Dieser Detektor für Gammastrahlung, der AGATA-Demonstrator, besteht aus 15 Germanium-Kristallen (Mitte) und wird seit diesem Jahr bei der GSI eingesetzt. (vgl. S. 37)
Physik Journal 12 / 2012
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
High-Tech
Im Brennpunkt
Die (fast) perfekte Welle
Ein kalter Siliziumkristall liefert die monochromatischste Strahlung, die je erzeugt wurde.
Kernspinbad unter Kontrolle
Drei Arbeitsgruppen ist es gelungen, Kernspins in einer Entfernung von mehreren Nanometern vom NV-Zentrum in Diamant zu koppeln.
Nobelpreise
Zauberer im Quantenreich
Für ihre grundlegenden Experimente zu einzelnen Quantensystemen erhalten Serge Haroche und David Wineland den Physik-Nobelpreis 2012.
It is fair to state that we are not experimenting with single particles, any more than we can raise Ichthyosauria in the zoo – diese Worte von Erwin Schrödinger stammen aus dem Jahr 1952. Sechzig Jahre später erhalten David Wineland vom National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder, Colorado, USA, und Serge Haroche von der École Normal Supérieure (ENS) in Paris den Nobelpreis für ihre bahnbrechenden Experimente mit einzelnen Quantenteilchen. Eine theoretische Beschreibung dieser Experimente ist nicht schwer: Es genügt, Zwei-Niveau-Systeme, harmonische Oszillatoren und ihre Kopplung aneinander zu verstehen, also ausschließlich Bestandteile einer Anfängervorlesung in Quantenmechanik (Infokasten). Diese trügerisch simplen Elemente in einem Labor sauber herauszudestillieren und ihre Botschaften auf leicht ablesbaren Geräten anzuzeigen, erfordert dagegen einen Grad von Experimentierkunst, den Schrödinger schlicht für unmöglich gehalten hat. Aber genau das ist gelungen. Dave Wineland und Serge Haroche haben dazu entscheidend beigetragen.
Unweit des wunderschönen Jardin du Luxembourg und des Pantheon liegt in Paris ein Zentrum der französischen Physik, das Laboratoire Kastler-Brossel der ENS. Hier hat in der Tradition der Nobelpreisträger Alfred Kastler (1966) und Claude Cohen-Tannoudji (1997) auch Serge Haroche seine Experimente durchgeführt. Im Zentrum der bahnbrechenden Arbeiten aller dieser Forscher steht die Wechselwirkung von Licht mit Atomen. Aber erst Haroche ist es gelungen, die „experimentellen Methoden so weit zu entwickeln, um Quantensysteme zu manipulieren“, wie es in der Laudatio des Nobelkomitees heißt.
Serge Haroche wurde 1944 in Casablanca geboren und studierte in Paris an der ENS, die – ganz anders als die direkte Übersetzung ins Deutsche vermuten lässt – nach einem streng auf Leistung ausgelegten hochselektiven Auswahlverfahren nur die allerbesten Studierenden aufnimmt. Dort finden sie dann hervorragende Studienbedingungen vor. Haroche wurde 1971 in Paris promoviert, der Betreuer der Doktorarbeit war Claude Cohen-Tannoudji. ...
Überblick
Organisch geordnet
Strategien zur Herstellung funktionaler Strukturen organischer Moleküle auf dielektrischen Oberflächen
Nanostrukturen, die aus einzelnen Molekülen aufgebaut sind und maßgeschneiderte Eigenschaften sowie wohldefinierte Funktionen aufweisen, versprechen atemberaubende Möglichkeiten für die Elektronik. Besonders vielversprechend dafür ist die Selbstorganisation organischer Moleküle auf nichtleitenden Oberflächen, die aber auch mit besonderen Herausforderungen einhergeht.
