19.07.2018

Zwei Messungen statt viele

Hochdimensional verschränkte Quantensysteme lassen sich mit nur zwei Messungen auslesen.

Die Vision einer vollständig abhörsicheren Übertragung von Information rückt dank der Verschränkung von Quanten­teilchen immer mehr in Reichweite. Wird eine mithilfe dieses quanten­physikalischen Phänomens verschlüsselte Botschaft übermittelt, müsste ein Lausch­angriff nicht nur den Übertragungs­kanal selber knacken, sondern auch die Gesetze der Physik umgehen, die dafür sorgen, dass jeder Abhör­versuch aufgrund der Verschränkung der Teilchen bei Absender und Empfänger der Botschaft sofort fest­zustellen ist. Gerade in den letzten Jahren konnte die Forschung im Bereich dieser sicheren Quanten­kommunikation große Fortschritte erzielen. So gelang es insbesondere, mithilfe der mehr­dimensionalen Verschränkung von Quanten­teilchen deutlich größere Mengen an Information zu kodieren als dies in der Vergangen­heit möglich war.

Abb.: Zwei Messeinstellungen mit einer speziellen mathematischen Eigenschaft können unerwartet viel über die Verschränkung von Quanten­systemen aussagen. (Bild: IQOQI Wien / H. Ritsch)

Für eine Praxistauglichkeit dieser Technologie sind allerdings noch einige Hürden zu überwinden. Eine davon betrifft das Fehlen effizienter Mess­methoden, die für den Nachweis einer mehr­dimensionalen Verschränkung zwischen Quanten­teilchen erforderlich sind: Je mehr Informationen mit Quanten­teilchen transportiert werden können, desto mehr Messungen sind dadurch notwendig, was den praktischen Nutzen von hoch­dimensionaler Verschränkung bisher stark einschränkt.

Einen Ausweg aus dieser Situation konnten nun Forscher des Instituts für Quanten­optik und Quanten­information (IQOQI) Wien der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) rund um Marcus Huber aufzeigen. Das inter­disziplinäre Team aus Forscher aus der theoretischen Physik, Experimental­physik, Mathematik und Computer­wissenschaften entwickelte eine neue Methode für den effizienten Nach­weis von hoch­dimensionaler Quanten­verschränkung und konnte diese erfolgreich in Experimenten bestätigen.

Zunächst näherten sich die Wissenschaftler der Problematik aus mathematischer Perspektive an. Auf Basis paarweise komplementärer Messungen gelang es ihnen, die Anzahl der für einen Nachweis einer hoch­dimensionalen Verschränkung erforderlichen Messungen drastisch zu reduzieren: Während jede einzelne konventionelle Messung an einem Quanten­system oft nur ein Ja oder Nein ergibt, sind auch Messungen möglich, die deutlich mehr Antworten liefern. Doch selbst mit solchen Messungen müsste man immer umso mehr Fragen stellen, je mehr Dimensionen involviert sind.

Die Forscher identifizierten daher eine mathematische Eigenschaft von zwei speziellen Mess­einstellungen. Mit diesen war es ihnen dann möglich, eine Vielzahl an Antworten zu erhalten, die wiederum das Vorliegen einer Verschränkung eindeutig bestimmen können. „Wir konnten mit bloß zwei Fragen die Antwort auf alle möglichen Fragen über den Zustand von Quanten­teilchen finden”, verdeutlicht Gruppen­leiter Marcus Huber.

Den experimentellen Nachweis dieses Konzepts trat das Team dann im Labor des IQOQI Wien der ÖAW an. Dafür griff der Experimental­physiker Mehul Malik auf Licht­teilchen zurück, die über ihren Dreh­impuls hoch­dimensional verschränkt waren. Diese Photonen wurden der neu­artigen Messung unter­zogen und die Wissenschaftler konnten mit den dabei erhaltenen Daten die hoch­dimensionale Verschränkung bestätigen. Der Clou: „Während man für ein derartiges Experiment zum Nach­weis der hoch­dimensionalen Verschränkung bisher hunderte bis tausende Mess-Einstellungen brauchte, kamen wir mit gerade einmal zwei aus“, so Quanten­physikerin Jessica Bavaresco.

Der Vorteil der neuen Mess­methode liegt nicht nur in der drastisch erhöhten Effizienz. Sie erweist sich zugleich als robust gegenüber Störungen und als wesentlich sicherer als bisherige Methoden, die stets Annahmen über das zu messende System treffen mussten. In Summe eröffnet das neue Mess-Konzept, so sind die Forscher überzeugt, eine Vielzahl von Anwendungen, die künftige Forschungen an hoch­dimensionalen Quanten­leitungen massiv vereinfachen können.

ÖAW / DE

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