Diese ägyptische Wandmalerei enthält künstliche Farben, deren Herstellungsprozess sich erst mit modernen physikalischen Methoden entschlüsseln ließ. (vgl. S. 31, Bild: Ph. Martinez /LAMS )
Physik Journal 4 / 2013
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
High-Tech
Im Brennpunkt
An der Quelle der kosmischen Strahlung
Beobachtungen entlarven Stoßwellen von Supernova-Überresten als effiziente Teilchenbeschleuniger.
DPG
Kunst im Zentrum
Für das sanierte Physikzentrum Bad Honnef gibt es nun ein künstlerisches Konzept. Mitte Februar wurden die ersten Bilder präsentiert.
Forum
Physik in Südafrika
In Südafrika existiert eine vielfältige und lebendige Physik-Community.
Südafrika bringt man spontan sicherlich nicht mit Laserphysik in Verbindung. Doch strategische Investitionen in die Forschung und internationale Kooperationen haben Südafrika in der physikalischen Forschung – speziell im Bereich Optik und Photonik – gestärkt. Dies zieht immer mehr Wissenschaftler aus aller Welt in das Land der Guten Hoffnung.
Meinen ersten Kontakt mit Südafrika hatte ich 2004. Damals unterbrach ich mein Studium für ein Semester, um als Lehrer in Township-Schulen zu arbeiten, zunächst in Grahamstown im Südosten des Landes und später in Kapstadt. Dieser Einstieg vermittelte mir einen ungewöhnlichen und intensiven Zugang zur Regenbogennation und ihren Menschen, wie er sich Touristen wohl kaum eröffnen dürfte. Ich bewegte mich in einem Schmelztiegel der Kulturen, umgeben von der eindrucksvollen Natur der Kap-Region. Trotz aller aus den Medien bekannten Problemen mit Kriminalität, Armut und Korruption erlebte ich ein Land in Aufbruchsstimmung nach Jahrzehnten der Apartheid, mit unvorstellbar herzlichen und inspirierenden Menschen mit allen erdenklichen kulturellen, sozialen und religiösen Hintergründen. Als junger Student empfand ich dies als eine stimulierende Umgebung. Innerhalb weniger Monate fühlte ich mich dort zu Hause. In dieser Zeit lernte ich das Laser Research Institute (LRI) an der Universität Stellenbosch kennen und war beeindruckt von der familiären Atmosphäre des Instituts, den Forschungsprojekten und der Freiheit, die ich dort bereits als junger Student in der Forschung und Lehre bekam. Ich entschied mich zu bleiben, zunächst für meine Diplomarbeit und anschließend auch für die Doktorarbeit, um neue Aktivitäten im Bereich der nichtlinearen Faseroptik und Faserlaserentwicklung mitaufzubauen und später mitzuleiten.
Stellenbosch liegt am Fuße der Simonsberge etwa fünfzig Kilometer östlich von Kapstadt. Umgeben von mehreren hundert Weingütern bildet es das Zentrum des bekanntesten Weinanbaugebietes Südafrikas. Mit dem zentralen Campus der Universität hat Stellenbosch den Flair einer kleinen aber lebendigen Universitätsstadt. Ihr Erscheinungsbild ist auch heute noch durch die unverwechselbare holländische Kolonial-Architektur und großzügige Eichen-Alleen geprägt. Die Universität zählt zu den führenden Universitäten Afrikas und hat eines der stärksten Forschungsprogramme des Kontinents. In diesem Umfeld hat sich das LRI seit seiner Gründung im Jahr 2000 zu einer der beiden Hochburgen der Optik und Photonik und zu dem führenden Zentrum für Ultrakurzzeitphysik in Afrika entwickelt. Einer der Forschungsschwerpunkte liegt heute in der Untersuchung molekularer Dynamik mit Femtosekunden-Absorptionsspektroskopie. Eine Besonderheit am LRI ist die Integration von zeitaufgelöster Elektronenbeugung in das Spektroskopiesystem. Das ermöglicht die zeitaufgelöste Untersuchung von photoinduzierten Strukturänderungen und Phasenübergängen in kristallinen Dünnschichten. Mit dem System wird sowohl grundlagenorientierte als auch angewandte Forschung betrieben. Zu den aktuellen Projekten zählen die direkte Beobachtung von Ladungsdichtewellen und periodischen Gitterschwingungen in den hochkorrelierten Elektronensystemen der Übergangsmetalle, die Untersuchung des Ladungsträgertransports in Solarzellen oder hochaufgelöste Spektroskopie im Vakuum-Ultraviolett (VUV) mit einer eigens entwickelten durchstimmbaren schmalbandigen Lichtquelle. ...
Überblick
Röntgenblick auf Kunstwerke
Wie nicht-invasive physikalische Verfahren unsichtbare Spuren ans Licht bringen
Die kunsthistorische und archäologische Forschung kann meist nicht alle Fragen zu einem Objekt und seiner Geschichte beantworten. Vielmehr sind chemisch- physikalische Methoden nötig, um archäologischen Fundstücken oder alten Kunstwerken wertvolle Informationen über Techniken, Lebens- und Denkweisen früherer Kulturen zu entlocken.
