Vor der Kulisse der Anden bilden über 1600 Bodendetektoren das zentrale Element des Pierre-Auger-Observatoriums in der argentinischen Pampa. (vgl. S. 29, Bild: Pierre-Auger-Observatorium)
Physik Journal 3 / 2014
Meinung
Inhaltsverzeichnis
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Sorgenkind Weltraumteleskop / Forschung profitiert im Haushalt / Akademische Leselust
Leserbriefe
Energiewende – Erfolgsmodell oder Sackgasse?
Zu: „Energiewende – quo vadis?“ von Achim Bachem und Christoph Buchal, Dezember 2013, S. 33
High-Tech
Im Brennpunkt
Dunkle Materie bleibt im Dunklen
Die ersten Ergebnisse des LUX-Experiments stehen im Widerspruch zu positiven Signalen anderer Detektoren.
Flimmerndes Kondensat
Ein Experiment mit Photonen weist große Fluktuationen der Teilchenzahl in einem idealen Bose-Einstein-Kondensat nach.
Kugelblitz in freier Wildbahn
In China ist es erstmals gelungen, einen Kugelblitz gleichzeitig zu filmen und spektroskopisch zu untersuchen.
Forum
Partikel in der Pampa
Das Pierre-Auger-Observatorium detektiert die energiereichsten Teilchen im Universum.
Seit Stunden fahre ich bereits von der argentinischen Großstadt Mendoza aus nach Süden, meist führt die Straße schnurgeradeaus. Zu beiden Seiten der Straße erstreckt sich die Pampa mit ihrer niedrigen Vegetation aus Gras und Büschen. Zur Rechten begleiten mich in einiger Entfernung die schneebedeckten Gipfel der Anden, doch hier in der Ebene ist es heiß und trocken. Bis zu meinem Ziel, der Kleinstadt Malargüe, fehlen noch immer fast hundert Kilometer, als ich den ersten „Tank“ sehe: Am Straßenrand steht ein runder, beigefarbener Behälter, etwa einen Meter hoch und drei Meter im Durchmesser. Obendrauf befinden sich ein Solarmodul sowie eine Richtfunk-Antenne. Das soll ein Teilchendetektor sein?
Bei der Weiterfahrt tauchen etwa alle zwei Kilometer links und rechts der Straße baugleiche Tanks auf. Wenn ich den Blick in die Ferne schweifen lasse, kann ich bis zum Horizont kleine Pünktchen erahnen. Doch das ist nur ein Bruchteil der insgesamt über 1600 Detektoren, die hier ab dem Jahr 2000 aufgestellt wurden. Sie alle gehören zum Pierre-Auger-Observatorium, dessen Hauptquartier in Malargüe ich nach einer weiteren Stunde erreiche. Dieses weltweit größte Observatorium weist Teilchen der kosmischen Strahlung nach, deren Energie bis zu 100 Millionen Mal höher ist als die Strahlenergie des Large Hadron Colliders (LHC). Ein Proton mit diesen 100 Exa-Elektronenvolt hat eine ähnliche kinetische Energie wie ein Tennisball beim Aufschlag. „Das ist die höchste Teilchenenergie, die wir in der Natur überhaupt kennen. Wir wollen die Quellen dieser Teilchen finden und verstehen“, sagt Karl-Heinz Kampert. Der Wuppertaler Physikprofessor wurde im Herbst als Sprecher der Auger-Kollaboration wiedergewählt, der etwa 500 Wissenschaftler aus 19 Ländern angehören.
Wenn kosmische Teilchen – primär Protonen und schwerere Atomkerne – in die Erdatmosphäre eindringen, werden sie an den Atomkernen der Luft gestreut, sodass sie selbst die Erdoberfläche nicht erreichen können – zum Glück für unsere Gesundheit. Bei den Stößen entstehen aber neue Teilchen, die weitere erzeugen usw., sodass eine ganze Lawine von Millionen bis Milliarden von sekundären Teilchen entsteht, die auf die Erdoberfläche zurasen. Befindet sich dort ein verteiltes Feld von Detektoren, so registrieren diese beim Eintreffen des Schauers Signale, die Rückschlüsse auf die Eigenschaften des primären Teilchens erlauben. Der französische Physiker und Namenspatron für das Observatorium Pierre Auger wies auf diese Weise bereits Ende der 1930er-Jahre Luftschauer auf dem Jungfraujoch in der Schweiz nach.
