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• 9/2024 • Seite 43 • DPG-MitgliederDie Physik lebender Systeme
Physikalische Prinzipien und emergente Phänomene
Die physikalischen Eigenschaften biologischer Zellen oder zellähnlicher Systeme zu erforschen, gehört zu den spannendsten Herausforderungen der Wissenschaft. Die enorme Komplexität lebender Systeme erfordert neue theoretische Konzepte und Ansätze und birgt gleichzeitig eine Fülle faszinierender emergenter Phänomene und Gesetzmäßigkeiten, die es zu entdecken und zu verstehen gilt.
Die Physik lebender Systeme will die fundamentalen Prinzipien zellulärer Funktionen mithilfe physikalischer Ansätze entschlüsseln. Dabei werden zwei komplementäre Ansätze verfolgt. Der eine untersucht biologische Systeme als Ganzes mit phänomenologischen Methoden; der andere beschränkt sich auf minimale Systeme mit wenigen Komponenten. Gemäß Einsteins Motto „Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher“ versucht letzterer, biologische Prozesse auf ihren Kern zu reduzieren. Dies ermöglicht es, die biologische Komplexität durch eine Kombination aus experimenteller und theoretischer Analyse zu entwirren und zu verstehen. Dabei ergeben sich mehrere Fragen: Wie weitreichend ist ein solcher reduktionistischer und minimalistischer Ansatz? Auf welcher Ebene erlaubt er es, die physikalischen Prinzipien hinter den komplexen zellulären Funktionalitäten zu verstehen? Ermöglicht dieses Wissen die Entwicklung von Systemen mit lebensähnlichen Eigenschaften oder sogar von künstlichen Zellen? (...)
1/2024 • Seite 53Physik-Preise 2024
Laudationes auf die Preisträgerinnen und Preisträger der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
• 12/2020 • Seite 42 • DPG-MitgliederDie Physik dynamischer Tropfen
In lebenden Zellen spielen dynamische Tropfen eine wichtige Rolle, um biochemische Prozesse zu organisieren.
Zellen führen biochemische Prozesse aus, um zentrale Abläufe wie die Zellteilung zu realisieren. Bei der dafür erforderlichen raumzeitlichen Organisation der zellulären Prozesse kommt den Organellen eine wichtige Rolle zu. Organellen wie die Mitochondrien oder der Zellkern sind durch Membranen von ihrer Umgebung getrennt. Diese ermöglichen es ihnen, in ihrem Inneren geeignete biochemische Bedingungen für biologische Prozesse zu erzeugen. Doch es gibt auch membranlose Organellen. Wie bewahren diese ihre chemische Identität? Hierbei kommt die Koexistenz proteinreicher, flüssiger Phasen ins Spiel. Ausgehend von der Physik der Phasenseparation ist ein tieferes Verständnis der Dynamik und raumzeitlichen Organisation biochemischer Prozesse möglich.
Lebende Zellen lassen sich als außerordentlich komplexe Form von weicher, kondensierter Materie auffassen. Wie sie ihr Inneres räumlich und zeitlich organisieren, ist eine zentrale Frage der Biologie und der Biophysik. So gilt es beispielsweise aufzudecken, wie Zellen sich teilen, über biochemische Signale miteinander kommunizieren oder ihren Metabolismus regulieren. Or-ganellen wie die Mitochondrien und der Zellkern sind als die Organe der Zelle dafür verantwortlich, grundlegende Zellfunktionen und wichtige biochemische Prozesse zu realisieren. Zum Beispiel entstehen in den Mitochondrien große Mengen an Adenosintriphosphat (ATP) – ein Zelltreibstoff für viele biochemische Reaktionen und zelluläre Transportprozesse. Mitochondrien besitzen eine Membran, mit deren Hilfe sie sich vom Zytoplasma abgrenzen und ihren spezifischen biochemischen Charakter bewahren.
