15.12.2003

Zehntausende gegen Bildungsabbau

In Berlin, Leipzig und Frankfurt am Main sind mindestens 50.000 Studenten auf die Straße gegangen.

Berlin (dpa) - Im Protest gegen Bildungs- und Sozialabbau sind am Samstag in Berlin, Leipzig und Frankfurt/Main mindestens 50.000 Studenten auf die Straße gegangen. Allein in Berlin demonstrierten nach Polizei-Angaben rund 30.000 Menschen trotz Regens und Kälte, die Veranstalter sprachen sogar von mehr als 50.000 Teilnehmern in der Hauptstadt. Die Proteste richteten sich gegen Einsparungen in den Hochschuletats, gegen überfüllte Hörsäle und die in einigen Bundesländern angestrebte Einführung von Studiengebühren.

In Berlin, wo Studenten an drei Universitäten seit Wochen Vorlesungen boykottieren, schlossen sich dem fantasievoll gestalteten Protestzug auch Schüler sowie Anhänger von Sozialverbänden und Gewerkschaften an. Es gab keine Zwischenfälle.

In Leipzig protestierten laut Polizei rund 15 000 Studenten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordbayern unter dem Motto «Ihr nehmt uns unsere Zukunft!», laut Veranstalter waren es 20.000. In Frankfurt zählte die Polizei 5000 Demonstranten, die Veranstalter schätzten die Zahl auf 10.000. Ihren Unmut brachten sie mit Trillerpfeifen und Trommeln lautstark zum Ausdruck. Auf Transparenten warnten sie: «Wer Bildung kürzt, wird Dummheit ernten».

Der studentische Dachverband «fzs» zeigte sich mit der Resonanz zufrieden. Über die Form künftiger Proteste soll ein bundesweites Treffen zu Jahresbeginn 2004 entscheiden, sagte Sprecherin Astrid Marxen der dpa.

Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) verteidigte im DeutschlandRadio Berlin seine Studiengebührenpläne. Er wünsche sich, dass der Student künftig eine Art Kunde oder Aktionär an der Hochschule wird, der einzahlt, aber auch «eine Rendite erwarten darf und sie auch einzwingt». Der Minister: «Es geht nicht darum, das Problem zu lösen, wie man die Hochschule finanziert, sondern darum, dass wir ein anderes Verhältnis an den Hochschulen schaffen.» Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wies im Deutschlandfunk auf «Effizienz-Reserven an den Hochschulen» hin und betonte «an die Adresse der Studentinnen und Studenten», diese müssten «Schulden, die wir heute haben, (...) morgen und übermorgen abtragen».

Nach dem Hochschulrahmengesetz (HRG) sind Studiengebühren für das Erststudium bis zu einer bestimmten Semesterzahl bundesweit untersagt. Sechs unionsgeführte Bundesländer klagen derzeit in Karlsruhe gegen das Verbot, dass von SPD und Grünen erst 2001 in das Gesetz aufgenommen worden war.

In Frankfurt sagte der Sprecher des «Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren» (ABS), Klemens Himpele, die öffentlichen Kassen seien nicht «wegen der Studierenden oder Arbeitslosen leer, sondern wegen einer verfehlten Unternehmens- und Einkommensteuerpolitik der Bundesregierung». Die Studenten sollten jetzt die Zeche für weitere Steuersenkungen bezahlen. «Geld ist genug da, es ist nur in den falschen Taschen.» Die Demonstrationen bildeten «erst den Auftakt für eine breit angelegte Debatte über die derzeitige Bildungspolitik in Deutschland», sagte Himpele.

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