Das Flüstern des Urknalls
Rowan-Robinson
Das Flüstern des Urknalls
Von M. Rowan-Robinson.
Spektrum, Heidelberg 1994. 288 S., Hardcover,.
ISBN 3-86025-111-2
Dieses Buch liest man aus, bevor man es aus der Hand legt. Drei Handlungsebenen - Entdeckungsgeschichte, physikalische Interpretation und philosophische Bewertung - miteinander verwebend führt M. Rowan-Robinson den Leser in fast einem Atemzug durch die neuere Geschichte der Kosmologie. Der rote Faden wird durch die verschiedenen datierbaren Ereignisse gespannt. Der Verfasser nimmt ihn nach zwei mehr einleitenden Kapiteln über Vorgeschichte und Aufgabe der Astronomie mit der ersten Bestimmung der Rate der Expansion des Universums durch E. Hubble auf. Er erklärt die Ursache der verschiedenen Fälle bei der Bestimmung dieser Rate, die modernen Möglichkeiten, die Entfernungsbestimmungen zu verbessern, und schließlich die wichtigste Folgerung aus der extrapolierten Rückrechnung der Expansion, den Urknall.
Der Satellit IRAS ist ein Beispiel für die außerordentlichen Mühen, die Grenzen irdischer Beobachtungsfenster im elektromagnetischen Spektrum durch extraterrestrische Teleskope zu überwinden. Die Geschichte dieses Satelliten ist dem Autor Gelegenheit, die Vielfalt der Probleme zu zeigen, deren Lösung nach allein bodengebundenen Beobachtungen nur vermutet, mit genaueren Beobachtungen im Infraroten aber geprüft und korrigiert werden können. Danach wendet er sich wieder der Kosmologie zu: Die von IRAS er faßten Galaxien eignen sich zur Bestimmung ihrer großräumigen Verteilung im Universum, die ihrerseits wiederum direkt auf die Frühgeschichte des Universums, den Urknall, schließen läßt.
Zwei Beobachtungen sind die Pfeiler, an denen das Netz der Theorie der Entwicklung des Universums aufgespannt ist: die primordiale Kernsynthese und die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung. Die kleinen Störungen in der Isotropie der Hintergrundstrahlung sollten die Keime der Struktur abbilden, die heute von der Verteilung der Galaxien nachgezeichnet wird. Deshalb kann man auch einiges über die Vorhersage, Entdeckung und Bedeutung dieser Hintergrundstrahlung erfahren, die unser Gesichtsfeld im Universum begrenzt.
Das Nachzeichnen der Struktur durch die Galaxien ist nicht ohne Tücken: Erst in neuerer Zeit kann die Vermessung der Geschwindigkeiten und die Schätzung der Massen durch Bestimmungen des Potentials ergänzt werden. Dabei ist alles mit der Frage nach der Natur der dunklen Materie verwoben, die ein Synonym für die Kluft ist, die sich zwischen dem Augenschein der großen Strukturen einerseits und den Grenzen für die mittlere Dichte andererseits zeigt, wie sie von der primordialen Kernsynthese gezogen werden.
Das Buch setzt keine Kenntnis der Formelsprache voraus, wird aber für jene am spannendsten zu lesen sein, die den Fragen der modernen Kosmologie schon begegnet sind, weil die vielen Bezüge zu den handelnden Personen und dem allgemeinwissenschaftlichen Hintergrund dann das meiste Interesse beanspruchen können.
D.-E. Liebscher, Potsdam
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