Je weiter man in der Menschheitsgeschichte zurückgeht, umso rarer werden materielle Spuren und Hinterlassenschaften und umso zahlreicher die Fragen. Zu den ältesten Kunstwerken zählen die paläolithischen Felsmalereien der weltberühmten Höhle von Lascaux. Doch womit genau malten und zeichneten die frühen Menschen? Was verraten die verwendeten Materialien über ihre Kultur? Die Wissenschaft, die solche auf den ersten Blick unsichtbaren Aspekte sichtbar macht, heißt Archäometrie. Ihre Methoden u. a. aus Physik und Chemie kommen mehr und mehr zum Einsatz, um Kunstwerke und Kulturgüter zu erforschen, sie zu datieren oder auf ihre Authentizität zu prüfen, die verwendeten Materialien genau zu bestimmen oder Erkenntnise über Herstellungstechniken oder den Gebrauch von Objekten zu gewinnen. Ist die Herkunft der verwendeten Rohmaterialien bekannt, können Historiker daraus Rückschlüsse auf vorhandene Handelsbeziehungen ziehen.
Die naturwissenschaftliche Untersuchung von Kunstwerken und Kulturgütern begann Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Pigmentanalyse. Der deutsche Chemiker Friedrich Rathgen gründete 1888 mit dem „Chemischen Laboratorium der königlichen Museen zu Berlin“ das erste eigenständige Museumslabor. Die sich daraus entwickelnde Disziplin führte zu Untersuchungen einer großen Anzahl an Kunstobjekten mit den zur jeweiligen Zeit verfügbaren Analyseverfahren.
Besonders Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre öffneten weltweit chemisch-physikalische Museumslabore.
Die Palette der Methoden erweiterte sich in den letzten Jahrzehnten rasch: So dienen die Verhältnisse von bestimmten Elementen oder Isotopen, spezifische Einschlüsse und Phasen oder morphologische Charakteristiken auf der Mikro- oder sogar Nano-Ebene dazu, Aussagen zu treffen, die rein kunsthistorischen oder archäologischen Betrachtungsweisen unzugänglich sind. Entscheidend ist, dass die Analysemethoden schneller und empfindlicher geworden sind. Meist genügen geringe Probenmengen. Doch der wertvolle Charakter vieler Kunstwerke verbietet oft sogar eine Probenentnahme, sodass Forscher nichtinvasive Verfahren einsetzen oder entwickeln müssen. ...
Die innere Größe macht’s
Moleküldiffusion in nanoporösen Materialien
In den letzten Jahrzehnten haben nanoporöse Materialien die Technologien zur Stoffumwandlung und -veredelung revolutioniert, da sie aufgrund der riesigen inneren Oberfläche beispielsweise eine sehr effiziente Katalyse erlauben. Ungeachtet der enormen wirtschaftlichen Bedeutung stehen aber erst seit Kurzem mikroskopische Messtechniken zur Verfügung, die einen Einblick in die Vorgänge im Inneren der Poren gestatten – mit einigen überraschenden Ergebnissen.
Das Aufspalten von langkettigen in kürzere Kohlenwasserstoffe ist essenziell, um Erdöl in Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel umzuwandeln. Dieses „Cracken“ ist ein Beispiel dafür, wie sich Stoffe durch Trennung und katalytische Umwandlung veredeln lassen. Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts haben sich diese und ähnliche Technologien grundlegend gewandelt dank der Verfügbarkeit nanoporöser Materialien. Aufgrund ihrer enormen inneren Oberfläche von über 1000 Quadratmetern pro Gramm bewirken diese eine sehr intensive Wechselwirkung zwischen „Gastmolekülen“ und „Wirtsystem“ und lassen sich mit passgenauen Porendurchmessern für das jeweilige Zielprodukt „maßschneidern“. So ermöglichen die räumliche Beschränkung im wohldefinierten Porensystem und katalytisch aktive Oberflächen, Erdöl besonders kostengünstig und umweltverträglich in hochwertige Kraftstoffe umzuwandeln. Allein im Bereich der Erdölveredlung liegen die damit verbundenen Einsparungen im Bereich von zehn Milliarden Euro pro Jahr weltweit. Leistungsfähigere Materialien dank neuer Synthesewege und ein immer besseres Verständnis der Elementarprozesse sorgen für eine bis heute anhaltende stürmische Entwicklung.
Der Ertrag an veredelten Stoffen kann nie größer sein, als es die Geschwindigkeit des Stofftransports zulässt. Daher ist es gerade auch in ökonomischer Hinsicht unerlässlich, die dem Transport in solchen Materialien zugrunde liegenden Mechanismen zu erkunden und zu quantifizieren. Wirtsysteme mit wohldefinierter Porosität sind als mikrometergroße Kristallite verfügbar, die für ihren technischen Einsatz zu größeren Formkörpern verpresst werden. Durch eine geeignete Dimensionierung dieser Körper lassen sich alle äußeren Transportwiderstände hinreichend klein halten, sodass die Aufnahme und Abgabe von Stoffen an den einzelnen Kristalliten die Geschwindigkeit bestimmt. Aufgrund ihrer geringen Größe ließ sich der Stofftransport im Inneren der Kristallite über Jahrzehnte hinweg meist nur indirekt untersuchen, z. B. indem man die „makroskopische“ Massenzunahme bei Druckerhöhung in der umgebenden Gasphase beobachtete und dabei gewisse Modellannahmen zum Mechanismus des Stofftransports berücksichtigte. ...