Einstein - Peace Now!
R. Braun, D. Krieger (Hrsg.): Einstein - Peace Now! / Frieden Heute (2005)
Braun, Krieger (Hrsg.)
Im Einstein-Jahr zierte ein Satz Einsteins den Eingang der Staatsbibliothek in Berlin, nicht weit von dem Hörsaal entfernt, in dem auch er gelehrt hat: „Es liegt mir ferne, aus meiner internationalen Gesinnung ein Geheimnis zu machen. Wie nahe mir ein Mensch oder eine menschliche Organisation steht, hängt nur davon ab, wie ich deren Wollen und Können beurteile.“ Sehr „nahe“ hätte sich Einstein sicher den Texten des englischsprachigen Buches mit dem fordernden Titel "Peace Now" gefühlt.
2005 wurde von allen wichtigen Zeitschriften und Organisationen Einsteins Wirken physikalisch, menschlich und medial aufgearbeitet. Einsteins friedenspolitisches Wirken kam und kommt hierbei oft zu kurz. Dabei ist es überfällig, Einstein nicht nur als „Gott der Physik“ zu betrachten, sondern auch als politisches Subjekt des 20. Jahrhunderts, das in Sachen "Frieden und Politik" sehr grundlegend, humanistisch und universell dachte, oft sehr zum Ärger seiner Kollegen. „Einstein war ein Weltbürger und ein sehr engagierter Internationalis“, so der Eingangssatz der Herausgeber. In 26 Beiträgen bedeutender Wissenschaftler, darunter vieler Nobelpreisträger, wird Einsteins politisches Denken und Handeln resümiert und im Lichte der letzten 50 Jahre reflektiert. Michail Gorbatschow zitiert den Einstein zugeschriebenen Aphorismus: "Frieden kann nicht mit Gewalt, sondern nur durch Verständnis gewonnen werden".
Im ersten Teil steht Einsteins friedenspolitisches Wirken im Vordergrund. Joseph Rotblat erinnert an die ungelöste Nuklearwaffenfrage und die Notwendigkeit, den Krieg als solchen abzuschaffen. Walter Kohn und Vitaly Ginzburg tragen kurze persönliche Erinnerungen bei. Im zweiten Teil werden die Möglichkeiten einer nuklearwaffenfreien Welt diskutiert. Jack Steinberger setzt sich vehement für den Abzug amerikanischer Nuklearwaffen aus Europa ein und weist Deutschland hier eine Schlüsselrolle zu.
Im dritten Teil werden Themen der Friedensproblematik: Konfliktlösung und Waffenhandel (O. M. Sanchez), Globalisierung (A. Zewail), Pazifismus (E. Isaksson), Militarismus (J. Stachel), Zivilgesellschaft und Abrüstung (J. Williams), Klimawandel und Nachhaltigkeit (H. Grassl) behandelt. Teil 4 beschäftigt sich mit dem so nötigen Frieden im Nahen Osten. Der Schlussteil zur "Verantwortung der Wissenschaftler" versammelt diverse Chemienobelpreisträger (M. Eigen, J. Karle, J. M. Lehn, J. C. Polanyi, D. Herschbach). Der Band wird zusätzlich durch Interviews unter anderem mit Hans Bethe und bedeutende Appelle wie das Russell-Einstein-Manifest ergänzt.
Es ist schön zu sehen, wie viele bedeutende Menschen sich an Einsteins friedenspolitischen Impulsen orientieren. Den Texten ist ein großer Leserkreis zu wünschen. Allerdings bedarf die große Lücke zwischen Appellen und der gefährlichen Realität, in der 20 000 einsatzbereite Nuklearwaffen stationiert sind, die Gefahr des Nuklearterrorismus akut ist und die Anwendung von bewaffneter Gewalt täglich präsent ist, einer neuen Anstrengung, an der sich auch die Naturwissenschaft beteiligen sollte. Einstein hätte dies sehr begrüßt.
Dr. Götz Neuneck,
Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität, Hamburg
Weitere Infos:
R. Braun, D. Krieger (Hrsg.): Einstein - Peace Now!
Wiley-VCH, Berlin 2005, VIII + 305 S., geb.,
ISBN 3527406042
Deutsche Ausgabe: Einstein - Frieden heute!
Melzer, Neu Isenburg 2005, 333 S., geb.,
ISBN 3937389539