27.05.2014

Wenns rüttelt und rumpelt

EU-Projekt WIBRATE entwickelt Sensoren zur Messung von schädlichen Vibrationen.

Jeder fürchtet den Moment, wenn das eigene Fahrzeug aus unerfindlichem Grund anfängt zu rumpeln oder zu rattern oder das Flugzeug beim Starten oder Landen ins Rütteln kommt. Vibrationen treten bei allen Geräten und Maschinen, in Gebäuden und Infrastrukturen auf. Das Phänomen verursacht Abnutzung und führt oft zum Ausfall oder Schäden an Ausrüstungen oder Strukturen. Doch wie entstehen solche Vibrationen? Und wie lassen sie sich verhindern? Das EU-finanzierte Projekt WIBRATE entwickelt Sensorsysteme zur Erfassung von Vibrationsdaten.

Abb.: Intelligente Sensoren registrieren Vibrationen im Schienenverkehr. (Bild: Shutterstock)

Die Forscher von WIBRATE stellten nun eine innovative Technologie vor, um Vibrationen in zahlreichen Anwendungen zu detektieren und zu analysieren. Sie besteht aus einer vom Stromkreis unabhängigen drahtlosen Vibrationskontroll- und Überwachungsplattform, die in nur wenigen Minuten in Züge, Gebäude und Energieanlagen wie petrochemische Fabriken sowie in Werkmaschinen eingebaut werden kann. Außerdem, so hofft man, wird die Technologie Wartungskosten und Unfallraten bei vielen Alltagsaktivitäten erheblich reduzieren.

WIBRATE ist ein Dreijahresprojekt, das mit 2,85 Millionen Euro aus dem RP7 finanziert wird. Das Sensorsystem, das sich selbst anhand der gesammelten Vibrationsenergie versorgt, hat ein Konsortium europäischer KMU und Forschungszentren unter Leitung der Universität Twente in den Niederlanden entwickelt. Bereits nach weniger als zwei Jahren Projektarbeit erhielt das WIBRATE-Konsortium einen seiner ersten industriellen Aufträge für das Sensorsystem von Southeastern Railways im Vereinigten Königreich. Dadurch konnten die Forscher den Prototyp erweitern und in ein Produkt umwandeln.

Southeastern Railways installierte die Sensoren in mehreren Zügen und stellte fest, dass sie hervorragend funktionieren: Sie reduzieren erheblich die Betriebs- und Wartungskosten und verbessern die Sicherheit, indem sie mögliche Störungen rechtzeitig anzeigen. Jetzt, so Southeastern Railways, werden der Einsatz des Systems optimiert und Zugausfälle aufgrund von Störungen für die Passagiere erheblich reduziert.

Die Sensorsysteme überwachen die Abnutzung von Lagern, Rädern und Achsen der Züge und hoffentlich bald auch der Schienen, so die Projektpartner. Da sie drahtlos und selbstversorgend sind, können die Sensoren schnell und ohne komplexe Umrüstung von Verschaltungen oder Batterien eingebaut werden. Die intelligenten Sensoren sammeln Vibrationsdaten, während der Zug fährt. Softwarealgorithmen auf den intelligenten Sensoren prüfen Anzeichen auf Verschleiß und schicken die Ergebnisse über Funk an die zentrale Datenbank. Auf diese Weise erhält der Betreiber in Echtzeit Informationen über den Zustand der Züge.

„Die Technologie ist für europäische Bahnunternehmen in verschiedenen Ländern attraktiv, etwa in Schweden, Italien, Spanien, Irland und Deutschland“, sagte Projektkoordinator Paul Havinga von der Universität Twente. Andere Partner von WIBRATE sind die Schweizer Universität Universita Della Svizzera Italiana, das Forschungszentrum von FIAT in Italien, der IT-Gigant Honeywell (Indien), das führende Mechatronikunternehmen LMS International (Belgien) und die KMU des Projekts: Inertia Technology (Niederlande) und Perpetuum (Vereinigtes Königreich), das den Vertrag mit Southeastern Railways abschloss.

Für die Technologie eröffnen sich vielfältigste Anwendungsmöglichkeiten: „Man stelle sich etwa eine Fabrik vor, in der Maschinen mit intelligenten Sensoren ausgestattet sind, die kommende Störungen durch die Überwachung von Vibrationen entdecken“, erklärt Havinga. „Die Sensoren können mit einem Minimum an Aufwand und Kosten installiert werden. Sie bilden ein sofort einsatzfähiges intelligentes Netzwerk, das die Geräte ständig überwacht und damit den arbeitsintensiven Prozess regelmäßiger Prüfungen hinfällig macht.“

Die Projektpartner wollen ihre Ergebnisse zügig auf dem globalen Markt für Überwachung und Steuerung etablieren, der einen starken Wirtschaftsfaktor darstellt und in der EU 750.000 Arbeitsplätze bereitstellt. Bis 2020 sollen die Umsätze aus Überwachung und Steuerung auf 143 Milliarden Euro steigen,was doppelt so viel ist wie im Bereich Smartphones.

Eur. Comm. / DE

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