20 Jahre Erasmus
Erasmus, das Studenten-Austauschprogramm der Europäischen Union, wird in diesem Jahr 20 Jahre alt.
Erasmus, das Studenten-Austauschprogramm der Europäischen Union, wird in diesem Jahr 20 Jahre alt.
Brüssel (dpa) - Simona Möbius hat Großes vor: Nach ihrem Jurastudium will die junge Bremerin einen Master in Internationalen Beziehungen machen, als Rechtsberaterin im Ausland arbeiten oder als Journalistin. So ganz genau weiß die 22-Jährige das noch nicht, doch wofür sie sich auch entscheiden wird - ihr werden viele Türen offen stehen. Dafür sorgt nicht zuletzt das Auslandssemester, das Möbius derzeit in Brüssel absolviert und mit dem sie eines Tages ihren Lebenslauf wird schmücken können. «Brüssel ist die "europäische Hauptstadt", interessant und multikulturell - der beste Ort, um europäisches Recht zu studieren», schwärmt die 22-Jährige.
Möglich gemacht hat ihren Auslandsaufenthalt das Vorzeigeprojekt der Europäischen Union - das Studenten-Austauschprogramm Erasmus, das in diesem Jahr 20 Jahre alt wird. Aus gut 3000 jungen Abenteurern, die 1987 für ein Auslandssemester in die Fremde aufbrachen, sind bis heute insgesamt mehr als eineinhalb Millionen geworden. Mit einer Konferenz und einer rauschenden Party läutet das Erasmus-Studentennetzwerk (ESN) mit der EU-Kommission an diesem Donnerstag in Brüssel ein europaweites Festprogramm ein.
Universitäten aus 31 Ländern beteiligen sich an dem EU-Programm, neben den 27 EU-Staaten sind Norwegen, Liechtenstein, die Türkei und Island mit im Boot. Um mitmachen zu können, muss ein Student an einer teilnehmenden Universität - im EU-weiten Schnitt 90 Prozent aller Hochschulen - eingeschrieben sein und sein erstes Studienjahr absolviert haben. Das Auslandssemester an einer der Partner- Hochschulen wird dann bezuschusst und die besuchten Kurse werden auf das Studium voll angerechnet. In absoluten Zahlen ist Deutschland das größte Entsenderland: Gut 24 000 Studenten treibt es jährlich ins Ausland. Beliebtestes Zielland EU-weit ist Spanien.
So populär ist das Austauschprogramm, dass sich auch die EU-Kommission - die sonst eher Fusionsverbote oder Richtlinien verkünden muss - gerne mit den Lorbeeren schmückt. Erasmus sei weit mehr als ein Bildungsprogramm, hebt Kommissionspräsident José Manuel Barroso hervor. «Es bietet vielen Studierenden in Europa zum ersten Mal die Möglichkeit, einige Zeit im Ausland zu leben und hat sich damit zu einer festen sozialen und kulturellen Größe entwickelt.»
Gesellschaft und Zusammenhalt - das sind für Simona Möbius besonders wichtige Aspekte des Erasmus-Programms. «Man lernt die unterschiedlichsten Leute kennen und kann wichtige Kontakte knüpfen.» Erasmus-Studenten seien auch besser organisiert als Einzelkämpfer. «Ich hatte schon vor meiner Ankunft Ansprechpartner an der Uni, ein Zimmer im Studentenwohnheim und einen Platz im Sprachkurs.» Die Popularität des Erasmus-Programms ist für Helga Trüpel, deutsche Grünen-Abgeordnete im Europäischen Parlament, entscheidend für die wachsende Identifikation der Jüngeren mit Europa. Durch das Leben und Arbeiten im europäischen Ausland eigneten sich die Studenten Sprachkenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit anderen Kulturen an. Umso schlimmer ist nach ihrer Meinung das magere Erasmus-Budget: «Die EU gibt nicht genug für das Programm aus, sondern investiert stattdessen lieber in eine verfehlte Agrarpolitik - eine Katastrophe.»
Gut 3,1 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt fließen in den kommenden sieben Jahren in das Programm - zu wenig, findet auch EU-Bildungskommissar Ján Figel. Er sieht die Mitgliedstaaten am Zug: «Die Erasmus-Beihilfen reichen bei weitem nicht aus, um auch weniger begüterten Studierenden die Vorzüge des Programms zu eröffnen», kritisiert er. Jetzt sei es an den Mitgliedstaaten, das Programm großzügiger zu fördern. Für Simona Möbius ist ihr monatliches «Taschengeld» von gut 75 Euro in Ordnung: «Wenn ich mehr bekäme, könnten insgesamt weniger Studenten davon profitieren.»
Dorothée Junkers, dpa
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20 Jahre Erasmus:
http://www.20erasmus.eu