Blick durch ein „Fischauge“ auf das SOFIA-Teleskop bei geschlossenem Tor. Im Primärspiegel (links) spiegelt sich die Bordwand. (Bild: NASA/SOFIA/USRA/Greg Perryman, vgl. S. 24)
Physik Journal 7 / 2015
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Inhaltsverzeichnis
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Zustimmung für Collider Optimierte Astronomie Mehr Doktorhüte Teleskop-Deal auf Hawaii
Leserbriefe
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Im Brennpunkt
Kosmische Einblicke in Blitze
Die Radiodetektion von kosmischer Strahlung erlaubt es, die elektrische Feldkonfiguration in Gewitterwolken zu messen.
Hilfe für das Wachstum
Experimente mit Kolloiden erlauben es, das Wachstum von Kristallen an Fremdkeimen zu beobachten.
Forum
Abgehobene Astronomie
Ein Flug mit dem „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie“
In der Abendsonne laufe ich über das Vorfeld des Armstrong Flight Research Center der NASA im kalifornischen Palmdale. Mit mir haben ein Team der NASA, Wissenschaftler und Techniker sowie einige Gäste das gleiche Ziel: ein „kurzer“ Jumbojet, eine selten gebaute Boeing 747-SP. Auf dem beigen Overall des Piloten prangt ein Emblem der „Society of Experimental Test Pilots“ – meist ist er in Kampfflugzeugen unterwegs. An Bord erwartet uns zunächst eine Sicherheitseinweisung: Wir werden ermahnt, die Kaffeetassen und Wasserflaschen immer geschlossen zu halten und uns im Flugzeug nicht ohne den Beutel mit dem „Emergency Passenger Oxygen System“ zu bewegen. Diese Haube mit eingebauter Sauerstoffpatrone sollen wir uns über den Kopf stülpen, falls einer der vielen Elektronikschränke zu qualmen beginnt. Inzwischen ist die Sonne untergegangen, wir sind startklar und heben um 20:52 Ortszeit ab, mit dem „Stratosphären Observatorium Für Infrarot-Astronomie“ SOFIA.
Knapp 20 Minuten später und bereits einige Kilometer über dem Boden geschieht, was man während eines Flugs eigentlich nicht erleben möchte: Am Rumpf hinten links öffnet sich ein großes Tor. Sehen kann ich das nicht, nur eine Anzeige auf dem Bildschirm vor mir springt auf grün. Wider Erwarten merke ich überhaupt nichts von dem offenen Tor, das einem Teleskop den Blick frei gibt auf den Nachthimmel. Ein Druckschott trennt das 2,7-Meter-Teleskop von der vorderen Kabine. Hier herrscht der gleiche Luftdruck wie in einem normalen Passagierflugzeug, an das ansonsten aber nur wenig erinnert. An großen Kontrollpulten sitzen die Flugkontrolleure der NASA sowie Wissenschaftler und Techniker. Die Klimaanlage sowie die Ventilatoren der Elektronikschränke verursachen einen Lärm wie in einer Fabrikhalle. Daher tragen alle Kopfhörer und unterhalten sich über die Bordsprechanlage. Sie sind bereit für eine lange Beobachtungsnacht. Doch dazu muss SOFIA zunächst auf über 13 Kilometer steigen und einen Großteil der Atmosphäre unter sich lassen.
Insbesondere der Wasserdampf und das Kohlendioxid der Atmosphäre absorbieren Infrarotstrahlung stark. Daher öffnen sich erdgebundenen Teleskopen an trockenen und hohen Standorten, wie sie die Anden oder Hawaii bieten, nur einige Beobachtungsfenster im nahen und mittleren Infrarot. Wellenlängen im fernen Infrarot werden aber komplett absorbiert, sodass Beobachtungen nur von Flugzeugen oder Satelliten möglich sind. Satelliten haben den Vorteil, dass sie sich komplett oberhalb der warmen Atmosphäre befinden und selbst kalt sind. Ihre Detektoren müssen aber dennoch mit flüssigem Helium auf 4 Kelvin gekühlt werden, und dessen Verbrauch begrenzt die Lebensdauer des Satelliten auf wenige Jahre. Zudem ist die Technologie eines Satelliten beim Start viele Jahre alt. Im Gegensatz hierzu kann man an einem Flugzeugteleskop flexibel verschiedene Instrumente wie Kameras und Spektrographen montieren, die sich regelmäßig auf den neuesten Stand der Technik bringen und vor jedem Flug abkühlen lassen. Allerdings sind das Flugzeug und die ganze Optik warm, emittieren also ebenso wie die Restatmosphäre selbst im Infraroten. Diese Hintergrundemission kann sogar bis zwei Größenordnungen höher sein als das Messsignal. „Daher sehen wir im Infraroten nie den schwarzen Nachthimmel, sondern arbeiten quasi immer in der Dämmerung“, erläutert Alfred Krabbe. Der Astrophysiker leitet das Deutsche SOFIA-Institut (DSI) in Stuttgart und ist verantwortlich für das abbildende Spektrometer FIFI-LS, das heute im Einsatz ist...