Aber es gibt auch Organellen ohne Membran. Vor etwa zehn Jahren gelang es zu zeigen, dass membranlose Organellen proteinreiche tropfenähnliche Objekte sind, die mit dem umgebenden Zytoplasma koexistieren, genau wie phasengetrennte Flüssigkeiten. Aus dieser Erkenntnis entstand ein dynamisches und interdisziplinäres Forschungs-feld an der Schnittstelle von Zellbiologie und Biophysik. Phasengetrennte Organellen erlauben es der Zelle, Biomoleküle in Raum und Zeit zu organisieren. Membranlose Zellorganellen ähneln flüssigen Tropfen in einer entmischten Flüssigkeit, zum Beispiel Essig und Öl in einer Vinaigrette. (...)
• 10/2018 • Seite 22Ordnung aus Unordnung
Neue Experimente zeigen, dass Nichtgleichgewichts-Systeme eine Koexistenz selbstorganisierter Zustände mit unterschiedlicher Orientierungssymmetrie erlauben.
• 12/2013 • Seite 30Zuwachs für die Physik
Die Physik nimmt die DFG-Förderung erfolgreich in Anspruch.
In einem Meinungsbeitrag hat Erwin Frey kürzlich die Probleme der Fachkollegien der Deutschen Forschungsgemeinschaft geschildert, bei zunehmendem Antragsdruck und begrenzten Mitteln die richtigen Förderentscheidungen zu treffen. Im Sinne der Transparenz sollen im Folgenden einige konkrete Zahlen die Entwicklung der Physikförderung in den letzten Jahren verdeutlichen.
Die DFG ist der zentrale Ansprechpartner für die Förderung der Grundlagenforschung an den deutschen Universitäten quer über alle Fächer. In der Gesamtsicht war die Physik 2012 mit einer Fördersumme von etwa 168 Millionen Euro (alle Angaben ohne Programmpauschale) der stärkste der vier naturwissenschaftlichen Bereiche (Physik, Chemie, Mathematik und Geowissenschaften). Diese Summe entspricht etwa zehn Prozent des Gesamtfördervolumens für Einzelförderung und koordinierte Programme (ohne Exzellenzinitiative), ein Anteil, der seit vielen Jahren relativ konstant ist.
Die Physik nutzt das gesamte DFG-Programmportfolio sehr aktiv. In koordinierten Programmen wie Sonderforschungsbereichen und zunehmend auch bei Graduiertenkollegs ist die Physik überdurchschnittlich aktiv. Zurzeit fördert die DFG mit Schwerpunkt in der Physik 36 Sonderforschungsbereiche bzw. Transregios und 19 Graduiertenkollegs, an weiteren ist die Physik beteiligt. Damit wirbt die Physik 48 Prozent ihrer Mittel über diese koordinierten Programme ein, der Fächer-Durchschnitt liegt bei 35 Prozent. Betrachtet man die Bewilligungssummen in der Physik von 2004 bis 2012, so zeigt sich insgesamt ein Zuwachs für jede Programmgruppe (Abb.).
Forschergruppen sind die „kleinste“, gleichzeitig aber auch flexibelste Form von koordinierten Programmen. Hier können sich die besten Köpfe in einem Themenfeld ohne strukturelle Vorgaben zusammenfinden, um gemeinsam die Forschungsinhalte voranzubringen. Forschergruppen werden aus dem Finanztopf für das Einzelverfahren gespeist. Wegen ihres besonderen Charakters und ihrer hohen Attraktivität sind sie in der Abbildung getrennt ausgewiesen. Im Entscheidungsprozess stehen sie in voller Konkurrenz des Einzelverfahrens. Die Fachkollegien müssen entscheiden, ob der durch die Zusammenarbeit zwischen den Teilprojekten zu erwartende wissenschaftliche Mehrwert es rechtfertigt, die notwendigen Mittel für die Laufzeit von sechs Jahren zu binden, denn die entsprechende Summe steht dann nicht mehr für andere Einzelprojekte zur Verfügung.
