28.09.2009

Die Kalte Fusion

Schmidl, J.

Nicht „Kalte Fusion“ sollte dieses Buch heißen, sondern „Eiskaltes Grauen“, denn genau das hat mich ergriffen angesichts dessen, was ich zwischen den zwei Buchdeckeln zu lesen bekommen habe… Klimaforscher Paul tüftelt an einem umfassenden Modell zur Entwicklung des irdischen Klimas, dem sich nur noch ein kleiner Bach in Norwegen entzieht (der im Übrigen zwar ständig erwähnt wird, mit der eigentlichen Story aber nichts zu tun hat). Nichtsdestotrotz befragt die offensichtlich nicht sehr gut informierte Journalistin Sanna gerade ihn zur kalten Fusion. Immer mal wieder behaupten mehr oder weniger glaubwürdige Wissenschaftler, in ihrem Labor die kalte Fusion realisiert zu haben. Reproduziert wurde keines dieser Ergebnisse. Nun aber erzählt Sanna Paul – der sich trotz des Eherings an seinem Finger in die Journalistin verliebt hat (natürlich!) –, dass einem gewissen Andreij die kalte Fusion geglückt sei. Diese Entdeckung hat ihn dermaßen in Gefahr gebracht, dass er bei einer Sekte untergetaucht ist. Aufgeregt begeben sich Sanna und Paul, der einzig die Nächte mit Sanna im Schlafwagenabteil im Kopf hat, auf die Suche nach Andreij und nach der Gebrauchsanweisung für die kalte Fusion…
 

Soweit der an den Haaren herbei gezogene Plot. Der Mix ist völlig missglückt, denn Johannes Schmidl versucht, nicht nur zwei unterschiedliche naturwissenschaftliche Probleme – die kalte Fusion und die Klimamodellierung – unter einen Hut zu bringen, sondern auch eine unglückliche Liebesgeschichte, Eheprobleme, eine religiöse Sekte, das dramatisierte Schicksal eines Forschers und die Kritik an einer wissenschaftlichen Community, die manches Ergebnis unter den Teppich kehren möchte. Damit nicht genug, quält uns Schmidl auch noch mit blutleeren Figuren – einer unsympathischen Sanna, deren Motive undurchsichtig bleiben, und einem Wissenschaftler Paul, der ihr treudoof hinterher spaziert wie ein Schoßhündchen. Sprachlich ist das Buch ebenfalls ein Graus: Bemüht poetische und doch völlig überfrachtete und inhaltslose Sätze reihen sich aneinander und rufen fast schon Zahnschmerzen hervor. Auch eine Journalistin, die „tatsächlich ein paar Mal in die Luft hüpfte und in die Hände klatschte“ gehört wohl eher ins Metier der Comiczeichner oder in ein Kinderbuch als in einen Roman. Zudem springt Johannes Schmidl von einem Kapitel zum anderen in den Erzählzeiten, einmal gar innerhalb eines Kapitels – dilettantischer geht es kaum!
 

Die kalte Fusion aber, die Johannes Schmidl in seinem Buchtitel großartig ankündigt, behandelt er nur am Rande (ohne aber darauf einzugehen, wieso gerade ein Klimaforscher der Ansprechpartner für die Presse sein sollte…) und widmet sich dann wieder seiner hanebüchenen Story, die am Ende völlig im Sande verläuft und einen verlassenen und desillusionierten Paul zurück lässt. Zumindest „desillusioniert“ fühle ich mich nach der Lektüre dieses Buches ebenfalls.

Maike Pfalz

J. Schmidl: Die Kalte Fusion,
Seifert Verlag, Wien 2009, 200 S., geb., ISBN 9783902406569

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