24.06.2003

Edgar Wind. Das Experiment und die Metaphysik

Buschendorf


Hrsg. von B. Buschendorf. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2001. 350 S., Taschenbuch, ISBN 3-518-29078-9

"Das Experiment und die Metaphysik" ist eine Neuausgabe von Edgar Winds Habilitationsschrift von 1934. Edgar Wind (1900 - 1971) war ein bedeutender Kunsttheoretiker und -historiker. Die Tragweite seiner Habilitationsschrift zur Philosophie der Physik reicht bis in die Kunst und ihre Geschichte hinein.

Im ersten Teil entwickelt Wind - unter dem Einfluss des amerikanischen Pragmatismus stehend - den Schlüsselbegriff "symbolische Repräsentation" bzw. "Verkörperung" am Beispiel der nicht klassischen Physik. Ausgehend von dem vieldiskutierten methodologischen Zirkel der physikalischen Forschung, der sich zwangsläufig aus einer realistischen Deutung der Physik ergibt, begreift Wind die Maßstäbe oder Messinstrumente als eine Verkörperung der Axiomen systeme, die eine Verknüpfung stiften zwischen den Gesetzen der Messtheorie und den empirischen Beobachtungssätzen. Aufbauend auf diesem Schlüsselbegriff entwirft er eine Theorie des Experiments und hebt kritisch hervor, dass in Kants Theorie der Erfahrung für das Experiment kein systematischer Ort vorgesehen ist. Dabei gelangt er zu einer neuen Bestimmung der Begriffe "Empirie" und "Metaphysik": Die Empirie ist die Menge der dem Menschen experimentell zugänglichen Teile eines verborgenen Ganzen und die Metaphysik ist die Lehre von diesem verborgenen Ganzen. Auf dieser Grundlage entfaltet Wind dann seine Position eines holistischen Realismus.

Im zweiten Teil setzt sich Wind kritisch mit Kants kosmologischer Antinomienlehre auseinander und versucht die Problematik mit den Mitteln seiner neuen Theorie des Experiments aufzulösen. Im Gegensatz zu Kant, der die theoretischen Alternativen hinsichtlich der Welt im Ganzen ihres raumzeitlichen und dynamischen Zusammenhangs für antinomisch hält, argumentiert Wind dafür, dass diese kosmologischen Probleme aus der Sicht der modernen Physik widerspruchsfrei und empirisch entscheidbar sind, da sich eine zumindest partielle Verkörperung durch Messinstrumente realisieren lässt.

Wind hat eine wichtige Pionierarbeit zur Untersuchung des Verhältnisses der modernen Physik zur Antinomienlehre Kants ge leistet. Über die Physik hinaus ist es aber Winds Anliegen, Kants kosmologische Grundlegung des idealistischen Freiheitsbegriffs zu klären und zu prüfen, inwiefern die moderne Physik die Möglichkeit der menschlichen Freiheit in einem neuen Licht erscheinen lässt. In ihrer ausführlichen und tiefgründigen Einleitung schreibt Brigitte Falkenburg: "Die Bedeutung des Buchs [...] liegt vor allem in der Vielfalt von Perspektiven, die Wind entwickelt; und in dem philosophischen Mut, mit dem er sie zu einer einheitlichen, aber nicht simplen Deutung der modernen Physik verknüpft."

Dr. Dr. Renate Huber, Fachbereich Philosophie, Universität Dortmund

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