18.09.2003

Decoherence and the Appearance of a Classical World in Quantum Theory

Giulini

Decoherence and the Appearance of a Classical World in Quantum Theory

Von D. Giulini et al.
Springer, Heidelberg 1996. IX + 366, 33 Abb., Hardcover,
ISBN 3-540-61394-3

Fundamentale Probleme der modernen Physik kristallisieren sich in der Frage, wie sich die Klassische Physik aus der Quantentheorie ergibt bzw. wo die Grenzlinie zwischen den Anwendungsbereichen von Quantentheorie und Klassischer Physik liegt. Warum gibt es in der Welt keine Zustände, in denen makroskopische Objekte wie Stuhl und Tisch im quantenmechanischen Sinne superponiert sind? Schrödinger hat zur Veranschaulichung dieses Problems zwei Zustände gewählt, in denen ein- und dieselbe Katze einmal lebend und einmal tot ist. Messungen an einem Quantenobjekt führen zu Zeigerausschlägen der Meßgeräte. Dies sind wohlbestimmte Zustände klassischer Objekte. Messungen an einem Quantenobjekt sind dynamische Prozesse. Diese Prozesse sollten im Rahmen einer Theorie der Wechselwirkung mit dem Meß instrument im einzelnen in ihrem zeitlichen Verlauf beschreibbar sein. Aber was passiert da? Hier muß unvermeidbar vom Quantenobjekt bis zum Zeigerausschlag die Grenze zwischen Quantentheorie und Klassischer Physik überschritten werden.

Um einem Mißverständnis vorzubeugen: Alle diese Fragen haben mit den sogenannten Interpretationen der Quantenmechanik und dem was sich ergibt, wenn sie "philosophisch" ausgebeutet werden, nichts zu tun. Vielmehr ist die Quantentheorie, so wie sie in den meisten Lehrbüchern beschrieben wird, unvollständig. Wichtige fundamentale Fragen sind unbeantwortet und zentrale dynamische Prozesse wie z.B. die, die bei einer Messung ablaufen, werden nicht mikrophysikalisch beschrieben. Seit ca. drei Jahrzehnten gibt es nun im wachsenden Umfang theoretische Bemühungen, die zu einem vertieften Verständnis geführt haben. Verschränkung von Zuständen, die nach Einstein, Podolsky und Rosen benannten EPR-Korrelationen und das Phänomen der Dekohärenz sind dabei die zentralen theoretischen Konzepte. Wie man mit ihrer Hilfe eine Antwort auf die oben gestellten Fragen suchen kann, wird in diesem Buch überzeugend dargestellt.

Die Artikel des Buches sind von verschiedenen Autoren geschrieben, aber untereinander gut abgestimmt worden. Dargestellt wird die Verursachung von Dekohärenz durch die Wechselwirkung mit der Umgebung und wie Dekohärenz das Erscheinen klassischer Felder und die Entstehung einer klassischen Raum-Zeit-Struktur begründen kann. Der Zusammenhang zur Theorie der "consistent histories" wird hergestellt. Superauswahlregeln und ihr Verhältnis zu Dekohärenz ist ein weiteres Thema. Offene Systeme und stochastische Schrödinger-Gleichungen werden besprochen. Statt den Quantenmeßprozeß auf Dekohärenz durch die Umgebung zurückzuführen, kann man versuchen, die Reduktion des Zustandvektors direkt zu beschreiben. Die entsprechend modifizierten Schrödinger-Gleichungen werden vorgestellt. Schließlich werden in einem Anhang Zusatzinforma tionen für den Leser bereitgestellt, die für den Anschluß an die üblichen Quanten mechanikvorlesungen sorgen.

Die Artikel des Buches sind sehr gut geschrieben. Didaktisches Bemühen wird mit begrifflicher Klarheit verknüpft. Bei aller Strenge steht aber das vertiefte Verständnis der Physik und nicht der mathematisch- theoretische Apparat im Vordergrund. Als guten Überblick oder zum fundierten Einstieg in ein junges, sich theoretisch und auch experimentell schnell entwickelndes Forschungsgebiet ist dieses Buch sehr zu empfehlen.
Prof. Dr. Jürgen Audretsch, Fakultät für Physik, Universität Konstanz

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