer Trassenbedarf vor: Statt eines einzigen 10-Kilovolt-Supraleiterkabels müssten fünf Kupferkabel parallel verlegt werden – bei dem ohnehin knappen Platz unter städtischen Straßen ist das schwierig.

Die modernen Hochtemperatur-Supraleiter (Kühlung mit flüssigem Stickstoff), wie sie bei Ampacity zur Anwendung kommen, besitzen seit einigen Jahren die Reife für energietechnische Anwendungen, sie wurden aber bisher noch nicht im großen Stil eingesetzt. Aufgrund verbesserter Produktionsverfahren stehen die Supraleiterdrähte erst jetzt in ausreichenden Längen und Mengen zur Verfügung. Experten rechnen damit, dass die innovativen Kabel bei energieintensiven Anwendungen in wenigen Jahren mit Kupfer konkurrieren können. Vom BMWi werden supraleitende Betriebsmittel als wesentlicher Baustein des zukünftigen Energieversorgungskonzeptes gesehen.

Die technische Überlegenheit der Supraleiterkabel resultiert aus den Materialeigenschaften: bei einer Temperatur von etwa minus 180 Grad Celsius werden sie zu einem quasi idealen elektrischen Leiter, der mindestens Hundert Mal mehr Strom transportieren kann als Kupfer. Trotz des Kühlmantels gelingt es mit dem Supraleiterkabel, dank seines kompakten Aufbaus, die fünffache Strommenge eines gleich großen Kupferkabels zu transportieren – und das bei geringeren elektrischen Verlusten.

kes / PH

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