Simulationen liefern ein Bild der Gravitationswellen, die entstehen, wenn zwei schwarze Löcher verschmelzen. (Bild: Num.-rel. Simulation: S. Ossokine, A. Buonanno (MPI für Gravitationsphysik), Wiss. Visualisierung: W. Benger (Airborne Hydro Mapping GmbH), vgl. S. 16)
Physik Journal 4 / 2016
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
High-Tech
Im Brennpunkt
Gravitationswellen gefasst!
Mit Hilfe der beiden LIGO-Detektoren ist es erstmals gelungen, Gravitationswellen direkt zu messen.
Symmetriebruch mit Erinnerung
Die magnetischen Momente von Antiferromagneten lassen sich durch elektrische Ströme schalten.
Bildung - Beruf
Klein, aber oho
Die Nanotechnologiebranche bietet für Physikerinnen und Physiker ein vielseitiges Berufsfeld.
Smartphones oder Tablets sind heutzutage ständige Begleiter im Alltag. Fast jeder trägt damit auch ein Stück Nanotechnologie mit sich herum, da die Strukturgrößen der zugrunde liegenden Elektronik längst kleiner sind als 100 Nanometer – das ist die Grenze, ab der laut Definition von Nanotechnologie die Rede ist. Um solche Strukturen herstellen bzw. Schichten mit Nanostrukturen beschreiben zu können, sind Verfahren notwendig, die sich den schrumpfenden Strukturen anpassen.
Eine Möglichkeit, Nanostrukturen in eine Schicht buchstäblich zu „fräsen“, ist der NanoFrazor des Schweizer Startup-Unternehmens SwissLitho. Die Technologie, die in dieser Maschine steckt, wurde im IBM-Forschungslabor Rüschlikon entwickelt. Dort gelang es 2010 mit Hilfe der thermischen Rastersondenlithographie, die mit einer heizbaren Spitze arbeitet, ein nanometerkleines Matterhorn und eine mikrometerkleine Weltkarte herzustellen.1) Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten der Ingenieur Philip Paul und der Physiker Felix Holzner bei IBM. Holzner hatte dort 2009 seine Promotion aufgenommen und erlebte nicht nur hautnah den Durchbruch dieser Methode mit, sondern war 2011 auch daran beteiligt, deren Geschwindigkeit zu erhöhen. „Damit war unser Verfahren erstmals wettbewerbsfähig mit gängigen Technologien wie der Elektronenstrahllithographie“, erinnert er sich. „Zu dem Zeitpunkt konnte ich die Tragweite dieser Forschung aber noch nicht einschätzen.“
Nach und nach kristallisierte sich die Möglichkeit heraus, sich mit einem Gerät zur thermischen Rastersondenlithographie selbstständig zu machen. Im Zuge seines Promotionsstudiums an der ETH Zürich musste Felix Holzner Credit Points sammeln. Auf der Suche nach einem für ihn sinnvollen und interessanten Seminar stieß er auf einen Businesskurs des „venturelab“ – eine Institution, die Schweizer Startup-Unternehmen fördert. Bewerben musste er sich mit der Businessidee eines möglichen Startups. „Aus 150 Bewerbern wurden 25 ausgesucht und davon fünf Businessideen – eine davon war meine“, erzählt Felix Holzner stolz. Ein Semester lang wurde jede der fünf Ideen von einem Fünferteam aus Studierenden aus unterschiedlichen Blickwinkeln und unter verschiedenen Aspekten bearbeitet. „So ist die Idee langsam entstanden, tatsächlich ein Startup zu gründen“, sagt der 33-jährige Physiker...
Überblick
Magnetkugeln – ein 10-Euro-Labor
Preiswerte Neodym-Magnetkugeln eröffnen einen erfrischend einfachen Zugang,um Vielteilchen-Wechselwirkungen zu illustrieren.
Magnetkugeln sind ein inspirierendes physikalisches Spielzeug. Mit ihnen kann man nicht nur chemische, physikalische und mathematische Fragestellungen illustrieren, sondern auch der Kreativität auf die Sprünge helfen. So ist es von der Frage nach dem magnetischen Grundzustand eines mühevoll zusammengesetzten Würfelpuzzles nur ein kleiner Schritt bis zur Erfindung von Magnetkupplungen ohne störende Rastmomente.