Überblick
Physik der Zelladhäsion
Physikalische Kräfte tragen wesentlich zum strukturellen Zusammenhalt unseres Körpers bei.
Der menschliche Körper besteht aus mehr als zehn Billionen Zellen, die eine stabile Einheit bilden, aber auch dynamische Vorgänge wie das Schließen einer Wunde erlauben. Was hält die Zellen in unserem Körper so zusammen, dass er strukturell stabil und dynamisch zugleich sein kann? Tatsächlich sind dies viele schwache biomolekulare Bindungen zwischen den Zellen und ihrer Umgebung, die sich ständig öffnen und schließen.
Im menschlichen Körper finden sich rund 3 · 1013 Zellen, die typischerweise etwa 10 µm groß sind. Im Laufe des Lebens werden etwa 1016 Zellen gebildet. Nach der Embryonalentwicklung stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Zellteilung und -verlust ein, sodass sich die Erneuerung nahezu gleichmäßig über die Lebenszeit von etwa 80 Jahren verteilt. Demnach erzeugt unser Körper neue Zellen und verliert alte mit einer Frequenz von etwa 1016/109 s = 107 Hz. Der menschliche Körper ist also in einem Fließgleichgewicht mit sehr starker Austauschdynamik, obwohl wir ihn subjektiv als relativ statisches System wahrnehmen.
Auch bezüglich der räumlichen Anordnung der Zellen ist unser Körper hochdynamisch. Viele Zellen bewegen sich auch nach Abschluss der Entwicklungsphase, ohne dass wir dies wahrnehmen. So bewegen sich Immunzellen ständig durch den Körper, um Pathogene zu finden und zu bekämpfen, und Lernprozesse im Gehirn sind mit der Bewegung von Neuronen verbunden. Am augenfälligsten ist die Zellbewegung, wenn sich eine Wunde innerhalb von Tagen wieder schließt. Diese Dynamik der Zellen kann auch eine Bedrohung werden, wenn sich nämlich metastasierende Krebszellen im Körper ausbreiten...
Lasermaßstab bis zum Mond
Laufzeitmessungen erlauben es, das Erde-Mond-System zu vermessen und Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu testen.
Bei der ersten bemannten Mondmission Apollo 11 hatten Neil Armstrong und Buzz Aldrin auch einen Retro-Reflektor im Gepäck, den sie im Juli 1969 auf der Mondoberfläche absetzten. Damit begann ein neues Zeitalter bei der Erforschung der Erde-Mond-Dynamik und für hochgenaue Tests von Einsteins Relativitätstheorie. Die Reflektoren dreier Apollo- sowie zweier unbemannter sowjetischer Mondmissionen bilden ein immer noch funktionierendes Netzwerk für Laufzeitmessungen mit Laserpulsen von der Erde.
Das Prinzip klingt einfach: Man schickt einen Laserstrahl von der Erde zu einem Reflektor auf dem Mond und bestimmt anhand der gemessenen Laufzeit die Entfernung zum Erdtrabanten. In der Praxis ist dieses so genannte Lunar Laser Ranging (LLR) allerdings eine sehr anspruchsvolle Methode, deren Messgenauigkeit sich von 1969 bis heute vom Meter- zum Millimeter-Bereich hin verbessert hat. LLR ist das geodätische Weltraumverfahren mit der längsten Datenreihe. Die Auswertung der gesammelten Messdaten ermöglicht es, Bahn und Orientierung des Mondes gegenüber früheren astronomischen bzw. astrometrischen Beobachtungen signifikant besser zu bestimmen. Dank der langen Datenreihe, des großen Abstands von im Mittel 384 000 Kilometer und den involvierten bewegten großen Massen stellt das Erde-Mond-System außerdem ein natürliches Labor dar, um die Einsteinsche Relativitätstheorie zu überprüfen.
Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART), mit der Albert Einstein vor hundert Jahren das physikalische Verständnis von Raum und Zeit auf eine völlig neue Basis gestellt hat, bildet die Grundlage für die Datenauswertung aller geodätischer Weltraumverfahren [1], zu denen neben LLR weitere Methoden gehören: Bei der Interferometrie mit langen Basislinien (Very Long Baseline Interferometry, VLBI) empfangen mehrere Teleskope auf der Erde die Signale ferner Radioquellen. Durch die Auswertung von Zeitdifferenzen lassen sich einerseits Parameter der Erdorientierung und Stationskoordinaten im globalen terrestrischen Referenzsystem mit Millimeter-Genauigkeit bestimmen und andererseits die Positionen der Radioquellen als raumfeste Referenz. Die Auswertung der Signale von globalen Navigationssatelliten-Systemen (GNSS), von denen GPS am bekanntesten ist, basiert auf einem Phasendifferenzmessverfahren. Aus der Analyse der Daten lassen sich auch Erdrotationsgrößen, wie Polbewegung und Tageslängenschwankungen, ableiten. Beim „Satellite Laser Ranging“ (SLR) misst man die Laufzeiten von Laserpulsen zu den Satelliten und zurück millimetergenau, um daraus Satellitenbahnen sowie Stationskoordinaten, Erdrotationsgrößen und Schwerefeldparameter zu bestimmen...
Geschichte
Von der Theorie zum Fach
Die Allgemeine Relativitätstheorie etablierte sich von 1915 bis 1990 nur langsam als eigene Disziplin.
Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) war zwar nach der Bestätigung der gravitativen Lichtablenkung im Jahr 1919 in aller Munde, prägte aber die physikalische Forschung im Gegensatz zur aufkommenden Quantenmechanik kaum. Zwar befassten sich immer wieder einzelne Physiker mit Fragen der ART, aber eine Institutionalisierung im Lehr- und Forschungsbetrieb fand im deutschen Sprachraum erst deutlich nach dem Zweiten Weltkrieg statt.
Mit der Aufstellung der Feldgleichungen für seine relativistische Gravitationstheorie vollendete Albert Einstein im November 1915 in Berlin seine jahrelangen Bemühungen. Zu dieser Zeit waren viele deutsche und österreichische Naturwissenschaftler und Mathematiker wegen des Ersten Weltkriegs zum Militär eingezogen worden. Schon im Dezember 1915 schickte der Astronom Karl Schwarzschild von der russischen Front aus eine exakte Lösung für einen kugelsymmetrischen Stern (Innen- und Außenraum) an Einstein, die fünfzig Jahre später der Prototyp für ein „Schwarzes Loch“ werden sollte. Jeder, der sich mit partiellen Differentialgleichungen auskannte, konnte sofort etwas zur neuen Theorie beitragen. Daher waren wichtige exakte Lösungen der Einsteinschen Feldgleichungen wie etwa die Reissner-Nordström und – für die Feldgleichungen mit kosmologischer Konstante – die de-Sitter-Lösung schon bis 1917 gefunden.
Die an Physik interessierte Öffentlichkeit wies 1916 ein Büchlein des jungen Potsdamer Astronomen Erwin Freundlich auf die neue Theorie hin. 1917 legte Einstein eine eigene Darstellung für einen größeren Leserkreis vor: „Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie, gemeinverständlich“. Auch Philosophen wie Moritz Schlick richteten schon 1917 ihr erkenntnistheoretisches Interesse auf Einsteins Gravitationstheorie. Einstein korrespondierte mit praktisch allen, die über Allgemeine Relativitätstheorie forschten oder sich dazu kritisch äußerten. Die von ihm vertretene physikalische Bedeutung der allgemeinen Kovarianz seiner Theorie stellte Erich Kretschmann 1917 in Frage. Die Fachwelt hatte also bereits vor dem Ende des Ersten Weltkriegs wesentliche Eigenschaften der ART beschrieben und Folgerungen aus ihr gezogen (kosmologische Modelle, Gravita-tionswellen)...
Physik im Alltag
Menschen
Bücher/Software
N. Shusterman und E. Elfman: Teslas unvorstellbar geniales und verblüffend katastrophales Vermächtnis
DPG
PLANCKS in Leiden
Im Mai fand der internationale Physik-Wettbewerb für Studierende PLANCKS in Leiden statt.
Licht. Licht? Licht!
Bayreuther Studierende zeigen mit einer Ausstellung, welchen Phänomenen wir täglich begegnen.