Für Schwerpunktprogramme legt der Senat der DFG jährlich ein Gesamtfinanzvolumen fest und entscheidet in diesem Rahmen über die Einrichtung neuer Schwerpunkte aus einer Vielzahl von Skizzen aus allen Wissenschaftsbereichen, die in freier Konkurrenz zueinander stehen, ohne Vorgaben zu Fächeranteilen. Auch in diesem Programm gelingt es der Physik regelmäßig, sich mit attraktiven Themen durchzusetzen, sodass über die letzten Jahre jeweils ein bis drei neue Programme eingerichtet wurden.
• 9/2013 • Seite 3Die Schmerzgrenze ist erreicht
Die Bewilligungsquote im Einzelverfahren der DFG liegt auf einem Rekordtief.
• 11/2012 • Seite 21Subtile Strömungen
In einem bakteriellen Modellsystem zeigen sich bei hoher Dichte kollektive Bewegungsmuster, die turbulenten Strömungen ähneln und als neue Klasse aktiver Turbulenz gelten können.
7/2012 • Seite 1Juli
Das Spektrum des Sterns Arktur im Sternbild Bärenhüter lässt sich wie die Zeilen eines Textes lesen. (vgl. S. 45; Bild: N. A. Sharp, NOAO/NSO/Kitt Peak FTS/AURA/NSF)
Frontiers in Biomolecular Simulation – Modeling Processes on a Large Scale
495. WE-Heraeus-Seminar
• 12/2011 • Seite 24Brownsche Bewegung in Farbe
Präzisionsmessungen mithilfe optischer Fallen an einzelnen Kolloiden weisen Korrelationen in den thermischen Kräften erstmals direkt nach.
Evolution unter dem Mikroskop
200 Jahre nach Darwins Geburt und 150 Jahre nach dem Erscheinen seines revolutionären Werkes „Die Entstehung der Arten“ wissen wir: Evolution ist weit mehr als eine interessante Theorie, sie ist unvermeidlicher Fakt. Doch die Implikationen der so einfachen wie fundamentalen Gesetzmäßigkeit von Mutation, Vererbung und Auslese bergen immense Komplexität und werfen noch viele offenen Fragen auf. An Einzellern lässt sich Evolution in Echtzeit studieren und, in Verbindung mit Konzepten der statistischen Physik, einige ihrer grundlegenden Mechanismen aufdecken.
Im Zickzack zwischen Physik und Biologie
Einsteins Interesse an statistischen Fluktuationen zieht sich als Leitmotiv durch seine Arbeiten. Aus seinen Ansätzen erwuchs eine unübersehbare Fülle an Forschungsgebieten, nicht nur innerhalb der Physik, sondern auch in anderen Disziplinen wie Biologie, Ökonomie oder Verkehrsforschung. Das Kapitel der Brownschen Bewegung umfasst noch viele ungeklärte Fragen. So fangen wir gerade erst an zu verstehen, in welchem Maße Fluktuationen die Prozesse des Lebens bestimmen.
Einleitung: Ein grenzgängerisches Genie
Vor hundert Jahren vollendete der gerade 26 Jahre alte Albert Einstein fünf Arbeiten, die das Weltbild der Physik revolutionierten. In kurzer Folge entstanden sein Artikel zur Lichtquantenhypothese, seine Dissertation zur Bestimmung der Molekulargröße, seine Theorie der Brownschen Bewegung und schließlich die Arbeiten zur Speziellen Relativitätstheorie und zur Äquivalenz von Masse und Energie. Dabei arbeitete Einstein keineswegs völlig losgelöst von den Wissenssystemen seiner Zeit, doch er bewies den Spürsinn eines Genies für die ungelösten Probleme in den Grenzbereichen zwischen Mechanik, Wärmelehre und Elektrodynamik.