In den 1960er-Jahren gelang es mit solchen Detektorfeldern, die Zahl der pro Fläche und Zeit auf die Erde praselnden kosmischen Teilchen zu vermessen. Dieser Fluss fällt im Wesentlichen mit der dritten Potenz der Energie ab. Daher trifft pro Quadratmeter und Minute etwa ein Teilchen auf die Erde, dessen Energie bei der LHC-Energie oder darüber liegt, während bei einer Grenzenergie von einem 1 EeV nur noch mit einem Teilchen pro Quadratkilometer und Jahr zu rechnen ist. Wenn man den Teilchenfluss bei höchsten Energien vermessen möchte, führt also kein Weg an möglichst großen Detektorfeldern vorbei – daher verteilen sich die Tanks des Pierre-Auger-Observatoriums auf eine Fläche von 3000 Quadratkilometern, größer als Luxemburg. Ungeachtet davon gelang es aber bereits in den 1960er-Jahren, mit einem kleinen Messfeld ein einzelnes Ereignis mit sogar 100 EeV zu registrieren. „Die hatten einfach unglaubliches Glück“, sagt Kampert. ...
Überblick
Ultraschnelle Nanooptik
Laserspektroskopie am Limit von Raum und Zeit
Immer kleiner, immer schneller – dieses Credo gilt nicht nur in der Technik, sondern auch in der Grundlagenforschung. Doch welche Prozesse spielen sich eigentlich ab, wenn Licht mit Materie auf kleinen Längenskalen wechselwirkt? Um die Art und Dauer raum-zeitlicher Korrelationen bestimmen zu können oder ultraschnelle Vorgänge in nanostrukturierten und heterogenen Materialien zu verfolgen, sind neue spektroskopische Techniken notwendig, die optimale Zeit- und Ortsauflösung kombinieren.
Wenn sich dynamische Prozesse auf kleinstem Raum und extrem kurzen Zeitskalen abspielen, wird es für die Forschung oft erst richtig spannend. Zum Beispiel beim effizienten Energietransport sowohl in der Photosynthese als auch in der organischen Elektronik. Hier möchte man etwa wissen, über welche Zeit- und Längenskalen dieser Transport kohärent oder inkohärent verläuft. Sind delokalisierte oder lokalisierte Anregungen beteiligt? Welche Charakteristika zeigen hybride Systeme, die plasmonische Nanostrukturen und organische Materialien verknüpfen? Schließlich lockt die Aussicht, sogar biologische Systeme zu untersuchen, indem etwa ein natürlicher Lichtsammelkomplex an einer Stelle angeregt und an einer anderen Stelle abgefragt wird. Doch herkömmliche Methoden kommen bei solchen Fragen an ihre Grenzen oder versagen ganz, wenn es darum geht, bestmögliche zeitliche Auflösung („ultraschnell“ = von Femtosekunden, 10–15 s, bis Attosekunden, 10–18 s) und räumliche Auflösung („Nanooptik“ = wenige Nanometer) zu bieten. Das ist das Ziel der „ultraschnellen Nanooptik“, nicht zuletzt weil diese Zeit- und Längenskalen interessant für nanostrukturierte Materialsysteme sind. Dort spielen sich besonders relevante ultraschnelle dynamische Prozesse ab, was vielfältige Anwendungen verspricht, wie nanophotonische Bauelemente oder nanostrukturierte Solarzellen.