In seiner legendären Rede „There’s plenty of room at the bottom“ erläuterte Richard Feynman 1959, dass die gezielte, schrittweise Erschaffung von Objekten aus einzelnen Atomen keine physikalischen Gesetzmäßigkeiten verletzt und somit grundsätzlich möglich sein sollte. So wie ein Haus nach dem Plan eines Architekten aus einzelnen Ziegeln errichtet wird, müssten sich auch Nanostrukturen Schritt für Schritt aus einzelnen Atomen oder Molekülen aufbauen lassen.
Die Möglichkeiten, die eine solche Nanoarchitektur bereit hält, sind atemberaubend: Eine komplett neue Elektronik mit Bauteilen aus einzelnen Molekülen ist ebenso denkbar wie neue Materialien, welche die unterschiedlichsten Vorteile (Härte, Leichtigkeit, Festigkeit, Hitzebeständigkeit etc.) in sich vereinen. Ebenso weitreichend sind aber auch die experimentellen Hürden, die es zu überwinden gilt. Selbst wenn das gelingt, eignet sich der Aufbau Atom für Atom kaum dazu, Systeme in großtechnischem Maßstab herzustellen. Es bietet sich daher an, die Moleküle für sich arbeiten zu lassen. Hierbei hilft das selbstorganisierende Verhalten von Molekülen auf Oberflächen.
Einzelne Moleküle können sich auf einer Oberfläche zu komplexen Netzwerken anordnen. Die Strukturvielfalt lässt sich hierbei durch die Wechselwirkungen steuern, die einerseits zwischen individuellen Molekülen und andererseits zwischen den Molekülen und dem Substrat auftreten. Durch die geschickte Wahl von Molekülgruppen und Oberflächencharakteristika sind Strukturen mit maßgeschneiderten Eigenschaften möglich. Die molekulare Selbstorganisation erscheint daher vielversprechend, um funktionale Strukturen gezielt zu erschaffen. Die potenziellen Anwendungen für diese Strukturen reichen von der einfachen Oberflächenbeschichtung über die Entwicklung neuer Sensoren für optoelektronische Bauteile bis hin zu komplexen elektronischen Schaltkreisen auf molekularer Skala. Dieser Artikel soll einen Überblick über die Bandbreite selbstorganisierter Strukturen auf nichtleitenden Oberflächen geben. Die vorgestellten Beispiele weisen die Machbarkeit nach und unterstreichen die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, die dieser Zweig der Oberflächenforschung mittlerweile eröffnet. ...
Einblick durch Gammaquanten
Die hochauflösende Gammaspektroskopie mit radioaktiven Teilchenstrahlen liefert vielfältige Erkenntnisse zu exotischen Atomkernen.
Nur zehn Prozent der bekannten Atomkerne sind so stabil, dass sie in der Natur vorkommen. Vom großen Rest der instabilen Kernen kennen wir dagegen viele Eigenschaften überhaupt nicht. Da die Nukleosynthese der heute vorzufindenden Kerne, die vermutlich unter anderem in Supernovae stattfindet, gerade über sehr neutronenreiche instabile Nuklide verläuft, gilt es, deren Eigenschaften zu verstehen. Dabei stellt sich auch die grundlegende Frage, ob das Ordnungsschema der Kerne mit „magischen“ Zahlen in diesem Gebiet der Nuklidkarte gilt.
Seit den Arbeiten zum Wasserstoffatom vor rund hundert Jahren liefert die Spektroskopie von angeregten Zuständen grundlegende Einsichten in den Aufbau atomarer und subatomarer Materie. Dies gilt bis hin zu den schwersten Quarksystemen, die sich in der Kern- und Hadronenphysik spektroskopisch untersuchen lassen. Während bei der Atomspektroskopie die Energie der Photonen, die beim Zerfall der angeregten Zustände emittiert werden, im Bereich von eV liegen, erstreckt sich die Energieskala in der Kern- und Hadronenphysik bis hin zu GeV, also in den Bereich der Gammastrahlung und darüber hinaus. Bei niedrigen Anregungsenergien ermöglicht es der Nachweis der γ-Strahlung, die vielen Facetten der mesoskopischen Atomkerne zu beleuchten, die in stabilen und einer deutlich größeren Zahl von instabilen Nukliden existieren. Die möglichen Anregungen spiegeln zum einen den Aufbau der Kerne aus einzelnen Nukleonen wider, zum anderen sind sie auf kollektives Verhalten des gesamten Kerns zurückzuführen. Aktuelle Forschungsziele bestehen darin, diese unterschiedlichen Aspekte im Rahmen einer quantenmechanischen Vielkörpertheorie konsistent zu beschreiben und die verschiedenen Kernmodelle zu vereinheitlichen.
