Theoretische Festkörperphysik
Czycholl
Fünf Jahre nach Erscheinen der 1. Auflage liegt nun eine überarbeitete 2. Auflage der "Theoretischen Festkörperphysik" von Gerd Czycholl vor. Die wesentlichen Neuerungen sind - neben ausführlichen ergänzenden Literaturangaben - die nun im Internet vorliegenden Übungsaufgaben mit Lösungen, welche auch numerische Lösungen und kleinere Computerprogramme in Matlab beinhalten. Diese eignen sich sehr gut dazu, die Studenten schnell an die in der Festkörpertheorie übliche Arbeitsweise heranzuführen.
Die Standardvorlesungen der theoretischen Physik - insbesondere der Quantenmechanik - werden vorausgesetzt, was allerdings auch schwerlich anders zu bewerkstelligen wäre. Der Stoffumfang entspricht etwa dem einer zweisemestrigen Einführungsvorlesung, lässt sich jedoch auch recht problemlos durch Weglassen und Kürzen einzelner Kapitel auf ein Semester zusammenstreichen. Größeres Gewicht liegt auf den traditionellen Themen, jedoch werden an verschiedenen Stellen auch moderne Entwicklungen und Fragestellungen behandelt. Besonders gut hat mir die Herleitung der BCS-Theorie im Kapitel "Supraleitung" gefallen, die elegante und einprägsame Lösung der Phononen-Bewegungsgleichungen (auch bei mehratomiger Basis) sowie das gesamte Kapitel über Festkörper in äußeren Magnetfeldern, in dem auch komplexe Themen wie der Quanten-Hall-Effekt dem Leser in einfacher Weise verständlich gemacht werden. Dagegen kommt leider die Physik der ungeordneten Materie, die gerade in den letzten Dekaden einen großen Aufschwung erlebt hat (bis auf eine kurze Darstellung des Anderson-Modells und der Standard-Defekttheorie) so gut wie nicht vor. Wünschenswert wären hier z.B. die Perkolationstheorie und der Glasübergang.
Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass das ansonsten sehr gelungene Buch gerne gelesen wird. Dozenten werden zu schätzen wissen, dass die einzelnen Kapitel größtenteils in sich abgeschlossen und die Zwischenrechnungen weitgehend ausgeführt sind, so dass dieses Buch sicherlich auch sehr gut als Grundlage der eigenen Vorlesung geeignet ist. Studenten höherer Semester werden von der sehr systematischen Darstellung, besonders der in der Festkörperphysik üblichen Näherungsmethoden und nicht zuletzt von den schon erwähnten Übungsaufgaben im Internet profitieren. Da Überleitungen und Querverbindungen zwischen den einzelnen Kapiteln aber knapp gehalten sind, ist das Buch eher vorlesungsbegleitend als zum Selbststudium zu empfehlen.
Zusammenfassend bin ich sicher, dass dieses interessante und verständliche Buch sehr erfolgreich sein wird.
Dr. Stefanie Russ, Institut für Theoretische Physik, Universität Gießen
Weitere Infos:
G. Czycholl:
Theoretische Festkörperphysik
Springer, Heidelberg 2004, 2. aktual. Aufl.
X+379 S., broschiert,
ISBN 3-540-20824-0