Für spektroskopische Techniken gelten fundamentalen Auflösungsgrenzen. Laserpulse lassen sich zeitlich nicht kürzer machen als durch das „Bandbreitelimit“ vorgegeben ist: Je breiter das Spektrum, desto kürzer der Puls. Ganz analog lässt sich der Brennpunkt von Laserstrahlen nicht enger bündeln als das „Beugungslimit“. Trotz dieser Grenze hat sich in den letzten Jahren die „Super-Resolution“-Mikroskopie etabliert. Dabei ist es möglich, die Position der einzelnen Emitter einer Probe mit einer Genauigkeit weit unterhalb des Beugungslimits zu bestimmen. Dies kommt erfolgreich in der optischen Bildgebung zum Einsatz, insbesondere von biologischen Systemen. ...
Ein Grundstein der Atomphysik
Die gängige Lehrbuchinterpretation des Franck-Hertz-Experiments lässt viele Fragen offen.
Das Franck-Hertz-Experiment aus dem Jahre 1914 fehlt in keinem Lehrbuch, zeigt es doch anschaulich die quantisierten Eigenschaften der Atome und legt damit den Grundstein für die moderne Atomphysik. Allerdings versagt die traditionelle Interpretation, wenn mehrere angeregte Niveaus ins Spiel kommen. Nur eine Analyse aus dem Blickwinkel der elementaren kinetischen Gastheorie erlaubt es, den korrekten Zusammenhang zwischen mikroskopischen Vorgängen, die den Gesetzen der Quantenmechanik unterliegen, und den im Labor gemessenen makroskopischen Größen herzustellen.
Die bedeutenden Experimente des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zur Untersuchung von elektrischen Strömen in Gasen leiteten eine neue Epoche in der Geschichte der modernen Physik ein. Besonders bemerkenswert in diesem Zusammenhang sind die Experimente, die James Franck und Gustav Hertz ab dem Jahr 1911 in Berlin durchführten. Bis 1914 untersuchten sie die Wechselwirkung langsamer Elektronen mit neutralen Gasatomen. Ihr Ziel war eine allgemeine „kinetische Theorie der Elektronen in Gasen“, da Franck Aussagen von J. S. Townsend zum Elektronenstreuprozess bezweifelte.
Franck und Hertz verbesserten die experimentellen Methoden, mit denen unter anderem Philipp Lenard die Kathodenstrahlen in Gasen untersucht hat. Die bahnbrechende Untersuchung in Quecksilberdampf, 1914 veröffentlicht und üblicherweise als „das“ Franck-Hertz-Experiment bezeichnet, interpretierten sie zunächst als Messung der Ionisierungsspannung von Quecksilber. Erst nach weiteren Experimenten zur Lichtemission von Quecksilberdampf erkannten beide, dass es sich um ein Anregungsniveau des Quecksilberatoms handelt. Für ihre Arbeiten erhielten Franck und Hertz den Nobelpreis für Physik des Jahres 1925.
Das Experiment selbst ist heute als Standardprodukt im Fachhandel erhältlich, und Generationen von Physikstudenten haben es im Praktikum durchgeführt, wahrscheinlich primär aus pädagogischen Gründen. Die entsprechenden Erklärungen in den üblichen Lehrbüchern oder auf heutzutage unzähligen Internetseiten sind jedoch sehr vereinfacht, und die wahre Vielfalt der involvierten Physik wurde bis vor einigen Jahren übersehen.
Gegenüber der von Franck und Hertz verwendeten zylindrischen Geometrie wird heute meist ein Aufbau mit ebener Elektrodenanordnung vorgezogen. Die Kathode emittiert Elektronen mit einer konstanten Rate in den gasgefüllten Driftraum, wo sie beim Durchlaufen einer Potentialdifferenz zum Kontrollgitter in elastischen und inelastischen Stößen an den Gasatomen streuen. Eine Bremsspannung zwischen Kontrollgitter und Anode erlaubt nur Elektronen ausreichender Energie, die Anode zu erreichen und damit zum Anodenstrom IA beizutragen. Als Funktion der Spannung U oszilliert dieser Strom, wobei die Abstände U zwischen den Strommaxima üblicherweise direkt einem quantisierten atomaren Energieniveau zugeordnet werden. ...
Physik im Alltag
Menschen
Bücher/Software
DPG
Tagungen
Superconducting Proximity and Josephson Effects in Nanoscale Systems
545. WE-Heraeus-Seminar