Gegen Mittag werden wir an einen schwarzen Berg kommen … das Schiff wird zerschellen und jeder Nagel wird sich am Berge befestigen, denn der erhabene Gott hat dem Magnetgesteine die Kraft verliehen, das Eisen anzuziehen.“ Die Beschreibung des Magnetbergs aus „Tausendundeine Nacht“ belegt, dass die Menschheit schon seit langem von dieser Spielart einer Dipol-Dipol-Wechselwirkung fasziniert ist. Dies steht im Einklang mit der durch Didaktiker vertretenen Ansicht, dass sich der Ferromagnetismus besonders gut für den Sachunterricht in der Grundschule eignet1) – dem möchten wir nicht widersprechen. Die technische Bedeutung des Magnetismus kann man schließlich kaum überschätzen, wenn wir uns verdeutlichen, dass ein großer Teil des kollektiven Gedächtnisses der Menschheit magnetisch gespeichert und abgerufen wird. Die physikalischen Eigenschaften der Vielteilchen-Wechselwirkung von Magneten wurden mit Hilfe der kommerziell massenhaft und preiswert verfügbaren Neodym-Kugeln auch für spielerische Forschungen zugänglich. In diesem Artikel wollen wir einige solcher Experimente und das entsprechende theoretische Modell zusammenfassend vorstellen.
Neodym-Magnet ist die Kurzbezeichnung für eine im Sinterverfahren hergestellte Legierung aus Eisen, Neodym und Bor (Nd2Fe14B), die General Motors und Sumitomo Special Metal 1982 entwickelt haben und die seit etwa zwei Jahrzehnten als günstige Massenware erhältlich ist. Als Dauermagnet ist dieses Material stärker als herkömmliche Magnete aus Eisenlegierungen: Die Remanenz von 1 bis 1,5 T ist zwar nicht größer als bei anderen magnetischen Materialien. Aber die Koerzitivfeldstärke von etwa 106 A/m liegt um zwei bis vier Größenordnungen über der von Vergleichsmaterialien, sodass sie durch äußere Magnetfelder ihre Stärke praktisch nicht verlieren können. Die magnetische Wechselwirkung ist deutlich größer als ihr Gewicht: So zerreißt eine meterlange Kette (Abb. 1) nicht unter ihrem Eigengewicht, und selbst ein aufrecht stehender Kugelturm bleibt bis zu einer gewissen Höhe gerade, bevor er sich unter seinem Gewicht verbiegt (Abb. 7)...
Symmetrien lokalisieren
Für lokale Symmetrien lassen sich verallgemeinerte Theoreme herleiten mit möglichen Anwendungen in verschiedenen wellenmechanischen Systemen.
Symmetrien sind fundamentale Eckpfeiler der modernen Physik, nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für die Erhaltungssätze oder die zulässige Form der Wechselwirkung bei Elementarteilchen. Doch in komplexen Systemen zeigen sich oft in verschiedenen begrenzten Raumbereichen unterschiedliche Symmetrien. Ist es möglich, die Theorie der globalen Symmetrien auf solche Systeme mit lokalen Symmetrien zu erweitern? Tatsächlich lassen sich mathematische Instrumente finden, die lokale Symmetrien beschreiben können und neue Perspektiven bieten, etwa für Anwendungen in der Wellenpropagation.
Anordnungen von Objekten, die einer Symmetrie bzw. einem Muster folgen, faszinieren den Betrachter von jeher. Man denke nur an die Vielzahl von Ornamenten, welche sich in Werkzeugen, Alltagsgegenständen bis hin zu Gemälden und Bauwerken der unterschiedlichen historischen Epochen vom Altertum bis zur Neuzeit wiederfinden. Die Motive reichen von einer rein geometrischen und abstrakten Charakteristik bis zu einer naturalistischen Ornamentik. Regelmäßig angeordnete Objekte, welche einer komplexen Kombination von Symmetrien gehorchen, sind von einer ganz eigenen Ästhetik, die das Auge des Beobachters nahezu magisch anzieht.
Für die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften stellt die Symmetrie eines der grundlegenden Konzepte dar. Symmetrien liefern ein Rezept, den Aufbau von Systemen zu analysieren und deren Struktur zu klassifizieren. Sie sind unmittelbarer Teil des Abstraktions- und Erkenntnisprozesses. Historisch hat dies seinen Ausgangspunkt in der Gravitationstheorie (Kepler, Galilei, Newton) mit ihrem engen Bezug zur Astronomie und konkret der Bewegung der Planeten um das Zentralgestirn genommen: Die Gravitationstheorie ist invariant unter Galilei-Transformationen. Die Forderung der Invarianz der Naturgesetze, d. h. ihrer Nichtänderung unter entsprechenden Symmetrien, hat sich als einer der mächtigsten Grundpfeiler der modernen Physik erwiesen. Symmetrien sind eng mit entsprechenden Eigenschaften der grundlegenden Komponenten eines Systems verbunden, seien es die Eigenschaften von Raum und Zeit selbst oder die der Wechselwirkung der fundamentalen Bausteine der Materie. Das Vorhandensein von Symmetrien hat unmittelbare Konsequenzen für die Eigenschaften und die Dynamik physikalischer Systeme. Beispiele hierfür sind die Invarianz unter Translationen (Homogenität des Raumes), welche zur Impulserhaltung führt, die Invarianz unter Rotationen (Isotropie des Raumes), welche die Drehimpulserhaltung liefert, und die Invarianz unter Zeittransformationen (Homogenität der Zeit), welche mit der Energieerhaltung verbunden ist...