Zeit gewinnen durch Atomkraft?
Der Frankfurter Klimaforscher Christian Schönwiese hat sich für vorübergehend längere Laufzeiten von Atomkraftwerken ausgesprochen, bis andere Energieträger ausreichend weit entwickelt sind.
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Frankfurt/Main (dpa) - Der Frankfurter Klimaforscher Christian Schönwiese hat sich für vorübergehend längere Laufzeiten von Atomkraftwerken ausgesprochen. «Atomkraft ist nicht die Lösung des Klima-Übels - aber sie sollte als "Brückentechnologie" helfen, bis die anderen Energieträger so weit entwickelt sind, dass man sie im großen Stil einsetzen kann», sagte Schönwiese in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Wir müssen schon auf die regenerativen Energieträger setzen, aber die technischen Entwicklungen dauern eben.» Schönwiese leitete zwei Jahrzehnte lang die Arbeitsgruppe Klimaforschung des Instituts für Atmosphäre und Umwelt (IAU) der Frankfurter Goethe-Universität. Inzwischen ist er emeritiert.
Von der Weltklimakonferenz in Bali erwartet Schönwiese, «dass zumindest ein Zeitplan aufgestellt wird, der darauf hinausläuft, dass man das Kyoto-Protokoll verschärft.» Aus wissenschaftlicher Sicht sei das damals vereinbarte Ziel - 5 Prozent weniger Treibhausgas-Ausstoß für Industrieländer bis 2012 - viel zu wenig. Nötig seien künftig mindestens 50 Prozent. «Ich erwarte nicht, dass in Bali neue Zahlen auf den Tisch kommen, aber ich erhoffe, dass ein Zeitplan aufgestellt wird, um zu verhandeln, was konkret an Verschärfung anvisiert werden kann.»
«In Deutschland sehe ich das Problem, dass immer mehr Kohlekraftwerke entstehen und das ist aus Klimasicht genau das Falsche», sagte Schönwiese, der auch im Arbeitskreis Energie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft mitarbeitet. Das von den hessischen Grünen vorgelegte Energie-Konzept findet Schönwiese nicht realistisch. Danach soll die Stromversorgung des Bundeslandes vom Jahr 2028 an ohne Atom-, Gas- und Kohlekraftwerke auskommen. «Das ist gut gemeint, aber ich halte es für vollkommen unrealistisch.»
Gespräch: Sandra Trauner, dpa