Heute sind rund 3000 Nuklide bekannt, von denen nur rund zehn Prozent stabil oder langlebig sind und somit in der Natur vorkommen. Bei einer Vielzahl der bekannten instabilen Kerne wissen wir wenig über die Eigenschaften. Somit ist der Vergleich mit theoretischen Modellen als Funktion des Neutronen- bzw. Protonenüberschusses nicht möglich. Darüber hinaus sagt die Theorie viele weitere, noch unentdeckte Nuklide vorher. Ähnlich wie bei der Elektronenhülle der Atome gruppieren sich auch in Kernen die Orbitale, welche die Nukleonen besetzen können, in Schalen. Wenn eine Schale gefüllt ist, ist besonders viel Energie nötig, um ein Nukleon über den Schalenabschluss hinaus zur nächsten Schale anzuheben und somit den Kern anzuregen. Die Protonen- bzw. Neutronenzahlen, die vollen Schalen entsprechen, werden „magisch“ genannt. Ob dieses Ordnungsschema auch für die noch unentdeckten Nuklide gilt oder ob andere Schalenabschlüsse auftreten, ist unbekannt. Daher sind Extrapolationen entlang der bekannten magischen Zahlen wichtig. ...
Bildung - Beruf
Arbeitsmarkt für Physikerinnen und Physiker
Statistiken und Analysen für das Jahr 2012
Der Arbeitsmarkt für Physiker und Physikerinnen hat sich im Jahr 2012 weiterhin sehr gut entwickelt. Die Anzahl der Stellenmeldungen bei der Bundesagentur für Arbeit ist gegenüber dem Vorjahr erneut leicht gestiegen, und die Zahl der gemeldeten Arbeitssuchenden ist weiterhin auf niedrigem Niveau. Der schon in den letzten Jahren beobachtete Anstieg bei jungen Stellensuchenden hat sich weiter fortgesetzt.
Der Arbeitsmarkt für Physikerinnen und Physiker entspannt sich weiter aufgrund der immer noch sehr guten wirtschaftlichen Situation in Deutschland. Die Daten der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen für den Zeitraum zwischen Oktober 2011 und September 2012 erneut einen Anstieg der offenen gemeldeten Stellen, und zwar um etwa 2,5 Prozent. Dies ist aber nach über 20 Prozent Anstieg im letzten Jahr eine deutliche Verlangsamung und könnte zu einer Sättigung knapp unterhalb der Werte vor der Finanzkrise führen.
Die Zahlen sind hier nur relativ zu den Werten im Jahr 2006 angegeben. Dies liegt daran, dass nur ein sehr kleiner Teil der zu besetzenden Stellen, nämlich weniger als 10 Prozent, der BA überhaupt gemeldet wird und damit die Zahl der Stellen für Physiker in Wirklichkeit um ein Vielfaches höher ist als die Statistik ausweist. Die meisten Stellen werden über andere Rekrutierungskanäle besetzt und erscheinen daher nicht in der Statistik. Diese niedrige Meldequote bedeutet, dass es wohl einen ausgewogenen Markt für Physikerinnen und Physiker gibt und die Rekrutierung über Stellenanzeigen, Jobbörsen, Praktika oder Direktbewerbungen funktioniert. Erst wenn die Not der Unternehmen, Physiker zu finden, deutlich wächst, steigt die Meldequote an. Trotz aller statistischen Mängel folgt die Zahl der offenen Stellen der wirtschaftlichen Entwicklung und eignet sich daher als guter Indikator. ...