Horizonte
Alexander Gerst und Lars Abromeit: Horizonte, Gruner + Jahr GmbH 2021, 215 S., geb., 40 €, ISBN 9783831041077
Alexander Gerst und Lars Abromeit
„Horizons“ hieß die Mission, in deren Rahmen ESA-Astronaut Alexander Gerst 2018 drei Monate lang als Kommandant das Geschehen auf der ISS geleitet hat. Diese Mission ist auch der Aufhänger für das zweite Buch von Gerst und dem GEO-Expeditionsreporter Lars Abromeit. Doch auch wenn Alexander Gerst in Gesprächen mit Abromeit viel über seine Erfahrungen auf der Raumstation, über gefährliche Situationen, die Eindrücke aus dem Weltraum oder seine privilegierte Situation als Außenbeobachter der Erde berichtet, steht im Fokus dieses Buches mehr das Entdecken an sich.
Das zeigt sich auch daran, dass neben den beeindruckenden Fotos, die Gerst auf der ISS von der Erde gemacht hat, zahlreiche berühmte historische Entdecker abgebildet sind. So zeigen die Fotos unter anderem die Südpolexpeditionen von Amundsen und Scott, die Flugversuche der Brüder Wright, die Expedition der Fram von Fridtjof Nansen oder auch die Apollo-Missionen zum Mond.
Die zentralen Fragen des Buches drehen sich um die Neugier der Forscher, um die Hindernisse, die es beim Entdecken zu überwinden gilt, um den Zusammenhalt auf solchen Expeditionen und natürlich auch um die Frage, wie der Mensch im nächsten Schritt den Mars erobern kann. Darüber diskutieren Gerst und Abromeit, die sich seit vielen Jahren von früheren Expeditionen kennen. Die Gespräche schildern auch viele persönliche Erfahrungen. Dadurch liefert das Buch spannende Eindrücke aus erster Hand, und zwar nicht nur von der ISS, sondern auch von früheren Vulkan- oder Höhlenexpeditionen. Meist agiert Abromeit als Fragensteller, während Gerst ausführlich antwortet. Doch mitunter wechseln die beiden auch die Rolle, was allerdings etwas künstlich wirkt.
Die einzelnen Kapitel behandeln den Entdeckerdrang, die Expeditions-„Fahrzeuge“, die Crew, mögliche Risiken, wichtige Entdeckungen, den Wert der bemannten Raumfahrt, das Zusammenspiel von Mensch und Maschine, das (Über-)leben mit wenig Ressourcen und die Frage, was Entdecker von ihren Eindrücken zurückgeben können und sollten. Zu jedem dieser Punkte sprechen die beiden Autoren neben der Forschung auf der ISS auch über bekannte historische Expeditionen. Dadurch geht mitunter der rote Faden etwas verloren, weil sie in der Zeit hin und her springen.
Insgesamt ist „Horizonte“ ein beeindruckender Bildband mit spannenden Texten, die zum Träumen von weiteren menschlichen Entdeckungen anregen, aber auch nachdenklich stimmen. Wer einen genauen Expeditionsbericht von „Horizons“ erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Wer sich aber auf die persönlichen Schilderungen von Gerst und Abromeit einlässt, kann bei der Lektüre viel lernen und für sich entdecken.
Maike Pfalz