Zehrende Beziehungen der Kolosse
Turbulente Partnerschaft unter Riesensternen: vollkommene Verschmelzung oder aufreibendes Ende.
Die schwersten Sterne im Universum drehen nicht so ruhige Bahnen, wie bislang gedacht. Weil sie sehr eng an Nachbarsterne herankommen, saugen sie ihren Begleitern wie ein Vampir Materie ab oder verschmelzen zu noch größeren Sternkolossen. Und dies häufiger als bislang angenommen: Mehr als zwei Drittel umkreisen eine Partnersonne.
Abb.: Die schwersten Sterne im Universum drehen nicht so ruhige Bahnen, wie bislang gedacht. Weil sie sehr eng an Nachbarsterne herankommen, saugen sie ihren Begleitern wie ein Vampir Materie ab. (Bild: ESO, L. Calçada / S. E. de Mink)
„Die Bahnen, auf denen sich die Sterne umkreisen, verlaufen sehr eng, so dass die Gemeinschaft dieser Sterne turbulent und bei weitem nicht so ruhig wie bisher angenommen verläuft“, sagt Norbert Langer von der Bonner Universität. Das zeigt eine aktuelle Studie über das Leben von Sternriesen, an der auf deutscher Seite drei Wissenschaftler des Argelander-Instituts für Astronomie mitgewirkt haben.
Astronomen werteten dazu mehr als zehn Jahre Beobachtungen aus, die sie an einem der größten Teleskope der Welt, dem Very Large Telescope (VLT) in der chilenischen Atacamawüste, durchgeführt hatten. „Die neuen spektakulären Forschungsergebnisse konnten nur auf Grund einer der umfangreichsten Beobachtungskampagnen auf diesem Gebiet erzielt werden“, sagt Langers Kollege Robert Izzard. Insgesamt 71 Sternriesen in sechs galaktischen jungen Sternhaufen wurden dafür jahrelang verfolgt. Durch diese engmaschigen Beobachtungen bestimmten die Forscher die Bahnen von über drei Viertel der unter ihnen entdeckten Doppelsterne, wobei sie eine einzigartige Genauigkeit erzielten. „Die aktuelle Studie zeigt, dass die große Mehrheit aller Sternriesen ihr Leben mit einem Partner verbringt“, sagt Fabian Schneider, der dritte beteiligte Bonner Wissenschaftler. Im Laufe der Zeit verschmelzen ungefähr ein Drittel dieser Sternsysteme mit ihrem Begleiter, während die anderen zwei Drittel Materie an ihren Partner übertragen.
Abb.: Statistik der Riesensterne – 29 Prozent fürhren ein Leben als Single, 33 Prozent saugen ihren Partner aus, 14 Prozent bilden eine gemeinsame Hülle aus und 24 Prozent verschmelzen komplett. (Bild: Sana et al. / AAAS)
Sternriesen der Spektralklasse O sind die heißesten, hellsten und kurzlebigsten Sterne im Universum. Sie sind anfangs mehr als 15 Mal so schwer wie unsere Sonne. Das Ende ihres Lebens markieren spektakuläre Supernova-Explosionen oder Gammastrahlenausbrüche. Dabei erzeugen sie einen großen Teil aller schweren Elemente im Universum. „Die neuen Einblicke in das Leben der Sternschwergewichte haben direkte Auswirkungen auf das Verständnis der Endstadien der massereichsten Sterne“, meint Langer. Wegen der gewaltigen Explosionen am Ende des Sternlebens lassen sie sich nahezu im ganzen Universum beobachten.
U. Bonn / OD